Kosmologisch denken

Wissenschaftliche Vorlagen der Science Fiction

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts sind Naturwissenschaften in einer spannenden Übergangsphase angelangt: Im 19. Jahrhundert wurden die Planeten des Sonnensystems mit optischen Fernrohren entdeckt, im 20. Jahrhundert begann die Raumfahrt-Erkundung des Sonnensystems mit Festkörper-Raketen und unbemannten Sonden. Den Anfang machte Sputnik 1 am 4. Oktober 1957, Juri Alexejewitsch Gagarin war am 12. April 1961 der erste Mensch im All. Die westliche Welt war geschockt, der „Sputnik-Schock“ wurde zum legendären handlungsleitenden Begriff, die Mondlandung der USA am 20. Juli 1969 brachte die West-Ost-Hierarchie wieder ins Lot. Fürs erste.

Kosmologische Erkenntnisse der Wissenschaft

Weit vorher haben Physiker die theoretischen Grundlagen für die Raumfahrt und die Beschreibung des Universums gelegt. Theoretische Höhepunkte waren die Spezielle Relativitätstheorie von Albert Einstein aus dem Jahre 1905 und die Allgemeine Relativitätstheorie 1915 sowie die Quantenmechanik von Werner Heisenberg, Max Born und Pascual Jordan des Jahres 1925. Dieses „Goldene Zeitalter der Physik“ hat die noch heute gültigen Theorien über Raum, Zeit, das Große und das Kleine geliefert und die Wissenschaftler der Gegenwart animiert, eine Vereinheitlichende Theorie zu suchen, bislang allerdings ohne Erfolg.

Die kosmologische Wissenschaft ist heute ein immens großes Forschungsfeld voller neuer Erkenntnisse über das Universum und die zukünftige Rolle der Menschheit darin. Der Erkenntnisstand ist äußerst interessant, aber weit in Raum und Zeit liegend und damit von den Alltagsbedürfnissen der Menschen entfernt. Aber für alle diejenigen, die sich dafür interessieren, was die unermessliche Welt über uns im Inneren zusammenhält, öffnet sich ein Bereich unendlicher Erkenntnismöglichkeiten. Diese liegen außerhalb unserer direkten Erfahrungswelt, jetzt und in der Zukunft. Eigentlich können wir die Erkenntnisse der Kosmologie nur verstehen, wenn wir Experten in höherer Mathematik sind, aber ich denke, dass die philosophischen Annahmen darüber, wer wir Menschen sind und wo wir in Zukunft hingehen werden, auch für Laien zugänglich ist. Es geht um das grundsätzliche Verstehen einer komplexen Welt außerhalb unserer Sinneserfahrungen, um Möglichkeiten der Imagination des Universums.

Die Menschheit muss irgendwann zu einer raumfahrenden Spezies werden, wie dies in der Science-Fiction seit langem erzählt und wie es in der Wissenschaft des 21. Jahrhunderts bei der NASA und bei SpaceX konkret gedacht und erforscht wird. Die neue mögliche Rolle der Menschheit als interstellare Spezies wird in dem Sachbuch: „Mit Physik auf der Suche nach dem Sinn des Lebens“ (2025) von Tim Vollert gut beschrieben und unter die Leitfrage gestellt: Hat unsere Existenz einen Sinn – und wie hängt das mit dem Universum zusammen?

Es geht in diesem Essay um die Möglichkeiten, mit denen sich die Menschheit beim Sprung zu einer raumfahrenden Spezies konfrontiert sehen wird, also um den derzeitigen Stand der kosmologischen Forschung als Verständnishilfe für normale Menschen, die ohne Mathematik verstehen möchten, was uns erwartet und mit welchen Fragen wir uns in der Zukunft auseinandersetzten werden. Dazu gibt es einige sehr interessante wissenschaftsbasierte Sachbücher, die uns verstehen helfen. Ich werde auf einige bemerkenswerte Bücher an den entsprechenden Stellen hinweisen.

Ich beginne mit der Frage, wie man unter kosmologischen Gesichtspunkten den Entwicklungsstand der Menschheit bewerten kann und wie sich dies ändern wird unter dem Gesichtspunkt der Erforschung des Universums und der vermuteten Begegnung mit intelligenten Außerirdischen. Wie kann man den Entwicklungszustand einer kosmologischen Zivilisation beurteilen? Wie kann festgestellt werden, was eine Zivilisation weiß, was sie wissen möchte und woran sie arbeitet?

