In den besten Familien
Ein Gespräch mit dem Journalisten und Filmemacher Manuel Gogos
„Ich kenne einen Türken, der eigens aus Konstantinopel nach Berlin gekommen ist, um eine richtige Anschauung von einem Harem zu gewinnen. Er schwor, dass es in Konstantinopel lange nicht so türkisch zugehe.“ (Joseph Roth)
Joseph Roth schrieb diese Sätze im Jahr 1920, wie man unschwer an der Bezeichnung der genannten türkischen Stadt merken mag. Zitiert werden diese beiden Sätze in dem österreichisch-französischen Tagungsband „Joseph Roth – Städtebilder – Zur Poetik, Philologie und Interpretation von Stadtdarstellungen aus den 1920er und 1930er Jahren“, der im Jahr 2016 im Berliner Verlag Frank & Timme erschien (Herausgeber*innen waren Stéphane Pesnel, Erika Tunner, Heinz Lunzer und Victoria Lunzer-Talos). Die beiden Sätze kommentiert Lukas Waltz in seinem Beitrag zu diesem Band: „Wie türkisch es bei Berliner Türken zugeht, erfährt der Leser in der Folge: Der Besitzer des besagten Lokals ist Jude, zum Gruß sagt er ‚was ein Türke sagen muss, nämlich: Salem Aleikum!‘ Seine Tochter ist mit einem (…) preußischen Wachtmeister verheiratet. Und um Mitternacht sperrt seine Frau, die Wirtin, das Lokal zu ‚(u)nd sagt, was jede Türkin sagen muss, nämlich: Addjäh! (…) Daraus erhörte ich, dass sie aus Leipzig stammt.“
Joseph Roth beschreibt multikulturelle Wirklichkeiten avant la lettre. Die gab es also schon in den 1920er Jahren und davor. Berlin war eine der Städte, in denen sich Menschen unterschiedlicher Nationalitäten, mit unterschiedlichen Muttersprachen oder wie man heute so gerne sagt, unterschiedlicher „kultureller Herkunft“ begegneten, Familien gründeten, mal unter sich blieben, sich aber in der neuen Heimat auch für neue Welterfahrungen öffneten, sich integrierten oder assimilierten.
Die Familie des Autors und Journalisten Manuel Gogos war ebenfalls eine solche Familie, etwas mehr als 40 Jahre später. Sein Vater war Grieche und kam im Rahmen eines der damals von der Bundesrepublik Deutschland angesichts des hohen Arbeitskräftemangels geschlossenen Anwerbeabkommen als Gastarbeiter nach Deutschland, wo er eine deutsche Frau heiratete. Passend zu dieser Geschichte hat Manuel Gogos sein journalistisches Unternehmen ganz bewusst „Agentur für Geistige Gastarbeit“ genannt. Er war 30 Jahre lang maßgeblich an der Konzeption des ersten und bisher einzigen Migrationsmuseums in Deutschland, DOMiD in Köln, beteiligt. Den Werdegang des Konzepts von DOMiD beschrieb er in seinem Buch „Das Gedächtnis der Migrationsgesellschaft“ (Bielefeld, transcript, 2021). In dieser und in vielen anderen Ausstellungen thematisiert er immer wieder die zentrale Frage der „geteilten Erinnerung“, so beispielsweise Erinnerungen und Leben der „Griechen von Kettwig“. In anderen Dokumentationen beschrieb er beispielsweise die Folgen der Klimakrise auf die Schwammtaucher der griechischen Insel Kalymnos sowie die unterschiedlichen Erinnerungen der Herero und der in Namibia lebenden Deutschen etwa 100 Jahre nach dem dortigen Genozid.
Manuel Gogos macht Dokumentarfilme und Features für den Hörfunk, in denen immer wieder Konfrontationen thematisiert werden, wie sie sich ergeben, wenn sich Menschen mit geographisch weit auseinanderliegenden Herkünften begegnen. Diese Begegnungen sind ja – wie wir alle wissen, auch wenn wir es nicht immer gerne sagen – mitunter auch – vorsichtig gesprochen – recht konfliktreich, wobei er sagt, dass er eher für die „Migration Love Story“ als für den „Clash of Cultures“ stehe.
Väter und Söhne
Norbert Reichel: Sie sind von Haus aus Literaturwissenschaftler. Sie haben Germanistik studiert und eine Dissertation zu einem komparatistischen Thema verfasst (Manuel Gogos, Philip Roth & Söhne – Zum jüdischen Familienroman, Hamburg, Philo & Philo Fine Arts / Europäische Verlagsanstalt, 2005).
