Das Tagebuch von Mariupol

Bericht der Augenzeugin Nataliia Sysova

Zum Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine veröffentlichte das Magazin des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Westfalen-Lippe (J.E.W.) Magazin Nr. 17 (April 2023), Seiten 66-73) Auszüge aus dem Tagebuch von Nataliia Sysova, Augenzeugin der schrecklichen Ereignisse, die auf dem Gebiet des eingenommenen Mariupol geschehen sind.

Das größte Einkaufszentrum von Mariupol – „Epicenter“ – steht nach einem Raketeneinschlag in Flammen, 3. März 2022. Foto: Innenministerium der Ukraine

Nataliia Sysova hat es wie durch ein Wunder geschafft, sich zu retten und ihr Tagebuch nach Deutschland zu bringen, das sie heimlich führen musste, ihr eigenes Leben riskierend. Die J.E.W.-Redaktion hat auf meine Anfrage hin den Text und die ihn illustrierenden Fotografien dem Demokratischen Salon zur Verfügung gestellt, damit wir ihn auch weiteren Öffentlichkeiten zugänglich machen. Dafür danke ich der Redaktion, namentlich dem Chefredakteur, Ramiel Tkachenko, dem Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinden von Westfalen-Lippe, Zwi Rappoport, und ganz besonders der Autorin, Natalia Sisowa.

Besonderer Dank – so die Redaktion der J.E.W. – gebührt auch dem Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde Kreis Recklinghausen, Dr. Mark Gutkin, der Nataliia Sysova persönlich getroffen, mit ihr gesprochen hat und der J.E.W. die wertvollen Tagebücher für die Publikation zur Verfügung gestellt hat. Auch diesem Dank schließe ich mich ausdrücklich an.

Die Kopien des handschriftlichen Tagebuchs werden sorgfältig in der J.E.W.-Redaktion aufbewahrt.

Die Anmerkungen der Autorin sind im Folgenden kursiv geschrieben. Eine Fortsetzung des Tagebuchs folgt.

Nataliia Sysova: Das Tagebuch von Mariupol

Vor Kurzem las ich bei Wikipedia, dass die Stadt Mariupol laut der Auswertung der UNO von Februar bis Ende April 2022 der tödlichste Ort in der Ukraine war und dass 350.000 Einwohner zu Flüchtlingen wurden.

Das Tagebuch von Mariupol, Seiten 1 bis 2. Foto: J.E.W.

Meine Geschichte handelt von der Lebensphase der Menschen, die aus verschiedenen Gründen nicht ausgereist sind: Pflege kranker, alter Menschen, Behinderung, Mangel an Transportmitteln oder an finanziellen Möglichkeiten, Ungläubigkeit, dass so etwas im 21. Jahrhundert geschehen konnte, dass man so lange unter Beschuss leben muss, ohne Licht, Wasser, Gas, Verbindung zur Außenwelt, Medikamente und Lebensmittel. Insgesamt ohne alle gewohnten Vorzüge der Zivilisation, die man im normalen Leben für selbstverständlich hält.

Mein Name ist Nataliia Sysova. Am 24. Februar 2022 war ich 56 Jahre alt, meine Mutter 86 Jahre, mein Schwiegervater 84 Jahre und meine Tante 80 Jahre alt.

Mein Haus wurde zu unserer Festung. Um den Verstand nicht zu verlieren, habe ich angefangen Tagebuch zu führen. Außerdem führte ich Tagebuch, weil die Überlebenschancen mit jedem Beschuss immer geringer wurden, ich aber wollte, dass die Kinder von den – wie es zu dem Zeitpunkt schien – letzten Tagen unseres Lebens erfahren. Erst später kam die Erkenntnis, dass diese Aufzeichnungen zu den Zeugenaussagen hinzugefügt werden müssen, welche Tausende von Menschen aus der ganzen Ukraine über den Genozid am ukrainischen Volk machen. Das, was wir gesehen haben und was wir durchstehen mussten, kann man nicht anders nennen.

