Aliens, Asteroiden und Gammablitze

Gefahren aus dem All in Wissenschaft und Science Fiction

„Das Tungusische Ereignis hat in der Literatur eine erstaunliche Karriere durchlaufen: Vom Non-Event zu einem Geschehnis, das immer phantastischere Hypothesen auf sich zog, zuerst noch im Rahmen eines (irgendwie) wissenschaftlichen Weltbilds, später als beliebiger Anlass für mystische und okkulte literarische Phantastik. In mancher Beziehung ist es ein Musterbeispiel für ein literaturtaugliches Phänomen.“ (Karlheinz Steinmüller, Echo eines fernen Knalls – Das Tungusische Ereignis und die Science Fiction, in: Das Science Fiction Jahr 2023, Berlin, Hirnkost, 2023)

Das Narrativ „Gefahren aus dem Weltraum“ begann als Horror-Szenario der Science Fiction der Gründungszeit am beginnenden 20. Jahrhundert. Es entwickelte sich mit der Thematik möglicher Außerirdischer zu dem Standardthema des Genres im 20. Jahrhundert. Im Zeitalter der Fortschritte der kosmologischen Forschung im ersten Viertel des 21. Jahrhunderts sind die Erkenntnisse über erdnahe Objekte und erdferne Gammablitze zu einem neuen Thema geworden, bei dem Literatur und Wissenschaft eine symbiotische Beziehung eingegangen sind und sich gegenseitig befruchten: Wissenschaft und Fiktion im Gleichklang technologischer Möglichkeiten und humaner Perspektiven.

It came from outer space

„Gefahr aus dem Weltall“ – das ist der deutsche Titel eines Jack-Arnold 3-D-Films aus dem Jahre 1953, der im Original „It Came From Outer Space“ hieß. Es handelt sich, wie viele ähnliche Filme über Außerirdische aus der Zeit der fünfziger Jahre, um einen der ziemlich schlechten und schnell gedrehten Horrorfilme, die mit den Klischees der Nachkriegszeit mit Außerirdischen oder Monstern, die durch Atombomben mutiert sind, eine neue Horrorvision für die Zuschauerinnen und Zuschauer bedienen. Manche dieser Filme wurden als 3-D-Format gedreht und konnten mit der Rot-Grün-Brille im Kino angeschaut werden, beispielsweise: „Invasion der Körperfresser“ („Invasion of the Body Snatchers“,1956) von Don Siegel, „Der Schrecken vom Amazonas“ („Creature from the Black Lagoon“, 1954) und „Tarantula“ (1955) von Jack Arnold, „Formicula“ (1954) von Gordon Douglas, „Godzilla“ (1954) von Ishiro Honda.

Nicht jeder Schrecken kommt von Outer Space, aber in diesem Essay berichte ich nach einer kurzen Einführung in das Standardthema der Science Fiction, die Außerirdischen, über die Thematiken der Asteroidenabwehr von Objekten aus dem Sonnensystem und die Beschäftigung mit dem galaktischen Höllenfeuer, den Gammablitzen in Wissenschaft und Literatur.

Heute fürchten sich die Menschen vor drei Gefahren aus dem Weltall, von denen die Begegnung mit Außerirdischen als fast unwahrscheinlich gilt (aber immer wieder in Romanen und Filmen ein Schaudern hervorruft), während die Kollision der Erde mit einem Asteroiden als relativ wahrscheinlich eingeschätzt wird und die Bedrohung durch Gammablitze aus den fernen Zonen des Universums als am unwahrscheinlichsten gilt.

Die von mir gewählte Reihenfolge „Außerirdische – Asteroiden – Gammablitze“ entspricht der Behandlung in der Wissenschaft und in der Science-Fiction-Literatur. Außerirdische sind das alles überragende Narrativ der Science Fiction, Asteroideneinschläge die effektvolle Inszenierung im Kino und in zahlreichen Erzählungen, Gammablitze kommen in der Wissenschaft und der Literatur nur vereinzelt vor.

