Erziehung zum Hass
Was palästinensische Kinder in der Schule lernen
Eine Analyse der heute verwendeten palästinensischen Lehrbücher fördert erschreckende Ergebnisse zutage: bereits Kinder werden systematisch zum Hass auf Israel, zur Lobpreisung antiisraelischer Gewalt und zum unablässigen Kampf gegen den jüdischen Staat erzogen. In diesem Essay geht es um eine Analyse von Schulbüchern, mit denen Kinder in Schulen der palästinensischen Autonomiebehörde (PA) lernen.
Schulbücher der Palästinensischen Autonomiebehörde
In der Europäischen Kommission gab es im Frühjahr 2022 einen ungewöhnlichen Streit um Geld. Umstritten waren nicht etwa Gelder für französische Bauern oder für den Bau von Kernkraftwerken, sondern etwas, das sich zunächst reichlich harmlos anhört: Es ging um Schulbücher. Genauer gesagt: um palästinensische Schulbücher.
214 Mio. Euro waren im EU-Budget 2021 zur Unterstützung der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) vorgesehen, doch geflossen war von dem Geld noch kein Cent. Denn der ungarische EU-Kommissar für Erweiterung und Nachbarschaftspolitik, Olivér Várhelyi, blockierte mit seinem Veto die Auszahlung unter Verweis auf den hochproblematischen Charakter palästinensischer Schulbücher. Die österreichische Tageszeitung „Die Presse“ berichtete über den von ihm angegebenen Grund: „Zahlreiche Bücher in den Fächern islamischer und christlicher Religionsunterricht, Naturwissenschaften, Geschichte und Sozialkunde würden nicht den UNESCO-Standards von Frieden, Toleranz, Koexistenz und Gewaltfreiheit entsprechen.“
Detaillierte Forschungen von israelischen Organisationen wie dem Institute for Monitoring Peace and Cultural Tolerance in School Education (IMPACT-se) und dem Center for Near East Policy Research belegen seit Jahren, wie in palästinensischen Schulbüchern, nicht zuletzt dank europäischer Hilfsgelder, extremistische Narrative propagiert werden, die unter anderem Hetze gegen Juden, Hass auf Israel und die Befürwortung blutiger Gewalt gegen Israelis enthalten sowie jegliche Perspektiven auf eine Friedenslösung ausblenden.
Nach langen Jahren, in denen die EU als wichtigster internationaler Geldgeber der Palästinensischen Autonomiebehörde über die systematische Indoktrinierung palästinensischer Kinder mit derart problematischen Inhalten hinweggesehen hat, kam in der jüngeren Vergangenheit Bewegung in die Sache: Im Jahr 2019 gab die EU eine Studie mit dem Ziel in Auftrag, „mögliche Aufforderungen zu Hass und Gewalt sowie mögliche Verstöße gegen die Standards der UNESCO (Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur) für Frieden und Toleranz in der Bildung“ in palästinensischen Schulbüchern zu identifizieren.
Deutsche Schulbuchforschung hilflos
Beauftragt wurde das Braunschweiger Leibniz-Institut für Bildungsmedien, das Georg-Eckert-Institut (GEI), doch stand die Untersuchung von Anfang an unter keinem guten Stern. In einem Zwischenbericht vom August 2020 zeigten sich die Forscher voll des Lobes für die untersuchten Schulbücher, doch war dieses Urteil, wie der Berliner Tagesspiegel im Oktober 2020 berichtete, auf eine „schwere Panne“ zurückzuführen: Die Verfasser hatten „schlicht das falsche Schulbuch untersucht. Alle fraglichen Beispiele, die für ‚Frieden werben oder Toleranz gegenüber Israelis zeigen‘, stammen nicht etwa aus Lehrbüchern der Palästinensischen Autonomiebehörde, sondern aus Bänden, mit denen arabische Schüler in Ostjerusalem unterrichtet werden. Diese Bücher werden aber vom Staat Israel bezahlt und gestellt.“
Haarsträubende Beispiele für Hetze in tatsächlichen palästinensischen Schulbüchern wurden dagegen ignoriert: „Nicht einmal die Tatsache, dass in einem Buch für Neuntklässler das Verbrennen von Juden durch Molotowcocktails als ‚Barbecue-Party‘ gefeiert wird, ist erwähnt worden.“
Der vom GEI schließlich vorgelegte Endbericht, der im Februar 2021 abgeschlossen worden sein soll, blieb zunächst unter Verschluss und wurde erst nach einigem Tauziehen im Juni 2021 veröffentlicht. Im Tagesspiegel war im Juni 2021 darüber zu lesen: „Die gute Nachricht: Die beteiligten Forscher geben Entwarnung. Die untersuchten Bücher entsprächen den UNESCO-Richtlinien. Die schlechte Nachricht: Es ist nach Lektüre der Studie schwer ersichtlich, wie die Forscher zu diesem Fazit gelangen konnten. (…) Es gibt darin viele zweifelhafte Interpretationen, Auslassungen und andere Unregelmäßigkeiten.“
Marcus Sheff, der als Leiter von IMPACT-se bestens mit palästinensischen Schulbüchern vertraut ist, attestierte der GEI-Studie daher „gravierende Mängel“. Die Forscher „hätten in einigen der untersuchten Bücher Aufhetzung und Antisemitismus ignoriert“, während sie in anderen Fällen offenbar darum bemüht waren, „Entschuldigungen für hasserfülltes Material“ zu finden.