Zu Beginn des 21. Jahrhundert sieht sich die Menschheit mit komplexen Fragen in der Erforschung des Universums konfrontiert. Das Sonnensystem ist weitgehend mit Teleskopen auf der Erde, in Erdnähe und durch Raumsonden erforscht worden. Die Narrative der Erkundung des Sonnensystems sind weitgehend in der Science-Fiction Literatur abgearbeitet, zum Beispiel in der Reihe „Grand Tour“ (1985 bis 2021) von Ben Bova und vielen anderen Erzählungen der Space Fiction, auch in episch groß angelegten Werken der Frühzeit der Science Fiction wie bei Olaf Stapledon in „Letzte und Erste Menschen“ (Last and First Men, 1930, Neuausgabe bei Dieter von Reeken, 2025).

Die Raumsonden Voyager 1 und Voyager 2 haben das äußere Planetensystem verlassen und befinden sich seit mehr als zehn Jahren im interstellaren Raum. Diese Raumsonden sind die am weitesten in den Weltraum vorgestoßenen technischen Artefakte der Menschheit – und sie enthalten eine Botschaft an außerirdische Intelligenzen über uns. Vielleicht werden sie sogar irgendwann in ferner Zukunft zu den letzten Sendboten der Menschheit werden, wenn diese den Sprung von ihrem Heimatplaneten in ein friedliches intergalaktisches Zeitalter nicht schafft.

Seit Anfang des 21. Jahrhunderts geraten die Exoplaneten ins Blickfeld der Wissenschaft, weil sich durch die Nutzung neuer Radioteleskope neue Beobachtungsmöglichkeiten bei interstellaren Sonnensystemen ergeben haben und deren Planeten direkt oder indirekt beobachtet werden können. Bis zum September 2025 werden 6.007 Exoplaneten verzeichnet, unter anderem auf der Internetseite der NASA.

Im April 2025 veröffentlicht das Team um den Astronomieprofessor Nikku Madhusudhan von der University of Cambridge in England am 17. April 2025 einen Artikel in der Fachzeitschrift Astrophysical Journal Letters, dass sie mit dem James Webb-Teleskop auf dem Planeten K2-18b, 124 Lichtjahre von der Erde entfernt, Spuren der als Biomarker bewerteten Stoffe Dimethylsulfid (DMS) und Dimethyldisulfid (DMDS) entdeckt hätten (Nikku Madhusudhan, Savvas Constantinou, Måns Holmberg, Subhajit Sarkar, Anjali A. A. Piette, and Julianne I. Moses, New Constraints on DMS and DMDS in the Atmosphere of K2-18 b from JWST MIRI). Diese chemischen Verbindungen stammen auf der Erde ausschließlich vom Phytoplankton, den mikroskopisch kleinen Meeresalgen. Die Forschenden nehmen dies als Beleg für die Entdeckung von Leben auf diesem Exoplaneten und schwärmen bereits von der Entdeckung eines Planeten mit Ozeanen, in denen es vor Leben wimmelt. Diese Fachmeinung wird von manchen Kolleginnen und Kollegen geteilt, von anderen kritisiert und als Überinterpretation irdischer Verhältnisse bewertet.

Mit der „Viele-Welten-Interpretation“ der Quantenphysik durch Hugh Everett im Jahre 1957 und Andy Nimmo 1960 und 1961, wird in der kosmologischen Forschung die Theorie des Paralleluniversums, des Multiversums, diskutiert. Hiermit hat die Wissenschaft der Science-Fiction Literatur eine Steilvorlage für Denkmöglichkeiten bis hin zum Absurden und Unmöglichen geliefert, die im 21. Jahrhundert eine neue Blütezeit des Genres als kosmologische Science-Fiction ermöglicht hat.

Diese Hypothesen und die Stringtheorie, die seit den 1980er Jahren Furore macht, lassen die Physiker über mögliche Verbindungen von Gravitationstheorie und Quantenmechanik nachdenken, die zu einer vereinheitlichenden Theorie des Großen und des Kleinen führen soll, zu „Großen Vereinheitlichenden Theorien (GUT)“ führen soll. Darauf beruhen ebenfalls viele neuartige Erzählungen in der Science Fiction des 21. Jahrhunderts.

Den gegenwärtige Erkenntnisstand der Kosmologie mit dem Ausblick in die ferne Zukunft findet man, didaktisch sehr gut aufbereitet, in mehreren aufschlussreichen Büchern, die am Ende dieses Beitrags aufgeführt werden (selbstverständlich eine vorläufige und subjektive Auswahl).