Erstkontakt mit Außerirdischen in Literatur und Wissenschaft

Die Menschheit ist seit Ende des 19. Jahrhunderts durch die Fortschritte der Wissenschaft und durch die damals entstandene fantastische Literatur, später Science Fiction genannt, darauf eingestellt, dass aus dem großen schwarzen Raum über uns allerlei üble Dinge auf uns hier auf der Erde herabkommen können. Vor allem der Roman „Der Krieg der Welten“ („The War of the Worlds“, 1897, 1898, deutsche Ausgabe: 1901, Hörspiel von Orson Welles 1938) von H.G. Wells machte vielen Menschen bereits am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts deutlich, dass wir mit außerirdischen, intelligenten und eventuell mörderischen Lebewesen aus dem All zu rechnen hätten. In den hundert Jahren danach ist das Thema in allen möglichen Schattierungen von der Science Fiction nahezu auserzählt worden, während die Wissenschaft Erkundungsmissionen im All beginnt, die die Frage aufklären sollen, warum wir bislang keine außerirdischen Lebewesen angetroffen haben. Viel später erst weisen Wissenschaftler darauf hin, dass das Leben selbst eventuell aus dem All zur Erde gekommen sein könnte und nennen diese Hypothese: die „Panspermie-Theorie“.

Die Beschreibung des Erst-Kontakts zwischen Menschen und Außerirdischen und die Verwicklungen im Umgang der unterschiedlichen Zivilisationen miteinander ist eines der großen Standardthemen der Science Fiction seit Anbeginn der Entstehung des Genres an. Bereits in der frühen Science-Fiction-Literatur finden sich zahlreiche interessante Variationen dazu, sowohl in wissenschaftlicher, kultureller und philosophischer Sicht als auch in der erzählerischen Qualität dahingehend, was gute Literatur ausmacht. Der Erst-Kontakt zwischen Menschen und Außerirdischen ist geradezu das Alleinstellungsmerkmal im Sinne von Darko Suvins „Novum“ von Science-Fiction-Narrativen im großen Kanon der Literatur – sei es in schlechter oder brillanter Ausführung.

In den entsprechenden Filmen gewinnen regelmäßig die größten Materialschlachten in den Sternenkriegen, die Vernichtungsfeldzüge und Untergangsszenarien die Gunst des Publikums. Gänsehaut beim Zuschauen geht in der Regel vor selbst Denken und Hinterfragen. Ausnahmen finden sich aber selbst hier, bei den massentauglichen Actionspektakeln, es gibt Filme, die uns anrühren und nachdenklich machen. „Enemy Mine“ („Geliebter Feind“) von Wolfgang Petersen aus dem Jahre 1985 ist ein gutes Beispiel. Petersen erzählt in seinem ungewöhnlichen Film von dem Ausbruch aus allen Traditionen der Feindschaft eines Menschen und eines reptiloiden Drac hin zu einem Neubeginn der fraglosen Freundschaft zweier ehemaliger Todfeinde, einem Menschen und einem Außerirdischen, die beide die Regeln und Zwänge ihrer eigenen Zivilisation aufgeben und sich einer neuen interkulturellen Freundschaft verschreiben.

Am 14. April 2023 schickt die europäische Raumfahrtbehörde ESA die Mission JUICE auf ihren achtjährigen Flug zum Jupiter, um dort den gigantischen Gasplaneten und seine Monde Callisto, Europa und Ganymed nach Anzeichen von außerirdischen Leben oder Lebensmöglichkeiten zu untersuchen. Dieses spannende Projekt der Raumfahrtwissenschaft wird das Wissen der Menschheit um unser Sonnensystem vergrößern. Allerdings werden die Erkenntnisse von JUICE sicherlich nichts grundsätzlich Neues zutage fördern, denn sowohl die Naturwissenschaften als auch die Literatur haben sich bereits durch Prognosen und durch Spekulationen mit den Möglichkeiten dieser und anderer Missionen im Vorfeld intensiv auseinandergesetzt. Und zwar auf sehr verschiedene Weise: Während die Wissenschaft ihre Erwartungen auf der Basis von Fakten, naturwissenschaftlichen Gesetzen und Theorien formuliert, kann die Literatur mit Spekulationen arbeiten, in denen bereits Alles gedacht und als Erzählung beschrieben wurde.

Ich behaupte, dass die Science-Fiction-Literatur alles, was in der JUICE (Jupiter Icy Moons Explorer) Mission in Zukunft gefunden werden wird, bereits erzählt hat und zwar als Kontakt von Menschen mit außerirdischen Intelligenzen, dem großen Standardthema des Genres.

Der Forschungsansatz für JUICE ist bereits von Arthur C. Clarke in vergleichbarer Form in seinen berühmten Büchern über die Odyssee im Weltraum geschildert worden, vor allem manche Aspekte der Reise zum Jupiter in dem Film von Stanley Kubrick und dem Buch von Clarke „2001 – Odyssee im Weltraum“ (1968) sowie die Beschreibung von aufkommendem Leben auf Europa in „2061 – Odyssee III“ (1987). Erzählungen vom Erst-Kontakt zwischen Menschen und Aliens gehören zum Standard-Repertoire der Literaturgattung und sind in allen Schattierungen vorhanden.