Welche sind nun genau die problematischen Inhalte, mit denen palästinensische Schüler in ihren Lehrbüchern konfrontiert werden? Um diese Frage zu beantworten, hat der österreichische Nahost-Thinktank Mena-Watch insgesamt 128 Schulbücher untersucht, die zwischen 2018 und 2020 von der Palästinensischen Autonomiebehörde herausgebracht wurden. Die Fächer beinhalten u. a. Geschichte, Sozialkunde, arabische Sprache, islamische Erziehung, Mathematik und Chemie. Bei unserer Analyse sind wir auf acht Kernthemen und -bereiche gestoßen, die als überaus problematisch zu charakterisieren sind und deren wichtigste im Folgenden vorgestellt werden. Der Bericht nennt ausgewiesene Belege aus verschiedenen Fächern und mehreren Jahrgangsstufen.
Die Darstellung jüdischer Geschichte
In palästinensischen Schulbüchern wird jeder historische Bezug von Juden zum umstrittenen Land geleugnet. Juden werden historisch wie aktuell auf äußerst negative Art und Weise dargestellt, wobei manifest judenfeindliche Inhalte vermittelt und „jüdisch“ beziehungsweise „zionistisch“ meist synonym verwendet werden.
Unter Rückgriff auf die frühislamische Geschichte und teils gestützt auf Zitate aus islamischen Quellen werden Juden als „Lügner und Betrüger“ charakterisiert, die den Propheten vom rechten Weg abzubringen versucht hätten, für ihre „Sünden“ und „Verfehlungen“ von Allah aber gestraft würden. Aus der Tatsache, so liest man in einem Buch über islamische Erziehung, dass die Juden sich nicht an Vereinbarungen mit dem Propheten gehalten und stattdessen „Verrat, Betrug und Feindseligkeit“ begangen hätten, folge, „dass es für die Muslime notwendig wurde, sie zu bekämpfen“. Die „heuchlerischen“ Juden werden als „Feinde des Islams zu aller Zeit und an jedem Ort“ bezeichnet, die nie damit aufhören würden, mit allen möglichen Methoden gegen den Islam und die Muslime zu kämpfen.
Zu keinem Zeitpunkt habe sich in „Palästina“ jüdische Geschichte ereignet – alle gegenteiligen Behauptungen seien von „Zionisten“, der „zionistischen Besatzung“ oder „zionistischen Banden“ gefälscht worden. Bei allen Zeugnissen jüdischer Geschichte soll es sich um Lügen oder Fälschungen handeln. So auch bei der Westmauer beziehungsweise Klagemauer, dem letzten Überrest der jüdischen Tempel auf dem Tempelberg, die laut einem Schulbuch vielmehr Teil der al-Aqsa-Moschee sei – und diese sei „palästinensisches Land und ein ausschließliches Recht der Muslime“.