The Big Bang

Der Kosmos expandiert seit dem Urknall vor 13,8 Milliarden Jahren, allerdings nicht mit gleichmäßiger Geschwindigkeit, wie es lange angenommen wurde, sondern – so die gängige aktuelle Annahme – mit zunehmender Geschwindigkeit. Dies ist eines der Mysterien der Wirkung der postulierten Dunklen Energie, von der niemand weiß, was sie eigentlich ist und ob es sie überhaupt gibt. Man nahm an, dass sich der Kosmos ewig ausdehnen und irgendwann in sehr sehr ferner Zukunft einen Kältetod sterben würde, aber gegenwärtig wird ein anderes Modell in der Wissenschaft präferiert, nach dem die Ausdehnung des Kosmos zum Stillstand kommen könnte und sich die Ausdehnung eventuell wieder umkehrt. Wenn die Dunkle Energie schwächer würde, könnte sich das Universum wieder zusammenziehen und in einem neuen Urknall von vorn beginnen. Es ließe sich sogar spekulieren, dass diese Abfolge sich bereits mehrfach zugetragen hat, jeweils mit anderen Folgen.

Das Standardmodell mit der Kosmologischen Konstante, nach der, in der Formulierung durch Albert Einstein, eine abstoßende Kraft eingeführt wurde, die das Universum in einem statischen Gleichgewicht hält, wird in Frage gestellt und es könnte sein, dass wir am Beginn einer neuen Ära der kosmologischen Wissenschaft stehen. Es ist unbefriedigend, sagen viele Forschende, dass wir über 95 Prozent der Zusammensetzung und Wirkkräfte im Universum eigentlich nichts wissen und genaugenommen vor einem Rätsel stehen.

In der Kosmologie werden zwei Theorien einer Zeit vor dem Urknall diskutiert: Das „Prä-Urknall-Szenario“ von Gabriele Veneziano und Kollegen aus dem Jahre 1991 und das ekpyrotische Szenario (griechisch: Entstehung aus Feuer) von einem Team der Stringforschung aus dem Jahre 2001. Beiden gemeinsam ist die Vorstellung, dass irgendetwas vor dem Urknall existierte, vermutlich in Form eines großen, kalten und leeren Raums. Beide postulieren einen Übergang, dessen Beschreibung oder Erklärung ungelöst ist und beide Modelle gehen von Spuren in der Hintergrundstrahlung des heutigen Kosmos oder einem zufallsverteilten Hintergrund von Gravitationswellen aus, die sich nachweisen lassen. Die Einzelheiten der Theorien sind in diesem Kontext nicht wichtig (wohl auch unverständlich für Laien), festzuhalten bleibt jedoch eine Grundprämisse der Stringtheorie: Zeit hat weder einen Anfang noch ein Ende. Der Kosmos durchläuft einen Zyklus von Entstehen und Vergehen. Die Zeit vor dem Urknall hat den Kosmos nach dem Urknall mitgeformt.

Die Zeitalter des Universums – das Standardmodell wankt

Seit dem ersten Beitrag von Sir Martin Rees „The Collapse of the Universe: An Eschatological Study“ (1969) sind zahlreiche Studien über die weit entfernte Zukunft des Universums sowohl in wissenschaftlicher als auch in populärwissenschaftlicher Form vorgelegt worden. Michio Kaku fasst in seinem Buch „Parallel Worlds. A Journey Through Creation, Higher Dimensions, and the Future of the Cosmos” (2005) die zentralen Ergebnisse zusammen und kategorisiert die Geschichte und die Zukunft des Universums in fünf Stadien:

  • Stadium I: die Ursprungs-Ära: Die Ursprungs-Ära des Universums beginnt mit dem Urknall vor ca. 13,7 Milliarden Jahren und endet etwa 380.000 Jahre danach. Nach dem Big Bang ist alles undurchsichtig trüb und weiß, weil das entstehende Licht sofort nach seiner Erschaffung absorbiert wird. Die Superkraft des Anfangs spaltet sich in die vier Kräfte auf: Gravitation, starke und schwache Kernkraft, elektromagnetische Kraft. Das frühe Universum expandiert sehr schnell und kühlt ab. Nach 380.000 Jahren entstehen die ersten Atome und der Himmel wird schwarz. Wasserstoff-Atome wandeln sich in Helium um und bilden den Grundstoff, aus dem die Sterne entstehen. Leben, wie wir es kennen, ist unmöglich.
  • Stadium II: die Ära der Sterne: Wir leben im Stadium II, das durch einen Reichtum an Sternen gekennzeichnet ist, die Milliarden Jahre alt werden, bis sie ausgebrannt sind. Leben auf der Basis von DNA ist auf der Erde entstanden. Wir wissen nicht, ob Leben auf anderen Planeten existiert, obwohl eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafürspricht. Wenn sich intelligentes Leben auf anderen Planeten nicht selbst zerstört hat, muss es, genau wie die Menschheit auf Erden, einer Reihe von Naturkatastrophen standhalten.
  • Stadium III: die Ära der Entartung: In diesem Stadium der Geschichte des Universums kommt der Prozess der Verbrennung von Wasserstoff und Helium zum Stillstand und hinterlässt nur noch tote Nuklearmaterie in Form von Zwergsternen, Neutronensternen und Schwarzen Löchern. Die letzten Planeten sind eingefroren und vollständig von einer kilometerdicken Eisschicht überzogen. Überlebende Intelligenzen müssten sich einen neuen Wohnort suchen oder die Erde in den Orbit eines Roten Zwergs bewegen, da diese die längste Lebenserwartung unter den Materieballungen haben. Proxima Centauri, 4,3 Lichtjahre entfernt, ist ein solcher Roter Zwerg, der Energie über einen Zeitraum von Billionen von Jahren abgibt. Schließlich, nach hundert Billionen Jahren, sind auch die letzten Roten Zwerge erschöpft.
  • Stadium IV: die Ära der Schwarzen Löcher: In diesem späten Stadium der Lebensgeschichte des Universums ist die einzige Energiequelle überhaupt das langsame Verdampfen von Energie aus Schwarzen Löchern. Wie Jacob Bekenstein und Stephen Hawking gezeigt haben, sind Schwarze Löcher nicht wirklich schwarz, sondern senden eine geringe Menge Energie aus. Schwarze Löcher haben unterschiedliche Lebenserwartungen. Ein Schwarzes Loch von der Größe der Sonne existiert 1066 Jahre, eines von der Größe eines galaktischen Clusters sogar 10117 In dieser Zeit am Ende der Zeit bleibt den letzten Intelligenzen nur übrig, sich um die sterbenden Schwarzen Löcher zu versammeln, um ein bisschen Wärme zu gewinnen.
  • Stadium V: die Dunkle Ära: Am Lebensende des Universums, wenn alle Wärmequellen erschöpft sind, ist das Universum dunkel und leer. Die Temperatur nähert sich langsam und überall dem absoluten Nullpunkt an. Selbst die Bewegung der Atome kommt vermutlich zum Stillstand oder es entsteht ein neuer Typ von Atomen, die riesige Ausmaße bis hin zur Größe eines ganzen Universums einnehmen können. Das Universum selbst hat unvorstellbar große Entfernungen überbrückt und ist außerordentlich groß. Wir sind bei den letzten Fragen physikalischer Eschatologie angelangt. Alle Gesetze der Physik und Chemie in dieser Phase sind völlig unbekannt. Niemand weiß, ob es ein ewiges Ende oder eine neue Schöpfung geben wird.

Das Thema, wie das Universum zusammengesetzt ist, wie es begann und wie es enden könnte, ist Gegenstand des allgemeinen öffentlichen Interesses und in vielen Medien präsent. Die Zeitschrift „Spektrum der Wissenschaft“ schreibt regelmäßig über die Zusammenhänge solcher kosmologischen Themen. Deutschlandfunk Kultur berichtet in der Sendung „Wissenschaft und Bildung“ vom 3. April 2025 über „Dunkle Energie – Das Standardmodell des Kosmos gerät ins Wanken“ über den aktuellen Stand der Forschungen zum Standardmodell der Zusammensetzung des Universums und zitiert den Leiter des Zentrums für Astrophysik der TU Dresden Günther Hasinger, der sagt, dass wir eigentlich nur vier oder fünf Prozent der Zusammensetzung des Universums kennen und dies mit den Worten kommentiert, „das ist im Prinzip eigentlich eine Schande.“ Diese vier bis fünf Prozent sind die Materie, aus der wir und unsere anfassbare Welt besteht. 25 Prozent bestehen aus Dunkler Materie und „da haben wir, glaube ich, genügend Hinweise, dass es die Dunkle Materie wirklich gibt.“ Ungefähr 70 Prozent sind Dunkle Energie und „da haben wir keinen blassen Schimmer davon, um was es sich dabei handelt.“

Allein im Universum?

Sind wir allein im Universum? Warum finden wir keine Hinweise auf außerirdische Intelligenzen, denn beim Alter des Kosmos von 13,8 Milliarden Jahren würde selbst bei einer konservativen Einschätzung technologischer Möglichkeiten, dass Raumfahrt ohne überlichtschnelle Geschwindigkeiten auskommen müsste, die Besiedlung der kompletten Galaxis durch eine raumfahrende Zivilisation nicht mehr als zehn Millionen Jahre dauern. Einige der möglichen Antworten auf die Frage des Fermi-Paradoxon sind:

  • Der Große Filter: Gibt es eine Begrenzung in der Evolution intelligenter Zivilisationen, die eine technologische Weiterentwicklung zu einer raumfahrenden Spezies verhindert? Sprengen sich intelligente Zivilisationen in die Luft, bevor sie ihren Planeten verlassen?
  • Oder der galaktische Zoo: Die außerirdischen Zivilisationen beobachten uns schon seit langer Zeit und wollen nicht, dass wir unser Gehege verlassen. Werden wir nicht in den Kreis der hochstehenden galaktischen Zivilisationen aufgenommen, weil wir es nicht wert sind?