Dies ist kein Plädoyer gegen die Naturwissenschaften, ganz im Gegenteil. JUICE ist ein spannendes Forschungsprojekt der ESA und wir können uns auf die Resultate freuen. Es ist ein Plädoyer für kreatives Denken und die Bereitschaft, sich auf Neues und Unbekanntes einzulassen, oder wie es die Science-Fiction sagt, in das unbekannte Land vorzustoßen. Und die Literaturgattung, die Wissenschaft und Fiktion zu verbinden sucht, heißt ja bekanntermaßen Science-Fiction. Sie kann dies in besonderem Maße, denn nur Science-Fiction lässt sich auf wilde Narrative weit in das unbekannte Land ein.

Ich habe die literarische Reise durch das Sonnensystem in meinem Buch „Demnächst oder nie – Reisen zu fremden Welten“ (Lüneburg, Verlag Dieter von Reeken, 2018) ausführlich beschrieben.

Wir stammen aus dem All – die Theorie der Panspermie

Nach der „Panspermie-Theorie“, einer Hypothese von den Samen aus dem All, könnten einfache Lebensformen mit Materiekörpern aus dem Weltall, zum Beispiel durch Asteroiden, auf der Erde gelandet sein. Diese Hypothese ist bislang eine wissenschaftliche Spekulation, vor allem vorgetragen in zahlreichen Büchern des britischen Astronomen Fred Hoyle, die er gemeinsam mit Chandra Wickramasinghe, einem Astrophysiker aus Sri Lanka, geschrieben hat, zum Beispiel in „Evolution from space – a theory of cosmic creationism“ (1981). Neuerdings werden zunehmend Belege für diese These in Gesteinsproben von Asteroiden gefunden.

Sir Fred Hoyle (1915-2001), der große alte Mann der britischen Astronomie ist der Erfinder des Konzepts der Panspermie, nach der intelligentes Leben eigentlich nicht auf Planeten, sondern im offenen Weltall zwischen den Sternen entsteht. Zum Beweis müsste man nur „einige Materialproben von Kometen unter dem Mikroskop nach Spuren von Mikroben abzusuchen“ schreibt er in dem „Nachwort Panspermie 2000“ seines Buches „Leben aus dem All“ (2000), das neben zahlreichen weiteren Sachbüchern und Romanen sein literarisches Werk bildet. Hoyles Fazit lautet: „Wir glauben, dass Komponenten kosmischen Lebens in Gestalt von Bakterien und Viren aus dem Weltraum auf die Erde gelangten und dass in einem bemerkenswerten Ereignis vor 570 Millionen Jahren sogar mehrzellige Lebewesen aus dem Raum hier eintrafen. Aus diesen kosmischen Lebewesen entwickelte sich über lange geologische Zeiträume hinweg das irdische Leben. (…) Insgesamt legen zahlreiche Tatsachen den eindeutigen Schluss nahe, dass wir das Phänomen des Lebens im Zusammenhang mit dem sehr viel größeren Kosmos jenseits der Erde sehen müssen. Das irdische Leben ist ein Abkömmling eines biologischen Systems, das die gesamte Galaxis umfasst.“

In dem Roman The Black Cloud“ (1957) schildert Hoyle die Ankunft einer riesigen, intelligenten Gaswolke im Sonnensystem, die beim Zusammentreffen mit der Menschheit überrascht ist, dass Leben auf festen Planeten existieren kann. Superorganismen wie sie, viele Male intelligenter als die Menschen, würden nur als gasförmige Wesen zwischen den Sternen existieren. Auf die Frage der Menschen, wie diese Lebensform entstanden sei, bekommen sie zur Antwort, dass diese Superorganismen schon immer existiert hätten. Dies ist mit der Vorstellung vom Urknall unvereinbar. Das Wesen zieht weiter, auf der Suche nach seinen verschwundenen Artgenossen.

Asteroiden – Himmelskörper aus unserem Sonnensystem

Asteroiden sind Materieansammlungen, sternähnliche Himmelskörper, größer als Meteoroide, aber kleiner als Zwergplaneten wie Pluto. Sie umkreisen die Sonne umkreisen und können manchmal als Trümmerstücke auf der Erde einschlagen und dort katastrophale Zerstörungen anrichten. Sie sind kosmische Zeitkapseln, eine Gefahr für das Leben auf der Erde, aber vielleicht auch Boten des Lebens aus dem All.