Mir und meinen Familienangehörigen ist es gelungen, zu überleben. Ja, mehr noch, zwei Monate der Okkupation durchzustehen, zu überleben, was sich als noch schlimmer herausgestellt hat, als bombardiert zu werden. Ich habe die Stadt am 4. Juli 2022 verlassen. Ich fange von Anfang an.

„Der HERR ist meine Zuversicht“, Psalm 91:9

„Natascha, ehrlich gesagt, HABE ICH GROSSE ANGST.“ Mein Enkel Jan, 9 Jahre alt

24.Februar 2022

Der Krieg hat angefangen. Es ist der zweite Tag, seit ich von meinem Besuch bei Nastja (meine Tochter) aus Kiew zurückgekehrt bin. Besondere Vorräte an Lebensmitteln haben wir nicht zu Hause und die Erkenntnis, was geschieht, hat sich noch nicht eingestellt. Korrespondenz mit den Kindern, Anrufe, wachsende Sorge. Es gibt Licht, Wasser, Gas, Verbindung zur Außenwelt, Internet. Iwano-Frankiwsk, Kiew, Charkiw, Schtschastja werden beschossen und bombardiert.

25. Februar 2022

Der Flughafen wurde von Bomben getroffen. (3 Kilometer von meinem Haus entfernt) Ich habe mich im Bad versteckt. Der bargeldlose Geldverkehr wurde eingestellt, an den Tankstellen gibt es kilometerlange Schlangen, alle fliehen. An den Geldautomaten gibt es kein Geld, die Banken wurden geschlossen. Ich habe es noch rechtzeitig geschafft, Trockenfutter für Frosja (die Katze) zu kaufen. Sie bombardieren uns, doch es ist weit entfernt. Es gibt Licht, Wasser, Gas, Verbindung zur Außenwelt, Internet. Ich habe mit Olja (meine Schwiegertochter) telefoniert. Sie fahren fürs Erste nach Saporischschja. Möge der Schutzengel sie auf allen Wegen begleiten.

Die kritische Infrastruktur in Mariupol ist beschädigt, 26. Februar 2022. Foto: Facebook / Mariupol Stadtverwaltung

26. Februar 2022

Den ganzen Tag wird Sartana (Vorort von Mariupol, Bahnhof, Verkehrsknotenpunkt der Stadt) bombardiert, praktisch ohne Pause. Hnutove, Talakiwka und Wolnowacha sind unter Beschuss. Es gibt Licht, Wasser, Gas, Verbindung zur Außenwelt, Internet, das Fernsehen funktioniert. Geschäfte wurden geschlossen, Apotheken ebenfalls.

27. Februar 2022

Die Luftangriffe auf Sartana gehen weiter, Häuser wurden zerbombt, man versucht, die Menschen zu evakuieren. Die ganze Zeit fallen Schüsse und es sind Einschläge aus Grad-Raketen und Panzern zu hören. Lewobereshje und Kirow wurden beschossen. Noch gibt es alles: Licht, Wasser… Die Evakuierung der Zivilbevölkerung ist ein eigenes Gesprächsthema. Hatte die Stadtverwaltung eine solche Möglichkeit? Das ist eine Frage, die nach einer gesonderten Analyse verlangt, doch weil alle Sicherheitsbehörden und die Stadtverwaltung die Stadt in den ersten Kriegstagen verlassen haben, war niemand da, der die Evakuierung hätte organisieren können. Die Menschen zu retten, wurde zum Problem der Menschen selbst, der Zivilbevölkerung der Stadt. Alles wurde auch dadurch erschwert, dass die Tankstellen in der Stadt außer Betrieb waren, die Straßen beschossen wurden, die grünen Korridore, die während der Verkehrszeit erklärt worden waren, schlossen noch bevor sie eröffnet worden waren.  Bahnverbindungen waren außer Betrieb. In den ersten Tagen fuhren die Menschen in Richtung Ukraine hinaus, über Felder und Schotterpisten, unter großer Gefahr, auf eine Mine zu treffen oder unter Beschuss zu geraten. Und viele erreichten ihr Ziel nicht.