Manuel Gogos: Eingereicht hatte ich meine Doktorarbeit in der Germanistik. Sie war komparatistisch ausgerichtet, ich habe mich wesentlich mit dem amerikanisch-jüdischen Kontext beschäftigt, ausgehend von Philip Roth, dies aber dann auch wieder auf den deutschen Kontext bezogen. Meine Doktormutter war Hiltrud Gnüg sel.A., eine Bonner Germanistin. Sie hat die Arbeit angenommen und ich kann mich erinnern, dass sie sich bei dem Gutachten die Haare gerauft hat, denn es sei keine übliche analytische Arbeit gewesen, wie man sie im akademischen Kontext erwarten würde. Sie verglich meine Arbeit mit dem essayistischen Charakter der „Männerfantasien“ von Klaus Theweleit. Ich empfand das als Kompliment.
Norbert Reichel: Ist es auch. Ich habe zur Vorbereitung unseres Gesprächs Ihre Arbeit gelesen. Bei der Lektüre fiel mir auf, dass Sie einige Mythen dekonstruiert haben, die die Aufarbeitung der Shoah gerade in der zweiten Generation beeinflussen. Sie haben die Arbeit in vielen Teilen psychoanalytisch angelegt, sich von psychoanalytischen Autor*innen inspirieren lassen. Der Ödipus-Mythos spielt eine Rolle, ebenso die Abraham-Isaak-Geschichte, auch Ikarus. Es geht immer um Väter und Söhne. Ich habe mich gefragt, warum Töchter nur am Rande vorkommen, keine Judith, keine Esther, keine Ruth?
Manuel Gogos: Unbedingt. Zuletzt habe ich im WDR 3 ein einstündiges Feature über Barbara Honigmann gemacht. Es ist schon so, dass die Töchter in meiner Doktorarbeit nur am Rande vorkommen, beispielsweise auch Barbara Honigmann, denn ich habe mich auf Philip Roth, Maxim Biller und andere konzentriert, und da spielen die Geschichten des Vatermords durch die Sohneshorde, die sich des Übervaters entledigen will, ganz im Sinne von Freuds „Totem und Tabu“, die zentrale Rolle. Ähnlich wie bei Franz Kafka und seinem „Brief an den Vater“. Das ist der Kern der Arbeit. Es gibt natürlich blinde Flecken, auf die ich heute – nach 20 Jahren – auch nicht stolz bin. Es ging damals eben um das Bild eines männlich dominierten Teils der Kernfamilie, um das Aushandeln in diesem Treibhaus der Affekte. Heute wurde man diese Konstellation von Vater, Mutter, Sohn vielleicht als reaktionäres Familienbild bezeichnen. Damals standen Sigmund Freud und Harold Bloom im Vordergrund, die den Korpus von Büchern bestimmten, über die ich mich dann gebeugt habe.
Norbert Reichel: Sie zitieren neben Freud einige französische Analytiker, nicht zuletzt den „Anti-Ödipus“ von Félix Guattari und Gilles Deleuze, die das Papa-Mama-Kind-Drama der kleinbürgerlichen Familie, wie sie sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts präsentierte, als Ausgangspunkt der freudianischen Psychoanalyse beschrieben und ihr das Modell der „Schizo-Analyse“ entgegenstellten.
Manuel Gogos: Guattari und Deleuze versuchen – wenn man in einer psychoanalytisch inspirierten Literaturwissenschaft innerhalb des Dispositivs des Ödipus-Komplexes bleibt – eben dieses Bild der Kernfamilie zu sprengen, weil sie es für reaktionär halten, für ein urbürgerliches Modell einer Gesellschaftsordnung und Erzählweise. Ehrlich gesagt: ich lese Freud nicht als Psychoanalytiker, sondern als fiktive Literatur. Auch Guattari und Deleuze sind für mich Spielmaterial. Es ist ein großes Spiel innerhalb der Literaturwissenschaft mit der Literaturwissenschaft. Aber manchmal – und so ist das eigentlich die Regel in meiner heutigen Arbeit – erwächst aus dem Phantasmagorischen eine neue Realität. „Fiktionen sind nicht alles, was aus Fiktionen erwächst“, hab ich mal geschrieben.
Die erweiterte Familie – Anker in der Diaspora
Norbert Reichel: Ich denke, Film- und Literaturanalysen werden uns helfen, das zu verstehen, was Sie das „Fantasmagorische in der Realität“ nennen. Familie ist ein Ort des Überlebens, gerade in einer Diaspora-Situation. Das ist bis heute im Judentum so. Die Familie, der Schabbat, das gemeinsame Essen am Vorabend, das gemeinsame Seder-Mahl stehen im Mittelpunkt. Auch Israel ist so etwas wie eine große Familie, in der man sich sicher fühlen kann.