Der Chicxulub Impaktor wird für das Aussterben der Dinosaurier vor ca. 65 Millionen Jahren und die neue Richtung der Evolution auf der Erde verantwortlich gemacht. Sein Einschlagkrater auf der Halbinsel Yucatan hat einen Durchmesser von 180 Kilometern. Das Tunguska-Ereignis in Sibirien am 30. Juni 1908 wurde wahrscheinlich durch den Erdfall eines Asteroiden ausgelöst, der mit der Sprengkraft von 50 Megatonnen TNT, andere Berechnungen sprechen von maximal fünf Megatonnen TNT, verheerende Zerstörungen anrichtete. Im Jahre 2013 explodierte ein zwanzig Meter durchmessender Asteroid über der russischen Großstadt Tscheljabinsk und verletzte mehr als tausend Menschen durch Glassplitter der Druckwelle.

Ungefähr 90% aller Asteroiden befinden sich zwischen Mars und Jupiter im sogenannten Asteroidengürtel. Sie unterliegen der Schwerkraft des Jupiters, sind aus Eisen oder Eisen-Nickel aufgebaut und oft eine potenzielle Gefahr für die Erde, wenn sie sich auf einem Kollisionskurs zu ihr befinden. Man spricht dann von „Near-Earth-Objects“ (NEOs), die die Erde bedrohen können, es sind im August 2016 bereits 14.723 davon verzeichnet, von denen 1.717 als potenziell gefährlich eingestuft werden und 873 dieser Gesteinsbrocken einen Durchmesser von mehr als einem Kilometer aufweisen.

Es ist bekannt, dass das Aussterben der Saurier vor 65 Millionen Jahren der Auswirkung eines mit der Erde kollidierten Asteroiden zugeschrieben wird. Nachgewiesen ist die Explosion eines Asteroiden am 30. Juni 1908 über dem Fluss Tunguska in Sibirien, wo 2.000 Quadratkilometer Wald zerstört wurde. Statistisch gesehen kommt ein solches Ereignis alle 100 Jahre vor. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass die Beobachtung von Asteroiden und die Möglichkeiten der Vorwarnung ein wichtiges Thema für die Wissenschaft ist.

Die amerikanische Raumsonde „Dawn“, versehen mit einem Ionenantrieb, wurde am 27. September 2007 gestartet, um den Asteroiden Vesta zu untersuchen. Die Mission war erfolgreich, Vesta wurde unter anderem durch zwei an Bord von „Dawn“ befindliche deutsche Kameras vollständig vermessen. „Dawn“ umkreist seit März 2015 den Zwergplaneten „Ceres“, der mit einem Durchmesser von 960 Kilometern das größte Objekt im Asteroidengürtel ist. „Ceres“ ist ein aktiver Zwergplanet mit dem Vorhandensein von Kryovulkanen, Kratern, Salzablagerungen und Wasser unter seiner Oberfläche.

Die NASA hatte ein Programm zur Entwicklung eines Roboter-betriebenen Raumfahrzeugs entwickelt, mit dem erdnahe Asteroiden eingesammelt und in einen Orbit um den Mond gebracht werden sollten, die sogenannte „Asteroid Redirect Mission“. Durch eine Direktive des Weißen Hauses vom 11. Dezember 2017 wurde das Projekt beendet. Die ESA sieht die Asteroidenabwehr erdnaher Objekte noch als Zukunftsmusik, schlägt aber vor, sich dem Thema Bahnablenkung von Asteroiden stärker zu widmen.

Die US-Raumsonde OSIRIS-Rex wurde im Jahre 2016 gestartet, erreichte ihr Ziel, den Asteroiden „Bennu“, im Jahre 2018 und sammelte dort Gesteinsproben ein. 2021 wurde die Raumsonde zurück zur Erde geschickt, wo sie im September 2023 in Utah sicher landete. Die Raumsonde brachte 120 Gramm unberührtes Gestein von „Bennu“ mit zur Erde, das seitdem von Wissenschaftlern untersucht wird. Die ersten Ergebnisse wurden am 29. Januar 2025 veröffentlicht und sie versetzen die Fachwelt in Erstaunen, wie das Magazin Spektrum der Wissenschaft in der Ausgabe 6.25 auf den Seiten 25-27 berichtet. Gefunden wurden „tausende von organischen Verbindungen, darunter 14 der 20 Aminosäuren, die in irdischen Organismen vorkommen, sowie alle Nukleinbasen, aus denen sich unsere DNA und RNA zusammensetzen. Das heißt: Die grundlegenden Moleküle des Lebens existierten lange vor der Erde“. Sehr lange, wenn man bedenkt, dass Asteroiden aus einer Zeit von vor 4,5 Milliarden Jahren stammen. Der Autor des Berichts, Mike Zeitz, bilanziert: „Laut einigen Theorien könnten Asteroiden die Bausteine des frühen Lebens auf die Erde gebracht und somit dessen Saat gelegt haben.“