28. Februar 2022

Sie bombardierten von Flugzeugen aus die Hochspannungsleitungen, ganz in der Nähe, das Haus erzittert. Es gibt kein Licht, sie stören die Verbindung zur Außenwelt, der Wasserdruck ist schwach, sie bombardieren überall.

1. März 2022

Ich habe Schura (meine 86 Jahre alte Mutter) und Valja (meine 80 Jahre alte Tante) zu mir genommen. Tolik (mein Schwiegervater, 84 Jahre alt) weigert sich noch, er will seine Wohnung nicht zurücklassen. Die Menschen sitzen schon den vierten Tag in den Kellern. Es wird überall bombardiert. Wir haben uns nach unten im Haus begeben, in den Vorraum zum Keller. Es gibt immer weniger Wasser, wir haben keine Verbindung zur Außenwelt, auch kein Internet. Licht bekommt man nicht mehr.

Sartana, ein Vorort von Mariupol, nach einem Bombenangriff, 26. Februar 2022 um 14.46 Uhr. Auf den Straßen liegen viele Leichen. Foto: Telegramm-Nachricht von Anton Geraschtschenko / Innenministerium der Ukraine.

2. März 2022

Sie beginnen aus der Richtung Berdjansk, Staryj Krym hereinzukommen. Der Beschuss kommt immer näher. In jedem Haus gibt es jetzt Flüchtlinge aus dem Bezirk Mariupol-Ost, vom Linksufer Mariupol, aus Sartana (Stadtteile, die als Erste unter Beschuss geraten sind). Das Unglück hat uns sehr miteinander vereint. Wir alle helfen uns gegenseitig. Jetzt verstehe ich noch mehr, was es bedeutet, wenn Nachbarn füreinander einstehen. Tolik kommt jeden Tag zu uns. Bleiben will er nicht. (Damit die Leser es besser verstehen: Ich lebte in der Nähe des Flughafens und des Handelshafens von Mariupol. Ich habe ein eigenes Haus und unsere Eigenheime wurden „Südliche Siedlung“ genannt, weiter waren da der Bezirk Tscherjomuschki und der Hafen. Alle meine Empfindungen, Zeugenaussagen und Fakten über den Krieg sind mit diesem Teil von Mariupol verbunden. In einen anderen Stadtteil zu gehen und zu fahren war nicht mehr möglich.) Es tut mir in der Seele weh um die Kinder und Enkel, ich weiß nichts von ihnen, alles wird blockiert. Habe im Arbeitszimmer Radio DNR (Volksrepublik Donezk) empfangen, doch es ekelt mich an, diesen Schwachsinn zu hören, ich habe wieder ausgeschaltet. Nichts als Lügen. Andere Informationen gibt es nicht. Es gibt noch Gas und unten läuft Wasser in einem dünnen Strahl, doch es ist grün. Trinkwasser gibt es seit dem 1. März nicht mehr, die Wasservorräte gehen zur Neige.

3. März 2022

Es fallen Schüsse, ganz in der Nähe und die ganze Zeit. Das Gebet rettet mich, ich höre nicht auf, zu beten und um Gnade der Rettung zu bitten, für uns alle, für meine Kinder und Enkelkinder und für die ganze Ukraine.

4. März 2022

Ein schrecklicher Tag. Der Süden und Tscherjomuschki wurden bombardiert, das Haus von Jakowlewitsch (unser Garten-Nachbar) wurde zerstört, Häuser, die Schule und die Kirche wurden getroffen.

Es ist unmöglich, die Angst wiederzugeben, doch so nah sind die Geschosse noch nie explodiert, es geht den ganzen Tag so, der Hof ist voller Splitter. Das Auto des Nachbarn wurde beschädigt, die Fenster seines Hauses sind geplatzt. Wir sitzen im Keller und kommen nicht heraus. Wir haben große Angst!

Menschen vor einem zerstörten Wohnhaus nach einem Raketenangriff, 9. März 2022. Foto: AP / Evgeniy Maloletka.