Im Jahre 2025 müssen wir feststellen, dass die Menschheit in der von uns vermessenen Weite und den unendlichen Zeiten des Universums völlig unbedeutend ist. Wir sind, in der Selbsterkenntnis, vom Status des zentralen intelligenten Beobachters der Vorgänge im Universum in die Rolle eines galaktischen Bakteriums zurückgefallen, das, wenn überhaupt, lediglich Bruchteile der Vorgänge im Universum erkennen kann und das über keinerlei Möglichkeiten verfügt, diese Vorgänge zu beeinflussen. Dieses galaktische Bakterium ist nicht einmal in der Lage, in die Weiten des Universums zu reisen und andere Intelligenzen zu treffen.

Während die Menschheit früher in ihrer Kulturgeschichte einen definierten Platz als Gesprächspartner von Gott oder einer Vielzahl von Göttern besaß, ist sie heute jeglicher Kommunikation mit den möglichen Entitäten des Universums beraubt. Wir sind ein Nichts im Angesicht der Tiefe und der Zeiten im Universum. Diese Selbsterkenntnis ist der entscheidende Unterschied in der narrativen Erzählkunst der Science Fiction zu Beginn des 21. Jahrhunderts verglichen mit der des 20. Jahrhunderts.

Wir können gegenwärtig sagen, wie alt und wie groß das Universum ist, haben aber keine technologische Möglichkeit gefunden, dies auch tatsächlich vor Ort erforschen zu können. Die Menschheit steht vor einem doppelten Dilemma: Wir wissen durch die Nutzung der Weltraumteleskope, insbesondere seit dem Einsatz des James-Webb-Teleskops, sehr viel über die Geschichte und die Beschaffenheit des Universums, können aber nicht direkt erkunden, was von unseren Theorien wirklich stimmt. Das Universum hat nach dem gegenwärtigen Stand der kosmologischen Forschung einen Durchmesser von 50 Milliarden Lichtjahren und wir verfügen über eine dreidimensionale Karte dieses riesigen Raums, werden allerdings nach dem momentanen Stand unserer Technologien niemals dort hinkommen, wo beispielsweise noch immer neue Sterne entstehen. Das Universum ist nicht fertig, sondern in ständiger Bewegung und Entwicklung.

Gleichzeitig stellen die Ergebnisse unserer präzisesten wissenschaftlichen Beobachtungsinstrumente wie die des James-Webb-Teleskop unsere Theorien auf den Kopf, denn sie geben Aufschluss darüber, dass sich das Universum wohl tatsächlich schneller ausdehnt als ursprünglich berechnet. Manche Messergebnisse erweitern nicht nur unseren Horizont, sondern auch unsere Fragehaltung: Was passiert dort draußen, wo wir nicht – oder vielleicht niemals – hinkommen werden? Wie überschreiten wir die Grenzen unserer Wahrnehmungsfähigkeit, die möglicherweise Fehlannahmen bewirken?

Selbst unsere Theoriebildung weist erhebliche Schwächen auf und wir sind nicht sicher, ob unsere Theorien über Dunkle Energie und Dunkle Materie richtig sind oder ob sie lediglich einen momentanen Stand unserer menschlichen Wissenschaft darstellen. Gegenwärtig werden kontroverse Theoriebildungen in der kosmologischen Wissenschaft diskutiert: brauchen wir neue Gesetze für die Schwerkraft? Als alternative Theorie zu Dunkler Materie wird die „Modified Newtonian Dynamics“, kurz MOND, diskutiert. Wer formuliert die allumfassende Weltformel, in der Gravitation und Quantenphysik, also die Vereinheitlichung des ganz Großen und des ganz Kleinen, verbunden sind?

Wir wissen viel und wir wissen nichts – was die Fragen nach den großen Zeiten und Räumen im Universum angeht. Man könnte sogar so weit gehen zu konstatieren, dass, je mehr wir wissen, wir gleichzeitig erkennen, dass wir eigentlich immer weniger wissen über die zentralen Vorgänge im Universum. Wir erkennen mit jeder neuen kosmologischen Einsicht unsere Begrenztheit, unsere Hilflosigkeit, unser Unbedeutend sein. Wir wissen nicht einmal, ob wir allein im Universum sind oder ob es dort draußen noch andere intelligente Lebewesen gibt.