Der US-amerikanische Science-Fiction Schriftsteller Ben Bova (1932-2020) hat eine ganze Reihe von interessanten Büchern über die technischen, gesellschaftlichen und politischen Implikationen einer möglichen Ausbeutung der Mineralerze des Asteroidengürtels geschrieben. Sie sind zwar als Einzelwerke zu lesen, bauen aber aufeinander auf und entwickeln die Geschichte weiter, hier die Titel in chronologischer Reihenfolge: „Empire Builders” (1993), „The Precipice” (2001), „The Rock Rats” (2002), „The Silent War” (2004), „The Aftermath” (2007).

Asteroidenabwehr

Das Thema Asteroidenabwehr wurde in den Katastrophenfilmen „Armageddon – Das Jüngste Gericht“ (1998) und in „Deep Impact“ (1998) schaurig-schön in Szene gesetzt. Besonders „Deep Impact“ (1998) zeigt eine glaubhafte und spannende Geschichte, die im Grunde die wissenschaftliche Rosetta-Mission des Jahres 2014 vorwegnimmt und schildert, im Film allerdings von einer Raumfähre mit menschlicher Besatzung ausgeführt. Ob diese Filme etwas genutzt haben, um das allgemeine Bewusstsein für diese Bedrohung zu schärfen, darf bezweifelt werden.

Die Grundidee einer Asteroidenabwehr geht als Projekt „Space Guard“ zurück auf Arthur C. Clarke, der es in seinem Roman „Rendezvous with Rama“ (1979) erstmals vorstellte und dann später erneut in seinen Roman „The Hammer of God“ (1993) zentral als Rahmenhandlung einbaute. Im erstgenannten Buch „Rendezvous with Rama“ (1979) entdeckt das von der Regierung der Erde eingeführte „Space Guard“-System das in das Sonnensystem einfliegende riesige Raumschiff, das zunächst fälschlicherweise als Asteroid mit dem Kennzeichen „31/439“ kategorisiert und erst später als Raumschiff „Rama“ bezeichnet wird.

In „The Hammer of God“ (1993) wird von dem Space-Guard-System ein Asteroid namens Kali entdeckt, der sich auf einem Kollisionskurs mit der Erde befindet und der durch eine bemannte Raumfahrtmission in zwei Hälften gesprengt und dadurch von seinem verhängnisvollen Kurs abgeleitet werden soll. Clarke erzählt in dieser Geschichte, die im Jahre 2110 spielt, aber nicht nur die Bedrohung durch einen menschheitsauslöschenden Asteroiden, sondern auch Konflikte in der menschlichen Gesellschaft. Auf der einen Seite stehen religiöse Fanatiker, die in der Bedrohung durch die Apokalypse ein Zeichen Gottes sehen, während die führenden Wissenschaftler verzweifelt einen Weg suchen, die Apokalypse zu vermeiden. Das Buch kann als eine literarische Vorlage zu dem später erschienenen Monumentalfilm „Armageddon“ (1998) angesehen werden.

Tatsächlich hat die NASA eine Reihe von Frühwarn-Aktivitäten unter dem Namen „Space Guard“ zusammengefasst, die erdnahe Objekte beobachten sollten. Der US-Kongress hatte im Jahr 1992 einen „Spaceguard Survey Report“ herausgegeben, nach dem die NASA in die Lage versetzt werden sollte, 90 Prozent aller erdnahen Asteroiden mit einer Größe von mehr als einem Kilometer innerhalb der nächsten zehn Jahre zu lokalisieren. Zusätzlich verstärkte der beobachtete Einschlag des Kometen „Shoemaker-Levy“ auf dem Jupiter im Juli 1994 die öffentliche Wahrnehmung der Bedeutung eines solchen Beobachtungs- und Warnsystems für die Erde. Die International Astronomical Union veranstaltete im Jahre 1995 einen Workshop mit dem Titel „Beginning the Spaceguard Survey“, als dessen Ergebnis die Gründung der internationalen Organisation „Spaceguard Foundation“ angesehen wird. Das Ziel der Beobachtung der erdnahen Objekte wurde erreicht und die internationale Organisation „Spaceguard Foundation“ arbeitet mit nationalen Organisationen und der NASA zusammen. Die „Spaceguard Foundation“ wurde im Jahre 1996 in Rom gegründet und hat ihren Sitz in Frascati, Italien, am „ESA Centre for Earth Observation“. Das Ziel dieser überparteilichen Nichtregierungsorganisation ist es, erdnahe Objekte zu beobachten, zu studieren und die Erde vor möglichen Kollisionen zu schützen. Dabei arbeiten Wissenschaftler, Astronomen und Vereinigungen zusammen.