Jerusalem, dass schon vor Tausenden Jahren Hauptstadt eines jüdischen Königsreiches war, wird als „arabische Stadt“ präsentiert, „die von unseren arabischen Vorfahren vor Tausenden von Jahren erbaut wurde.“ Von Juden gegründete Orte wie Tel Aviv oder Eilat sind auf Landkarten nicht verzeichnet. Über den Holocaust ist in palästinensischen Schulbüchern buchstäblich nichts in Erfahrung zu bringen.
Da Juden historisch nichts mit dem Land zu tun gehabt hätten, gäbe es nicht den geringsten legitimen Grund für ihre heute Anwesenheit. Ist von ihnen die Rede, so finden sich häufig Bezeichnungen wie „Eindringlinge“, „Fremde“, „Ausländer“ oder „Aggressoren“, zugespitzt in einem Buch, in dem sie „wilde zionistische Banden“ genannt werden, „die aus einer fremden Welt voller Feindseligkeit und Hass auf Araber und Palästinenser kamen und ohne Erlaubnis einmarschiert sind“. Die negativen Charakterisierungen der Juden zur Zeit des Propheten setzen sich umstandslos in der negativen Darstellung der „Zionisten“ fort, denen keine rationalen oder legitimen Absichten zugesprochen werden, sondern die, von Hass motiviert, einzig darauf aus seien, die Palästinenser auszulöschen.
Das Bild, das palästinensischen Schülern von Juden und deren Geschichte vermittelt wird, hat kaum etwas mit der Realität zu tun, ist dafür aber in höchstem Maße verzerrend und dämonisierend, sodass Juden als Gegenüber für Frieden oder auch nur Koexistenz eigentlich nicht infrage kommen. Von objektiven und zutreffenden Informationen, die Schülern laut den oft bemühten UNESCO-Standards für Schulbücher vermittelt werden sollen, kann im Hinblick auf Juden keine Rede sein.
Die praktische Nichtexistenz Israels
Israel existiert in den palästinensischen Schulbüchern praktisch nicht, es ist nicht auf den Landkarten zu finden, auch der Name des Landes findet so gut wie keine Erwähnung (in einigen wenigen Fällen wird Israel in Anführungszeichen genannt, wohl um dessen Illegitimität zu unterstreichen). Auf keiner einzigen der vielen Dutzend Landkarten ist der Staat zu finden, auf keiner einzigen Karte sind jüdische Orte eingezeichnet.
Besonders beunruhigend ist, dass die Schulbücher diesbezüglich im Laufe der Jahre nicht etwa besser, sondern vielmehr deutlich schlechter geworden sind: War Israel in früheren Auflagen der Bücher wenigstens noch auf einigen Karten zu finden, wird der Staat in den heute verwendeten Ausgaben buchstäblich ausgelöscht. Stattdessen wird so getan, als habe der ein Staat „Palästina“, den es bis heute nicht gibt, schon seit langer Zeit existiert. Den Kindern und Jugendlichen wird gelehrt, sich an einer Fiktion zu orientieren, die weder historisch noch aktuell etwas mit der Realität zu tun hat, und in der weder für die Existenz Israels oder das Leben von Millionen jüdischer Israelis noch für etwaige territoriale Kompromisse zwischen den Konfliktparteien Platz ist.
Dass eine solche schulische Erziehung nichts zu friedlicher Koexistenz und gegenseitiger Anerkennung beitragen, versteht sich von selbst. Die nüchterne Bilanz lautet: Fast drei Jahrzehnte nach Beginn des Oslo-Prozesses lehrt die PA den ihr anvertrauten Kindern und Jugendlichen, dass Israel gar nicht existiere und jegliche historische, kulturelle und physische Beziehung der Juden zum Gebiet zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer eine Lüge wäre.
Kein Friedensprozess – keine Erziehung zur Koexistenz mit Israel
Was für die bloße Existenz Israels gilt, trifft auch auf den israelisch-palästinensischen Friedensprozess zu: Er wird weitgehend verschwiegen und auf jeden Fall nicht als positive Entwicklung präsentiert. Und wie schon im Fall der Karten haben sich die Schulbücher auch im Hinblick auf den Friedensprozess im Laufe der Jahre zunehmend radikalisiert.