Die Wissenschaft diskutiert zur Frage außerirdischer Intelligenz zwei theoretische Paradigmen:

  • Das Fermi-Paradoxon des Physikers Enrico Fermi aus dem Jahre 1950, in dem er erklärte, dass es bereits seit Millionen von Jahren technologisch hochstehende Zivilisationen im Universum geben müsste, die theoretisch in der Lage seien, die ganze Galaxis zu kolonisieren. Die Frage zu seinen Überlegungen ist: Wo sind sie alle?
  • Die Drake-Gleichung von Frank Drake aus dem Jahre 1961 über die Abschätzung der möglichen Anzahl technologischer Zivilisationen im Universum, die eine Anzahl technologisch hochstehende Zivilisationen im Universum mathematisch nachweist. Die Frage bleibt: Wo sind sie alle?

Kann Intelligenz das Ende des Universums überleben?

Wie kann intelligentes Leben die natürlichen Bedingungen in den oben beschriebenen Stadien IV oder V der Lebensgeschichte des Universums aushalten und weiterleben? In den Naturwissenschaften wird diese höchst spekulative Frage diskutiert, indem versucht wird, mit den Mitteln der heutigen Wissenschaft plausible Lösungswege aufzuzeigen. Die Debatte dreht sich um zwei zentrale Fragen:

  • Können intelligente Wesen ihre Maschinen betreiben, wenn die Temperatur sich dem absoluten Nullpunkt (0 Kelvin entspricht minus 273,15 Grad Celsius oder minus 459,67 Grad Fahrenheit) nähert? Auf den ersten Blick erscheint dies unmöglich, da nach den Gesetzen der Thermodynamik Energie von einem höheren Temperaturniveau zu einem niedrigeren fließt und nur ein Temperaturgefälle zur Nutzung von Arbeit eingesetzt werden kann. Wenn die Temperatur überall dieselbe ist, kann keine Arbeit gewonnen werden.
  • Können intelligente Wesen an der Schwelle zum absoluten Nullpunkt Informationen senden und empfangen? Wenn sie ihren Körper aufgegeben hätten, könnte es möglich werden. Sie müssten langsamer denken, viel langsamer, als wir uns dies überhaupt vorstellen können. Ihre subjektive Zeit könnte sich über Milliarden Jahre erstrecken und ihnen dennoch tiefe Gedanken ermöglichen. Große Zeiträume von Billionen Jahren könnten für die letzten Lebewesen zu einigen Sekunden ihrer subjektiven Zeit zusammenschrumpfen. In diesem Stadium wäre es ihnen vielleicht möglich, Quantenübergänge oder die Entstehung von Babyuniversen aus dem Nichts zu sehen.

Kaku kommt zu dem Schluss, dass alles intelligente Leben am Ende eines Universums aussterben wird und ihm nur die Flucht in ein anderes Universum übrigbliebe. Wie könnte ein Rettungsversuch aus einem sterbenden Universum aussehen? Zur Beantwortung dieser Frage sollen wissenschaftliche Modelle von Superzivilisationen vorgestellt werden.

Kosmologische Zivilisationen nach Nikolai Kardaschow und Michiu Kaku

Der russische Physiker Nikolai Kardaschow hat in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts ein Kategoriensystem entwickelt, um die Radiosignale möglicher außerirdischer Zivilisationen einzuordnen. Danach lassen sich Superzivilisationen folgendermaßen beschreiben:

  • Eine Typ-I-Zivilisation ist in der Lage, sich die gesamte Energie eines Planeten nutzbar zu machen. Sie beherrscht die von dem Zentralgestirn einströmende Energie und kann damit das Wetter kontrollieren oder verändern, die Richtung von Tornados bestimmen oder Städte im Meer bauen. Die zur Verfügung stehende Energie bewegt sich in der Größenordnung von 1016 
  • Eine Typ-II-Zivilisation ist in der Lage, sich die gesamte Energie einer Sonne nutzbar zu machen. Sie hat einen Teil der Milchstraße besiedelt und kann neue Sterne entzünden. Sie beherrscht alle Probleme ihres Planeten und ist potenziell unsterblich. Kometen und Meteore können abgewendet werden, Eiszeiten gehören der Vergangenheit an, sogar die Schrecken eine in der Nachbarschaft auftretende Supernova sind gering, indem sie entweder den thermonuklearen Prozess der Supernova manipulieren oder auf einen anderen Planeten auswandern. Die zur Verfügung stehende Energie bewegt sich in der Größenordnung von 1026
  • Eine Typ-III-Zivilisation ist in der Lage, sich die gesamte Energie einer Galaxis mit 10 Milliarden Sternen nutzbar zu machen. Sie hat große Teile ihrer Heimatgalaxis kolonisiert und manipuliert Energiemengen in der Größenordnung von 1036 Watt, was 10 Milliarden mal 10 Milliarden (oder 1020) mal soviel ist, wie auf der Erde von heute umgesetzt wird.