In der Gegenwart beschäftigt sich die Menschheit mehr mit denkbaren Abwehrmaßnahmen gegen Asteroiden aus dem Sonnensystem und möglichen Schutzmaßnahmen gegen Gammablitze aus den Tiefen des Weltraums. Solche Abwehrmaßnahmen wurden zuerst von einem Science-Fiction-Autor beschrieben, von Arthur C. Clarke in seiner Kurzgeschichte „The Hammer of God“ (1992) für das Time Magazine vom 15.Oktober 1992. Die Redaktion des Time Magazine hatte Clarke dazu aufgefordert und geschrieben, dass sie noch niemals zuvor eine fiktive Geschichte veröffentlicht hätten, was Clarke natürlich anspornte, einen Text zu liefern.

So entstand diese Erzählung um das Projekt „Spaceguard“. Ende April 2019 spielten Experten einer NASA-Konferenz das fiktive Szenario eines Asteroiden-Einschlags auf der Erde durch. Es handeltr sich um das weltweit wichtigste Treffen von Asteroidenexperten, die spielerisch die Armageddon-Katastrophe ausprobieren, also sozusagen den Roman von Clarke in wissenschaftlich mögliche Szenarien umsetzen und die gesellschaftlichen Folgen diskutieren. Der Titel lautet „Planetary Defense Conference Exercise 2019“. Das schlimmste Szenario eines Asteroidenfalls ist in den Filmen „Armageddon“ (1998) und „Deep Impact“ (1998) tricktechnisch meisterhaft inszeniert worden.

Heute werden bei der NASA und bei der ESA „Near-Earth-Objects“ (NEOS) permanent beobachtet, die eine mögliche Gefahr für die Erde darstellen könnten. Die NASA erprobte eine mögliche Abwehrmaßnahme mit der Sonde „DART“, die auf dem 160 Meter durchmessenden Asteroiden Dimorphos am 26. September 2022 einschlug und eine Bahnkorrektur einleitete. Solche kinetischen Impaktoren und mögliche Zündungen von Atombomben in der Nähe von Asteroiden sind aktuell diejenigen Maßnahmen, die im Falle einer realen Bedrohung der Menschheit technisch zur Verfügung stünden.

Gammablitze – Höllenfeuer aus den Tiefen des Universums

Gammablitze sind die schwersten Explosionen im Universum, die der Menschheit bislang bekannt geworden sind. Sie entstehen als massiver, kurzer Ausstoß von Gammastrahlen und Röntgenstrahlen, wenn schwere Sterne zu einer Supernova kollabieren oder wenn Neutronensterne oder Schwarze Löcher miteinander verschmelzen. Gammablitze können mehr Energie freisetzen als die Sonne in Milliarden Jahren produziert. Eine solche aggressive Strahlung hätte absolut tödliche Folgen für das Leben auf der Erde, wenn sie hier auftreffen würde.

Gammablitze sind bislang nur in weit entfernten Galaxien beobachtet worden. Eine Abwehrmaßnahme dagegen ist gänzlich unbekannt. Gammablitze sind die ultimative Bedrohung für alles biologische Leben, sie sind das Höllenfeuer aus dem All.

Gammablitze sind zwar ein sehr seltenes Ereignis, aber sie kommen vor und werden auf der Erde registriert. Anfang Oktober 2022 wurde eine hochenergetische Gammastrahlung aus einer 1,9 Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxis registriert. Es war der stärkste bislang gemessene Gammablitz, der von den Weltraumteleskopen „Fermi“ und „Swift“ automatisch aufgezeichnet wurde. Allerdings fand sich keine Quelle für diesen Strahlenausbruch, kein explodierter Stern zum Beispiel.