Erwähnt wird noch das erste Oslo-Abkommen, nach allen weiteren Abkommen und Vereinbarungen, die zwischen Israel und der PLO in den Jahren nach 1993 getroffen wurden, sucht man vergeblich. Nichts findet sich über das sogenannte Gaza-Jericho-Abkommen von 1994, dem die Palästinensische Autonomiebehörde immerhin ihre Existenz verdankt; das Interimsabkommen über das Westjordanland und den Gazastreifen von 1995 (oft auch Oslo-II-Abkommen oder Abkommen von Taba genannt), mit dem das Westjordanland in drei Zonen mit unterschiedlichen Zuständigkeiten geteilt wurde und seit dem über 90 Prozent der Palästinenser unter palästinensischer Kontrolle leben; das Hebron-Protokoll von 1997, mit dem geteilte Zuständigkeiten in der größten Stadt des Westjordanlands geregelt wurden; oder das Wye-Abkommen von 1998, das einen weiteren israelischen Teilabzug und die Übertragung zusätzlicher Gebiete in die Verwaltung der PA beinhaltete.
Auch internationale Bemühungen im Friedensprozess werden von heutigen palästinensischen Schulbüchern, im Gegensatz zu früheren Ausgaben, konsequent verschwiegen. In ihnen gibt es weder die Friedensverhandlungen in Camp David unter der Schirmherrschaft von US-Präsident Bill Clinton (2000) noch die „Roadmap to Peace“ des sogenannten Nahost-Quartetts (2003) oder die Annapolis-Konferenz unter US-Präsident George W. Bush (2007).
Totgeschwiegen wird darüber hinaus auch der Friedensvertrag zwischen Israel und Jordanien, der 1994 als Folge des Friedensprozesses geschlossen wurde. Nicht komplett ausgelassen wird dagegen der ägyptisch-israelische Friedensvertrag von 1979 – um Ägypten für den Friedensschluss zu kritisieren.
Aus den Schulbüchern wird deutlich, dass Frieden oder auch nur Koexistenz mit Israel schlicht keine angestrebten Ziele der palästinensischen Führung (mehr?) sind. Frieden wird zwar als ein Ideal präsentiert, aber nur in einem ganz allgemeinen Sinn und nicht mit Bezug auf Israel und den palästinensisch-israelischen Konflikt. Genauso, wie es Bekenntnisse zu universellen Menschenrechten und zu religiöser Toleranz gibt, aber diese Werte an den entsprechenden Stellen nie mit Israel in Verbindung gebracht werden: Israelis haben keine Menschenrechte, und Toleranz gibt es ihnen gegenüber nicht.
Dass der Konflikt mit Israel auf friedlichem Wege durch die Verwirklichung einer Zweistaatenlösung beendet werden könnte, existiert in den aktuellen Schulbüchern nicht. Statt auf Verhandlungen und Kooperation zu setzen, wird die Notwendigkeit des Kampfes gegen den umfassend dämonisierten „zionistischen Besatzer“ bis zur vollständigen „Befreiung“ Palästinas gelehrt. Alternativen dazu kommen nicht vor.
Lob der Gewalt gegen Israel und der „Märtyrer“
Angesichts der Delegitimation und Dämonisierung Israels wird kaum noch überraschen, dass die untersuchten palästinensischen Schulbücher anti-israelische Gewalt glorifizieren und zum Dschihad für die „Befreiung Palästinas“ aufrufen, der die Pflicht jedes Moslems wäre. Das „Martyrium“ im Kampf gegen Israel wird als besonders vorbildlich und gottgefällig gepriesen.
Bemerkenswert ist, dass die palästinensischen Schulbücher nicht nur eine generelle Befürwortung des Kampfes gegen Israel propagieren, sondern unter den zahlreichen Terroranschlägen, die von den Teilorganisationen der PLO seit Ende der 1960er Jahre auf der ganzen Welt verübt wurden, ausgerechnet einige der blutigsten als hervorstechende Bestandteile der heldenhaften Geschichte des Kampfes gegen die „Zionisten“ bejubeln.