Michio Kaku hat eine potenzielle Typ-IV-Zivilisation hinzugefügt. Diese wäre in der Lage, die Energie des Kontinuums, beispielsweise die der Dunklen Energie, anzuzapfen. Diese obskure, noch nicht nachgewiesene, aber theoretisch postulierte Energieform soll immerhin 73 Prozent des Masse-Energie-Verhältnisses des Universums ausmachen.

Unsere heutige Zivilisation entspricht etwa einem Entwicklungsstand vom Typ 0,7. Damit ist unsere heutige Zivilisation noch eintausendmal kleiner als eine wirkliche Typ-I-Zivilisation! Immerhin, wir scheinen auf dem richtigen Wege zu sein. Kaku bezeichnet den Übergang von Typ 0,7 zu Typ-I als Rennen gegen die Zeit, oder als Kampf gegen die Entropie in Form von Treibhauseffekt, Umweltverschmutzung, Nuklearkrieg, Fundamentalismus und Krankheiten. In diesem Sinne könnten die heutigen Generationen zu den bedeutendsten gehören, die jemals die Erde bevölkert haben oder bevölkern werden, denn sie haben geholfen, den wichtigsten Übergang in der Geschichte der menschlichen Zivilisation zu gestalten.

Der Übergang der Menschheit zu einer Typ-I-Zivilisation enthält große Entwicklungspotenziale. „Wir sind dabei, einen historischen Übergang zu machen von passiven Beobachtern des Tanzes der Natur zu Choreographen des Tanzes der Natur, mit der Fähigkeit, Leben, Materie und Intelligenz zu manipulieren.“ Wenn die Menschheit, die selbst geschaffenen Gefahren vermeidet und sich zu einer planetaren Zivilisation weiterentwickelt, steht die Tür zu den wahren Entdeckungen offen.

Anleitung für die Überwindung des Endes von allem

Michio Kaku stellt in seinem Buch „Hyperspace“ (1995) Anleitungen vor, wie man dem Ende von allem entkommen könnte, wenn man die technischen Möglichkeiten dazu hätte. Es sind theoretische Annahmen oder Spekulationen, die auf dem derzeitigen Stand der kosmologischen Forschung (und seinen umstrittenen Interpretationen) gründen und die auch in naher Zukunft nicht realisierbar sein werden. Eines sind sie aber mit Sicherheit: faszinierende Gedankengebäude, die weit in die Zukunft hineinreichen. Kaku macht sich damit angreifbar, wie er selbst in „Hyperspace“ schreibt: „Manche Leute haben die Wissenschaftler angeklagt, eine neue Theologie auf der Basis von Mathematik geschaffen zu haben. Wir hätten die Mythologie der Religion zurückgewiesen, nur um eine noch seltsamere Religion anzunehmen, die auf gekrümmter Raum-Zeit, Teilchensymmetrie und kosmischer Expansion beruht. (…) Der Glaube an einen allmächtigen Gott sei nun ersetzt worden durch den Glauben an die Quantentheorie und die allgemeine Relativitätstheorie“. 

Welche Schritte schlägt Kaku vor, um ein sterbendes Universum zu verlassen?

  • Schritt 1: Vervollständigung einer Theorie von Allem bzw. einer Theorie der Quantengravitation. Dies würde fortgeschrittene Technologien erfinden helfen, so zum Beispiel große Atomzertrümmerer, die neue Superpartikel entstehen ließen oder Gravitationswellen-Detektoren. Die Forschung könnte offene Fragen wie diese beantworten: Sind Wurmlöcher stabil? Kann man durch sie hindurch fliegen ohne zerstört zu werden? Wenn diese Fragen beantwortet sind, kann sich eine zukünftige Menschheit damit beschäftigen, wie man unser Universum verlassen kann.
  • Schritt 2: Finde natürliche Wurmlöcher und Weiße Löcher. Tore zu anderen Dimensionen in Form natürlich vorkommender Wurmlöcher oder Weißen Löchern, die das andere Ende von Schwarzen Löchern bilden, könnten ebenso existieren wie exotische Materie in den Weiten des Universums.
  • Schritt 3: Baue einen Warp-Antrieb. Dies wurde zuerst von dem Physiker Miguel Alcubierre im Jahre 1994 vorgeschlagen (in der Science-Fiction-Franchise Star Trek war dies schon in den 1960er Jahren ein Thema). Dies würde Überlichtgeschwindigkeit und möglicherweise auch Zeitreisen ermöglichen.
  • Schritt 4: Die letzte Hoffnung. Sie liegt darin, genug Informationen in ein neues Universum einzuschleusen, um unsere Zivilisation am anderen Ende wiederzubeleben. In welcher Form auch immer.