Der Wissenschaftsautor Ben Bova

Ein Autor der Science Fiction, der sich mit diesem Phänomen der Gammablitze zugleich wissenschaftlich wie literarisch befasste, ist Ben Bova, mehrfacher Träger des Hugo Awards. Ben Bova (1932 – 2020) ist ein Meister der wissenschaftsbasierten Science Fiction aus dem goldenen Zeitalter der Science-Fiction, als Wissenschaftler der beginnenden Raumfahrt und Schriftsteller mit ihren Fiktionen über das Sonnensystem Hand in Hand gearbeitet haben. Er hat über einen Zeitraum von mehr als sechzig Jahren mehr als 120 Werke in der Wissenschaftsvermittlung und als Science-Fiction-Erzählungen veröffentlicht. Er hat vor allem mit seiner „Grand Tour“ eine epische Reise durch das Sonnensystem geschrieben. Bova hatte einen Bachelortitel in Journalismus der Temple University, einen Master of Arts Degree in Kommunikationswissenschaften der State University of New York und einen Doktortitel als Ph. D. in Erziehungswissenschaften der California Coast University. Zunächst war Ben Bova technischer Herausgeber für das Projekt Vanguard 1956 bis 1958 und Wissenschaftsautor für das Avco Everett Research Laboratory 1960 bis 1971. Bova war Herausgeber der Zeitschrift Analog Science Fiction and Fact als Nachfolger von John W. Campbell Jr. und danach Herausgeber von Omni. Bova fungierte als Präsident der National Space Society und der Science Fiction and Fantasy Writers Association. Bova lehrte Science-Fiction an der Harvard University und am Hayden Planetarium.

Für das Verständnis von Ben Bova ist nicht unwichtig, dass er Atheist und ein Kritiker des unhinterfragten Glaubens an Religionen war. Im Jahre 2022 schrieb er ein sogenanntes „op-ed“- Stück, das als „opposite the editorial page“ ein starkes Plädoyer für seine Position ist und das in den USA oft in Zeitungen, Zeitschriften, Magazinen und Online-Publikationen zu finden ist. Bova argumentiert in seinem Text „History says atheists just as moral as believers“, dass Atheisten ebenso moralisch seien wie Religionsgläubige. Sein Fazit: „Ich denke, die Geschichte zeigt, dass Atheisten genauso moralisch sein können wie Gläubige. Das sagt nicht so viel, wenn man bedenkt, wie viel Böses von Männern und Frauen begangen wurde, die sich zum Glauben an Gott bekennen.“ (Übersetzung FH) Ben Bova hat darüber hinaus mehrere Kommentare zum Zeitgeschehen geschrieben und sich oft in wissenschaftliche und politische Diskussionen der USA eingemischt. Bemerkenswert, und seinen Humor widerspiegelnd, sind seine Texte „Living, and loving, in low gravity“ und „Sex in Space“. Seine Empfehlung: „Wenn Sie Wasserbetten mögen, werden Sie ganz sicher die Schwerelosigkeit lieben.“

Es verwundert nicht, dass in mehreren seiner Grand Tour-Romane das Thema des Glaubens als ein tragendes Element der Erzählung auftaucht. Ben Bova hat in „Jupiter“ (2001) und „Leviathans of Jupiter“ (2011) zwei Erzählungen über die wissenschaftliche Exploration von Lebewesen in einem für Menschen lebensfeindlichen Lebensraum geschrieben. Er konzentriert sich auf die extremen Umweltbedingungen auf Jupiter und beschreibt, wie Menschen solche Extrembedingungen bei der Kontaktaufnahme mit anderen Lebewesen meistern könnten. Die Geschichte des Astrophysikers Grant Archer, der eigentlich Schwarze Löcher und Pulsare studieren möchte, gerät zwischen die Fronten seiner Wissenschaft und der herrschenden religiösen Fundamentalisten der „New Morality“, die ihn als Spion zur Raumstation über dem Jupiter schicken, die von der „International Astronautical Authority“ betrieben wird, um dort Grundstoffe für Fusionsenergie-Generatoren zu gewinnen.

Im zweiten Band stehen die riesigen Lebensformen in den Seen des Jupiters, die „Leviathans“ im Zentrum der Erzählung. Grant Archer ist nun Direktor der Jupiterstation und setzt alles daran, diese geheimnisvollen und vermutlich intelligenten Lebewesen zu erforschen, in einem Lebensraum auf dem Jupiter, der für Menschen vollkommen lebensfeindlich ist. Ben Bova öffnete über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten das Fenster zu den Planeten unserer unmittelbaren Umgebung im All und verstand es wie kaum ein zweiter Autor, die Heldenreise im Weltraum mit Forscherdrang, Erkenntnisinteresse und alltäglichen, auch in der Zukunft noch geltenden menschlichen Eigenschaften zu verbinden wie Ehrgeiz, Ehrgefühl, Solidarität, Neid, Glaubenskonzepten und politischen Absichten. Ben Bova zu lesen bedeutet, die Planeten auf dem jeweils aktuellen Stand der Wissenschaft zu erforschen und das Forscherinteresse der Menschheit im Angesicht ihrer, auch in der Zukunft noch vorhandenen Eigeninteressen, ihrer Normen und Werte zu verstehen. Wir sehen neue Welten und erkennen unsere Eigenheiten. Darin ist Ben Bova wirklich ein Meister.