Der „Widerstand“, so lehrt etwa ein Geschichtsbuch, habe sich vieler Methoden bedient, um die „zionistische Besatzung“ zu bekämpfen. Dazu habe der langjährige „Guerillakampf“ ebenso gehört wie der Versuch, „zionistische Interessen im Ausland zu treffen, wie zum Beispiel bei der Operation in München im Jahr 1972“. Gemeint ist hier die Geiselnahme im Olympischen Dorf am 5. September 1972, bei der elf Mitglieder des israelischen Olympiateams ermordet und ein deutscher Polizeibeamter bei dem gescheiterten Befreiungsversuch starb.
Besonders hervorgehoben wird auch das Blutbad, das palästinensische Terroristen am 17. Dezember 1973 am Flughafen von Rom anrichteten. Diese „Operation gegen zionistische Ziele“, wie das Schulbuch das Blutvergießen nennt, kostete 34 Menschen das Leben, die nichts mit Israel und dem palästinensisch-israelischen Konflikt zu tun gehabt hatten. In keinem der palästinensischen Schulbücher findet sich auch nur ein einziges Wort der Kritik an den zahlreichen, durch nichts zu rechtfertigenden Attacken auf unbeteiligte Zivilisten in aller Welt.
Die Glorifizierung des blutigen Terrors und die Verehrung der darin involvierten Mörder findet ihren Höhepunkt in der Lobpreisung von Dalal al-Mughrabi, die am 11. März 1978 den bis zu diesem Zeitpunkt schwerwiegendsten Terroranschlag in Israel anführte. Beim sogenannten Küstenstraßen-Massaker wurden 37 israelische Zivilisten getötet, darunter zehn Kinder; 76 weitere Personen wurden verletzt.
In einem Arabisch-Lehrbuch ist über einem großen Porträtfoto al-Mughrabis zu lesen: „Unsere palästinensische Geschichte ist voll von Namen von Märtyrern, die ihr Leben für das Vaterland geopfert haben. Unter ihnen ist die Märtyrerin Dalal al-Mughrabi, die mit ihrem Kampf ein Bild der Herausforderung und des Heldentums gezeichnet hat, das ihr Andenken in unseren Herzen und Köpfen unsterblich gemacht hat.“ Zwei Seiten weiter werden die Mitglieder des Terrorkommandos ausdrücklich als „Helden“ bezeichnet. In einem Sozialkundelehrbuch wird al-Mughrabi als prominentes Beispiel für die Frauen präsentiert, die „die Fahne des Widerstands und der Befreiung im Angesicht des Kolonialismus“ getragen hätten. Die Mörder verdienten es, als „Helden bezeichnet und von der Geschichte verewigt zu werden (…). Ein Hoch auf sie und nieder mit den Feiglingen!“
Extremistische Mathematik
Wie umfassend die Indoktrination mit Hass und Gewalt ist, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass sie sich keineswegs auf Fächer wie Geografie, Geschichte, Sozialkunde oder den islamischen Religionsunterricht beschränkt, in denen der Konflikt mit Israel naheliegenderweise eine Rolle spielt und auf die eine oder andere Art erörtert werden muss. Denn die systematische Erziehung zum Hass findet sich in Mathematik-Lehrbüchern und in naturwissenschaftlichen Fächern, in denen – so könnte man annehmen – Politik eigentlich keine Rolle spielen sollte.