5. März 2022

Wir haben von einem Evakuierungskorridor für die Bevölkerung erfahren, von 11:00 bis 16:00 Uhr in Richtung Saporischschja. Jura Gubskij mit Natascha und Sascha (meine Nichte mit ihrer Familie, ihr Haus wurde zerbombt) und Zhenka mit Egor (die zweite Nichte und ihr Sohn) sind angekommen. Sie versuchten mit zwei Autos durchzukommen und kamen nach einer halben Stunde zurück, um 12:00 Uhr begann der Beschuss, der Korridor wurde geschlossen, alle sind auf der Otradnaja (die Straße, in der wir wohnen). Heute wird weniger bombardiert, aber in der Nähe.

6. März 2022

Wieder wird in der Nähe geschossen, eine Straße weiter brennen Häuser, am Anfang unserer Straße (500 Meter von meinem Haus entfernt) sind Einschläge von den Geschossen, der Zaun des Nachbarn wurde abgerissen, die Gasleitung wurde durchlöchert, Geschäfte, Apotheken und Häuser in Tscherjomuschki wurden zerstört, es gibt Opfer. Das Gas wurde abgestellt. Jetzt gibt es nichts mehr – Licht, Wasser, Gas, Internet, Verbindung zur Außenwelt.

Auf der Otradnaja sind Panzer eingefahren. (Zu dem Zeitpunkt habe ich zum ersten Mal das Z-Symbol auf Panzern und Schützenpanzerwagen gesehen, an deren Seiten Maschinenpistolenschützen gingen, die auf die Fenster zielten. Wie wir später verstanden haben, hatten sie veraltete Karten. Aus ihren Gesprächen per Funkgerät haben wir verstanden, dass sie sich verfahren und umgedreht hatten… Solche Bilder hatte ich nur in Kriegsfilmen gesehen, doch es war das Gefühl da, als seien die Faschisten gekommen.)

Meine Kinder, ich liebe euch und bete für euch!!! Gott schütze uns!!!

Der Ort, an dem eine der Fliegerbomben 20 Meter vom Kinderkrankenhaus entfernt niederging, 9. März 2022 um 16.08 Uhr. Foto: Innenministerium der Ukraine.

7. März 2022

Es ist überraschenderweise ruhig. Die Rede ist von Verhandlungen. Überhaupt gibt es viele Spekulationen und wenig Informationen. Seit fünf Uhr früh laufe ich, um Holz zu holen, solange nicht geschossen wird, und bringe Holz für den Kamin und den Grill. Die Großmütter brauchen etwas zu essen. Für mich ist es leichter, die Fastenzeit hat angefangen. Ich koche auf dem Grill. Die Nachbarn haben eine Wasserquelle gebohrt und alle mit Wasser versorgt. Man hat mir Eier, Mehl und zwei Dosen Büchsenfleisch gegeben. Ich werde es schaffen, meine alten Leute durchzubringen. Slavik (Nachbar) hat eine Zucchini mitgebracht. Vetal und Igor (Nachbarn) sind immer in der Nähe, jede Bitte um Hilfe wird sofort erhört. Kolja (Nachbar) bringt Milch (er hat eine Kuh). Auf der Otradnaja gehst du nicht unter, solange nur nicht geschossen wird. Vieles ist zerstört, die Stadt ist voller Ruinen. (Familie Gubskiy ist zu uns mit dem Wagen durchgekommen. Ihr fünfstöckiges Haus wurde von einer Bombe getroffen. Das Haus brennt.) Herr, erbarme dich unser und verzeih uns unsere Sünden!!! Olja und Nastja, Maksim, Janja, Sawwa, Alicia, Artur (meine Kinder und Enkelkinder). Ich liebe euch sehr!! Ich hoffe, wir sehen uns wieder!! (Sehr oft hatte ich das Gefühl, dass ich nicht überlebe, dass es der letzte Tag ist.) Ich möchte euch Osterbrot backen!!! In der Nacht wurde bombardiert. (In jener Nacht und in den darauffolgenden habe ich bis zu 50 Abflüge von Flugzeugen gezählt. Und dies, ohne umzudrehen. Die nächtlichen Bombardements waren furchteinflößender als alles andere. Das Bangen, wo die Bombe landet, ist unbeschreiblich.