Manuel Gogos: Das sehe ich genauso. Die Familie ist in der Diasporasituation die entscheidende Stätte, in der jüdische Identität weitergegeben werden kann. Wo auch sonst? Der heilige, der religiöse Ort ist die Familie. Selbst dann, wenn man am liebsten aus dem Judentum aussteigen, mit ihm brechen will, gilt dies. Kafka sagt, aus der Familie könne man nicht austreten. In der Familie und im Bruch mit der Familie finden wir Aushandlungs-, Reibungsprozesse, all das, was Identität schafft, dekonstruiert und wieder neu konstituiert.
Norbert Reichel: Gibt es da nicht auch Parallelen zur Migrationsgeschichte? Wir sprachen darüber, als wir uns zuletzt in Bonn in einem Café trafen. Die Familie ist im unbekannten Land der Ort, in dem man die anderen Menschen kennt, die füreinander einstehen. Im weiteren Sinne gehören alle dazu, die eine ähnliche Herkunft haben.
Manuel Gogos: Die erweiterte Familie, das Belonging. Man kann diesen Ansatz aus der Diasporaforschung in die Migrationsforschung übertragen. Das gilt auch für meine eigene Biographie. Über die Beschäftigung mit der jüdischen Diaspora stellte ich fest, dass das auch meine Geschichte sein könnte. Angesichts der griechischen Herkunft meines Vaters. Diese ständige Frage nach der eigenen Identität, die sich daran entzündet, dass man ständig spürt, dazuzugehören und doch nicht dazuzugehören. Das habe ich dann beim amerikanischen Judentum untersucht, weil Jüdinnen*Juden in Amerika einmal natürlich Amerikaner*innen sind, andererseits aber auch Jüdinnen*Juden, und natürlich auch noch ganz viel anderes. Auch für deutsche Einwanderer in den USA oder griechische oder türkische oder spanische Gastarbeiterfamilien in Deutschland gilt das.
Norbert Reichel: Das spielt dann auch in den Filmen eine tragende Rolle, die die Geschichte einer Einwanderung erzählen. Ich denke beispielsweise an die italienische Community in einem Epos wie „The Godfather“, die Famiglia beziehungsweise die fünf Familien. Probleme regelt man untereinander, auch gegeneinander. Im Grunde das Modell der sogenannten „Clans“. Damals die Italiener, heute die Araber. Robert Fuchs wies mich in unserem Gespräch über DOMiD auf das Buch „How The Irish Became White“ von Noel Ignatiev hin. Der passende Film dazu wäre vielleicht „Gangs of New York“. Wenn man in US-Staaten wie Wisconsin fährt, entdeckt man Orte wie „New Glarus“, „Rhinelander“ und überall gibt es ein „German Gemuetlichkeitsfest“ oder etwas vergleichbar Schweizerisches. Die Frage ist berechtigt, wo Identitätssuche aufhört und Folklore anfängt. Wenn man sich zur Mehrheitsgesellschaft zugehörig fühlt, erübrigt sich vielleicht ein großer Teil der identitätsstiftenden Bedeutung der Herkunft der Familie aus einem anderen Land oder Kulturkreis und es bleibt die Folklore. Aber nach wie vor: Familie ist eine Art Anker.
Manuel Gogos: Sicherlich ein Anker, ein Rückhalt, in den man sich flüchten kann, ein Refugium, eine Zuflucht, in die man sich zurückziehen kann. Es kann natürlich auch ganz anders wirken, dass man nämlich aus dem Familienkreis nicht entlassen wird, dass man viel stärker in der Tradition, in der Sprache des früheren Kulturkreises gehalten wird. Dann wird eine zu große Annäherung an die amerikanische oder auch an die deutsche Kultur als ein Verrat am Judentum, am Griechentum, an der Familie gebrandmarkt.
Norbert Reichel: Damit sind wir bei den Amish-People oder den Satmarer Juden in Williamsburg?
Manuel Gogos: Und bei streng islamischen bis islamistischen Familien in Deutschland oder in Frankreich. Da gibt es Familien, in denen die Mädchen zu Hause das Kopftuch tragen, das sie dann, sobald sie das Zuhause verlassen, abnehmen. Auf der Schwelle kann es zu einer Art Doppelleben kommen. Aber so schillernd sind eben „Identitäten“ (von denen man eigentlich immer im Plural sprechen sollte). Hinzu kommt, dass oft die jüngeren Familienmitglieder für die älteren übersetzen müssen. In meiner Familie gab es dieses Problem nicht. Mein Vater sprach perfekt deutsch. Er hat sich auf die deutsche Gesellschaft eingelassen und manches Griechische an den Nagel gehängt und sich im Grunde neu erfunden. Er war zwar ein Grieche in Deutschland. Aber eher ein Einwanderer wie man sie in den USA kennt: Ich heiße jetzt nicht mehr Leonidas, ich heiße jetzt Leo. Das ist einfacher für die Leute hier.