Im Mathematikbuch für die vierte Schulstufe etwa findet sich neben einem Foto, auf dem mehrere in palästinensische Flaggen gehüllte Särge von einer Menschenmenge getragen werden, folgendes Beispiel: „Die Zahl der Märtyrer der Ersten Intifada (der Intifada der Steine) beträgt 1.392, die Zahl der Märtyrer der Al-Aqsa-Intifada beträgt 4.673. Die Zahl der Märtyrer in den beiden Intifadas zusammen beträgt ______ Märtyrer.“
Die „Märtyrer“ spielen auch im Statistikunterricht der neunten Schulstufe eine Rolle, in dem die Schüler Häufigkeiten in eine Tabelle eintragen sollen: „Der Bezirk Jerusalem ist der ständigen Gewalt der israelischen Besatzung gegen die heiligen Stätten des Islam und gegen die palästinensische Bevölkerung ausgesetzt, was zum Verlust von Eigentum und Menschenleben führt. Die Zahl der Märtyrer im Bezirk Jerusalem im Zeitraum von 1994 bis 2015 beträgt laut dem Palästinensischen Zentralamt für Statistik 156 Märtyrer. Die Zahl der Märtyrer ist nach Jahren wie folgt aufgeteilt (…).“
Rechnen lernen die Schüler nicht nur anhand der Zahl von „Märtyrern“, auch palästinensische Gefangene in israelischen Haftanstalten sind beliebte Beispiele. In der dritten Klasse lautet eine Aufgabe: „2014 war die Zahl der Häftlinge 6.500, 2015 waren es 6.800. In welchem Jahr war die Zahl der Häftlinge größer?“
Auch in der elften Klasse dienen palästinensische Gefangene als Rechenbeispiel: „Wenn es 2009 im Mejdo-Gefängnis 640 Betten mehr gab als im Nafha-Gefängnis und die Gesamtzahl der Häftlinge 2.240 betrug, wie viele Häftlinge gab es in diesem Jahr pro Gefängnis?“
In der elften Klasse lernen die Kinder mit folgendem Beispiel die Lösung von Gleichungen mit einer Variablen:
„Die Abraham-Moschee [in Hebron] ist eines der wichtigsten religiösen Wahrzeichen in Palästina. Sie wird mit einem der Massaker der zionistischen Besatzung in Verbindung gebracht, dessen Opfer 180 Gläubige waren, darunter Märtyrer und Verwundete.
Berechne die Zahl der Märtyrer und Verwundeten des Massakers, wenn bekannt ist, dass die Zahl der Verwundeten fünfmal so hoch ist wie die Zahl der Märtyrer. Nehmen wir an, dass die Anzahl der Märtyrer des Massakers X Märtyrer ist.
Die Zahl der Opfer des Massakers in Form von X = ______.
Die Anzahl der Märtyrer des Massakers und der Verwundeten in Bezug auf X ist 6X. Warum?
Anzahl der Märtyrer beim Massaker = _____.
Anzahl der Verwundeten des Massakers = _____.“
Auch im Physik-Unterricht wird auf Gewalt verherrlichende Beispiele zurückgegriffen, um physikalische Gesetze zu erklären. Physik wird geradezu zur Waffenkunde. In einem Buch für die siebte Klasse wird als Erläuterung des Zweiten Newtonschen Gesetzes eine Zeichnung eines vermummten Palästinensers zu finden, der mit einer Steinschleuder auf heranstürmende Soldaten zielt. Die Schüler werden aufgefordert, folgende Fragen zu beantworten: „Welchen Zusammenhang gibt es zwischen der Dehnung des am Ast befestigten Gummibandes und der Stärke der Spannung, die auf es wirkt? Welche Kräfte wirken auf den (geschossenen) Gegenstand, nachdem er sich vom Ast und der Feder (dem Gummiband) gelöst hat?“
Etwas anspruchsvoller ist die Aufgabe in einem Schulbuch der zehnten Klasse: „Ein junges Mädchen verwendet eine Schleuder (einen mit einer Schnur verbundenen Stein) gegen ein bestimmtes Ziel. Nehmen wir an, die Länge der Schnur sei X, die Geschwindigkeit bei der Freigabe des Steins sei Y und die Zentripetalbeschleunigung sei Z. Wenn das junge Mädchen die Geschwindigkeit der Rotation der Schleuder verdoppelt, aber der Radius konstant bleibt, welchen Wert wird die Beschleunigung Z haben:
- Z
- 0,5Z
- 2Z
- 4Z“.
Auch in anderen naturwissenschaftlichen Fächern wird vergleichbar verfahren: Israel wird für Anomalien bei palästinensischen Föten genauso verantwortlich gemacht wie für (absichtlich verursachte) Umweltverschmutzung und -zerstörung, Wassermangel, Strommangel und allgemein für die Schädigung palästinensischer Ressourcen.
In all diesen Fällen, in allen Fächern und Schulstufen wird den Schülern eine Welt präsentiert, die samt und sonders durch den Konflikt mit dem als absolut böse dargestellten Israel und durch Gewalt geprägt wird.
Ein erschreckendes Ergebnis
Die Ergebnisse unserer Analysen sind erschreckend: All das, was heutige palästinensische Schulbücher charakterisiert – von der Leugnung jeglichen Bezugs der Juden zu Palästina über die Negierung und Delegitimierung des Staates Israel sowie die Ablehnung von Frieden und Koexistenz bis zur Lobpreisung von Gewalt und blutigem Terror – entspricht eins zu eins der Ideologie, die bereits die Charta der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) in den 1960er Jahren ausmachte.