Die totale Zerstörung der Stadt, März 2022. Foto: AP / Alexei Alexandrov.

8. März 2022

Am Morgen wurde wenig geschossen und ins Feld. Es ist Schnee gefallen. Etwa um 8 Uhr begann der Panzerbeschuss vom äußersten Ende der Otradnaja (d.h. hinter unseren Zäunen am Ende des Gemüsegartens standen die Zs und beschossen die Häuser). Sie beschossen Tscherjomuschki den ganzen Tag. Alles zitterte. Wieder gibt es Zerstörungen und Tote. Ich bete pausenlos, den ganzen Tag haben wir im Vorraum zum Keller gesessen. Es ist kalt, vor allem aber haben wir große Angst und davon fröstelt man noch mehr.  Am Abend sind die Panzer etwas weiter nach links in Richtung der Datschen weitergefahren und haben von dort aus geschossen. Ein schrecklicher Tag.

9. März 2022

Das Tagebuch von Mariupol, Seiten 3 bis 5. Foto: J.E.W.

Der Beschuss begann um 4 Uhr früh. Drei der Explosionen waren ganz in der Nähe. Ich habe gelernt zu verstehen, wo geschossen wird. Abends werden diese Stellen von Signalraketen beleuchtet und am Morgen wird dort bombardiert.  Am Morgen kam Tolik angelaufen, er ist am Leben und das ist gut. Alle Nachbarn arbeiten wieder zusammen. Igor pumpte Wasser. Er wirft den Wasserschlauch über unseren Zaun und in unserem Hof stehen Kannen, Plastikflaschen und Töpfe. Dann wirft er den Wasserschlauch in ein neues, nicht fertiggebautes Haus. Dort wohnt jetzt Iwan mit seiner Familie (das Haus von Jakowlewitsch wurde zerbombt) und noch irgendwelche Leute. Alle sind im Keller. Vitja Stupak hat Eier mitgebracht. Ich habe es noch rechtzeitig geschafft, auf dem Grill Borschtsch zu kochen und Fladenbrote zu backen. Über unseren Köpfen aber herrscht Lärm von den Schüssen. So ein Picknick habe ich noch nie erlebt. Der Samowar rettet uns, es gibt heißes Wasser. Ich habe mir sogar Kaffee gekocht. Tscherjomuschki brennt und wahrscheinlich auch eine Tankstelle. Der Qualm ist sehr schwarz. Das Radio empfängt nur DRN. Einen solchen Blödsinn habe ich in meinem ganzen Leben nicht gehört.

Alles ist zu Ende! Meine Kinder, ich sehe mir eure Fotos an, vermisse und liebe euch, ich hoffe und bete, dass bei euch alles gut wird. Wo seid ihr? Wie geht es euch? Das Schlimmste ist, nichts von der Familie zu wissen. Am Abend habe ich Frosja Baldrian gegeben. Wegen der Schießereien zittern die Tiere ohne Ende und haben einen irren Blick. Heute werden die ganze Zeit Grad-Raketen geschossen, Panzer, Kanonen, ich kann sie schon am Geräusch voneinander unterscheiden. Draußen ist es frostig und es schneit. Im Haus sind es +7°C. Es gibt wenig Informationen. Das Radio empfängt nur die russische Welle und DNR. Das kann man sich nicht länger als eine Minute am Stück anhören.

(Anmerkungen: Einrichtung des Textes und redaktionelle Einführung – diese unter weitgehender Verwendung des Textes im J.E.W. – für den Demokratischen Salon Norbert Reichel, Veröffentlichung im Demokratischen Salon im April 2023. Das Titelbild zeigt zerstörte Häuser und verwüstete Straßen in Mariupol, 9. März 2022 um 12.30 Uhr, Foto: Igor Smagliy.  )