Was bleibt, ist Spekulation

Dies alles sind reine Spekulationen. Sie sind ebenso weit von der Realisierungsmöglichkeit entfernt wie so manche Science Fiction. Dabei waren es oft Science-Fiction-Autorinnen und -Autoren, die solche zunächst für abstrus gehaltene Konzepte vorgeschlagen haben, die heute selbst von renommierten Wissenschaftlern diskutiert werden. Es geht darum, Türen nach draußen zu finden oder ein Draußen selbst zu erschaffen.

Schriftstellerinnen und Schriftsteller waren in vielen Fällen diejenigen, die neue Ideen gedacht und beschrieben haben, also sozusagen eine Art Patent auf Originalität besitzen. In der Science-FictionLiteratur finden wir zahlreiche plausible und originelle Gedankenspiele, was die Menschheit der Zukunft mit den unendlichen Möglichkeiten des Kosmos anfangen kann. Wir Leserinnen und Leser werden diese Reise in die Unendlichkeit immerhin in unserer Gedankenwelt antreten können und wir können uns an der intellektuellen Einsichtsfähigkeit erfreuen, etwas in unserer Vorstellung zu sehen, was wir körperlich niemals erleben werden.

Gehen wir auf eine Reise ins Imaginäre. Lesen wir!

Zum Weiterlesen:

  • Neil DeGrasse Tyson, Lindsey Nyx Walker, Bis zur Unendlichkeit und noch viel weiter – Eine kosmische Entdeckungsreise, München, FinanzBuch Verlag, 2024.
  • Ann Druyan / Steven Soter, Presented by Neil deGrasse Tyson, Cosmos – A Spacetime Odyssey, 2014.
  • Michio Kaku, Parallel Worlds – A Journey Through Creation, Higher Dimensions, and the Future of the Cosmos, New York, Doubleday 2005 (Deutsche Ausgabe: Die Physik des Unmöglichen, Beamer, Phaser, Zeitmaschinen, Rowohlt Taschenbuch, 2010).
  • Michio Kaku, Hyperspace – A Scientific Odyssey Through Parallel Universes, Time Warps, and the 10th Dimension, New York, Anchor Books, 1995. (Deutsche Ausgabe: Die Physik der unsichtbaren Dimensionen – Eine Reise durch Zeittunnel und Paralleluniversen, Rowohlt Taschenbuch, 2013).
  • Michio Kaku, The Future of Humanity: Terraforming Mars, Interstellar Travel, Immortality, and Our Destiny Beyond Earth, Penguin, 2019. (Deutsche Ausgabe: Abschied von der Erde – Die Zukunft der Menschheit, Rowohlt Taschenbuch, 2023.
  • Carl Sagan, Cosmos, Ballantine Books, 1982 (deutsche Ausgabe: Unser Kosmos – Eine Reise durch das Weltall, 1989) sowie die Fernsehserie: Cosmos – A Personal Voyage, 1980.
  • Carl Sagan, Pale Blue Dot – A Vision of the Human Future in Space, Bllantine Books, 1997. (Deutsche Ausgabe: Blauer Punkt im All – Unsere Zukunft im Kosmos, Droemer Knaur, 1996).
  • Spektrum der Wissenschaft Ausgabe 8.24, Eine neue Weltformel: Allumfassende Theorie ganz ohne Quantengravitation.
  • Spektrum der Wissenschaft Ausgabe 3.25, Quantengravitation: Wie lässt sich die Raumzeit mit der Quantenphysik vereinigen?
  • Spektrum der Wissenschaft Spezial Physik, Mathematik, Technik 3.25, Den Kosmos entschlüsseln. Vom Sonnensystem in die Tiefen des Universums.
  • Spektrum der Wissenschaft Ausgabe 4.25, Neue Gesetze für den Kosmos? Eine alternative Theorie stellt die Gravitation in Frage.
  • Mike Zeitz: Trugbild Dunkle Energie? In:  Spektrum der Wissenschaft 12.25.

Fritz Heidorn, Oldenburg

(Anmerkungen: Erstveröffentlichung im Dezember 2025, Internetzugriffe zuletzt am 17. Dezember 2025, Titelbild: Pale Blue Dot with quote of Carl Sagan, NASA Voyager 1, Wikimedia Commons)