Als die PLO-Charta vor mehr als fünfzig Jahren niedergeschrieben wurde, war die PLO noch kein anerkannter und als legitim erachteter internationaler Akteur, sondern nur der Dachverband einer Reihe von palästinensischen Terrororganisationen, die sich allesamt dem bewaffneten Kampf zur Vernichtung des jüdischen Staates verschrieben hatten und gerade damit begannen, sich mit blutigen Terroranschlägen auf der internationalen Bühne einen Namen zu machen.Analysiert man nüchtern, was palästinensische Kinder in der Schule lernen, so scheinen all die Behauptungen Makulatur, die besagen, dass die PLO sich seit den 1960er Jahren fundamental geändert, Israel anerkannt, der Gewalt abgeschworen, ihre kriegerische Charta adaptiert und sich auf den Weg zum Frieden, zum Ausgleich und zur Koexistenz mit Israel begeben habe. Buchstäblich nichts davon findet in den heutigen Schulbüchern der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) Niederschlag.
Der Unterschied ist allerdings offensichtlich: Die Autonomiebehörde wird mit Hunderten Millionen Dollar jährlich von der Europäischen Union finanziert. Die EU und ihre Mitgliedsstaaten sind seit rund dreißig Jahren die mit Abstand größten Geldgeber der PLO beziehungsweise der PA. Dazu kommen Dutzende Millionen, die der UNRWA gezahlt werden, dem allein für Palästinenser zuständigen Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (im UNRWA-Budget des Jahres 2021 waren es beispielsweise 114 Millionen Dollar von der EU und noch einmal über 20 Millionen allein von Deutschland).
So finanzieren diese Gelder ein palästinensisches Schulsystem, in dem die ihm anvertrauten (oder müsste man sagen ausgelieferten?) Kinder systematisch zu Hass auf Israel und zu Gewalt gegen die „zionistisch-jüdische Besatzung“ erzogen werden. Während europäische Politikerinnen und Politiker sich in Sonntagsreden zum Frieden und zur Sicherung der Existenz Israels bekennen – Stichwort: „Staatsräson“ –, schütten sie gleichzeitig Jahr für Jahr Gelder aus, mit denen die – vermeintlich moderate – Führung der Palästinensischen Autonomiebehörde am exakten Gegenteil arbeitet.
Florian Markl, Wien
Zum Weiterlesen:
- Den ausführlichen Bericht über die diesem Essay zugrundeliegende Untersuchung mit zahlreichen weiteren Zitaten und Beispielen können Sie hier abrufen: „Erziehung zum Hass. Eine Analyse palästinensischer Schulbücher“.
- Shulamit Volkov, Antisemitismus als kultureller Code, München, C.H. Beck’sche Verlagsbuchhandlung (Oscar Beck), 1990, Zweite, durch ein Register erweiterte Auflage 2000.
- Alex Feuerherdt, Florian Markl, Vereinte Nationen gegen Israel – Wie die UNO den jüdischen Staat delegitimiert, Leipzig, Hentrich & Hentrich, 2018.
- Alex Feuerherdt, Florian Markl, Die Israel-Boykottbewegung – Alter Hass im neuen Gewand, Leipzig, Hentrich & Hentrich, 2020.
- Julia Bernstein, Israelbezogener Antisemitismus – Erkennen – Handeln – Vorbeugen, Weinheim / Basel, Beltz Juventa, 2021.
Die genannten Bücher sind auch Gegenstand verschiedener Essays und Rezensionen im Demokratischen Salon.
(Anmerkungen: Florian Markl ist wissenschaftlicher Leiter des Wiener Nahost-Thinktanks Mena-Watch. Erstveröffentlichung im Demokratischen Salon im April 2023, Internetzugriffe zuletzt am 22. März 2023. Das Titelbild zeigt die Westmauer bzw. Klagemauer in einer Darstellung eines Buches für das Fach „Islamische Erziehung“, es trägt die Unterschrift: „Palästinensisches Land und ein ausschließliches Recht der Muslime“.)