Ben Bova über die Abwehr von Gammablitzen

In seiner „Star Quest Trilogy“, die aus fünf Büchern besteht, hat Ben Bova über das Phänomen der Gammablitze geschrieben. „New Earth” (2013), „Death Wave” (2015), „Apes and Angels” (2016), „Survival” (2017), „Earth“ (2019).

  • In „New Earth“ (2013) erzählt Ben Bova von der Entdeckung eines erdgleichen Planeten, der fast wie die Erde aussieht, aber von einer kleinen Gruppe intelligenter Lebewesen bewohnt wird, die wie Menschen aussehen. Wer sind diese menschenähnlichen Wesen? Woher kommen sie – und vor allem: ist die neue Erde vielleicht ein Artefakt?
  • In dem Roman „Death Wave“ (2015) leitet Jordan Kell die erste interstellare Mission der Menschheit, die auf einem fernen Planeten die Ruinen einer alten Zivilisation entdeckt. Eine Künstliche Intelligenz hat überlebt und erzählt den Menschen von dem Gammablitz, der mit Lichtgeschwindigkeit vom Schwarzen Loch im Zentrum der Milchstraße ausgeht, der alles Leben auf seinem Weg auslöschen und der in zweitausend Jahren auf der Erde eintreffen wird. Als Jordan Kell und sein Team wieder auf die Erde zurückgekehrt sind, müssen sie feststellen, dass hier eine zweite Welle von durch den Klimawandel hervorgerufenen Erhöhungen des Meeresspiegels ihre Nachrichten von dem Gammablitz in den Hintergrund drängt. Die Menschen wollen von Gefahren, die in zweitausend Jahren auf die Erde zukommen, nichts hören, denn die Bedrohung durch den Klimawandel ist akut. Jordan Kell muss die neuen Regierungen der Erde von der Gefahr der völligen Auslöschung und den nötigen Gegenmaßnahmen überzeugen.
  • In dem Roman „Apes and Angels“ (2016) erzählt Ben Bova, dass die Menschheit mit dem Raumschiff Odysseus, unterstützt durch die Künstliche Intelligenz der als „Vorläufer“ bezeichneten Außerirdischen, ein Team in den interstellaren Raum ausschickt, um die wertvollen intelligenten Außerirdischen zu retten, die auf dem Weg des Gammablitzes von der Auslöschung bedroht sind.
  • In „Survival“ (2017) trifft ein menschliches Team auf ihrer Mission einige hundert Lichtjahre von der Erde entfernt auf eine Zivilisation von Maschinenintelligenzen, die seit Urzeiten existiert, viele Gammablitze überstanden hat und sicher ist, dass diese ihnen nichts anhaben kann. Diese Maschinenintelligenzen sind völlig desinteressiert am Schicksal anderer Intelligenzen im Universum und verweigern jegliche Hilfestellung, egal, ob es sich um biologische oder maschinelle Wesen handelt. Das Team der Menschen wird daran gehindert, den Planeten der Maschinenwesen wieder zu verlassen.
  • In „Earth“ (2019) haben die Maschinenwesen der Menschheit geholfen, die Erde mit einem Schutzschirm zu versehen, der ihren Heimatplaneten gegen den Gammablitz, der aus dem Zentrum der Milchstraße kommt und in zweitausend Jahren auf der Erde eintreffen wird, zu schützen. Die Erde ist zu einem unverwundbaren Paradies geworden. Aber was wird aus den menschlichen Kolonien im Sonnensystem werden? Es kommt zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den Menschen, die auf den neuen Welten leben und denjenigen, die den Heimatplaneten bewohnen.

Fritz Heidorn, Oldenburg

(Anmerkungen: Erstveröffentlichung im Juni 2025, Internetzugriffe zuletzt am 5. Juni 2025, Titelbild: CERN, Large Hedron Collider, View of the LHC tunnel sector 3-4, Maximilien Brice (CERN), Wikimedia Commons – Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0)