Norbert Reichel: In den Diskursen über Integrationspolitik gibt es all diese Vereinfachungen: da wird von „Parallelgesellschaften“, von „Ghetto-Bildung“ geredet, manche Familien werden als „Clans“ bezeichnet, Subtext und nicht nur dieser: das sind Kriminelle. Und manche Politiker*innen tun nach wie vor so, als gäbe es nur ein Entweder-Oder, aber niemals ein Sowohl-Als-Auch. Dann bleiben viele Menschen zwischen den Welten gefangen. Aus der einen Welt kommen sie nicht richtig heraus, in die andere nicht richtig hinein. Es ist schon eine größere Anstrengung erforderlich, sich in beiden Welten gleichermaßen frei zu bewegen.
Manuel Gogos: Es gibt Wissenschaftler*innen, auch Soziolog*innen, die auch mal von Familialismus als Ressource sprechen, ihn nicht nur kritisch sehen, dass man das auch von Einwanderer*innen lernen kann, in einer atomisierten Gesellschaft auch noch andere Loyalitäten pflegen und behaupten kann. Geprägt hat den Begriff des Familismus oder Familialismus meines Wissens Gisela Notz (Kritik des Familismus. Theorie und soziale Realität eines ideologischen Gemäldes, Stuttgart, Schmetterling-Verlag, 2015).
Es gibt eben verschiedene zwischenmenschliche Beziehungen, die einer*einem etwas bedeuten. Es tut einer Gesellschaft gut, wenn es die familiären Keimzellen gibt, die das Ganze auch irgendwo und irgendwie zusammenhalten. Gleichzeitig kann die Familie natürlich zu einem Unterdrückungs- und Erpressungssystem werden. Thema in meiner Doktorarbeit war auch der Tod der Familie, der Familie als der Ort, von dem man sich freisprengen muss, damit man sich nicht andauernd rechtfertigen muss für das, was man ist oder tut, in der die Familie so etwas ist wie ein allwissendes Auge Gottes, das alles sieht und bewertet, billigt oder verdammt. Das Klischee-Bild der jüdischen Mamme gehört beispielsweise in diese Kategorie.
Norbert Reichel: Das ist ja auch ein Running Gag in der jüdischen Community, beispielsweise in den Comics von Ben Gershon mit der Hauptfigur des Jewy Louis, in der Jüdischen Allgemeinen jede Woche auf der letzten Seite zu finden (als Bücher im Ariella-Verlag erhältlich). Das hat auch eine komische Seite und ist bei Weitem nicht nur Galgenhumor der armen unterdrückten jungen Männer, für die die Mamme möglichst schnell eine gute jüdische Ehefrau sucht. Andererseits gibt es auch die große Beachtung, die die Netflix-Serie „Unorthodox“ und das vorangegangene Buch von Deborah Feldman in Deutschland fanden. Im Mittelpunkt steht hier eine junge Frau.
Manuel Gogos: Die Serie „Unorthodox“ sehe ich kritisch. Ich finde, dass die Serie sehr klischiert. Natürlich gibt es diese Spielarten im orthodoxen Judentum. Das Buch ist wohl differenzierter. Viel intelligenter finde ich eine Serie wie Shtisel, auch bei Netflix, in der man sich dem orthodoxen Judentum mit einem ganz anderen Blick nähert, einen Innenblick in eine orthodoxe Familie, wo man erlebt, was geschieht, wenn sich jemand aus der eigenen Blase herausbewegt, in der man aber immer merkt, dass es Menschen sind, die damit ringen, die religiösen Regeln in ihr Leben zu übersetzen, und eben keine Monster, wie sie in „Unorthodox“ aus der Außenperspektive erscheinen.
Mütter, Töchter und Kopftücher
Norbert Reichel: Out of the record: eine der besten israelischen Serien ist für mich „Mafia Queens“, Originaltitel „Malkot“ (bei arte in der Mediathek). Da haben Sie sämtliche Klischees in satirischer Umkehrung. Der Pate wird mit fast allen männlichen Mitgliedern der Familie Malka umgebracht und die Frauen der Familie müssen sich gegenüber den anderen Männer-Mafia-Gruppen behaupten. Das tun sie, obwohl sie sich ständig streiten, weil jede eine andere Agenda hat, aber irgendwie dann doch gemeinsam den großen Coup landen. Ich verrate nicht welchen. Aber wir müssen wohl die Geschichte etwas umschreiben. Und die Mutter, gespielt von der israelisch-iranischen Sängerin Rita Farouz, ist eine wunderbare Variante der jüdischen Mamme, eigentlich das genaue Gegenteil und dennoch ist sie eine.
Vielleicht schauen wir einmal auf die muslimischen Familien. In Deutschland und in anderen westlichen Ländern werden Menschen mit einer türkischen, kurdischen, iranischen, palästinensischen, arabischen Familiengeschichte durchweg als Muslim*innen gelesen, obwohl viele gar keine sind, sondern beispielsweise Christ*innen, Jesid*innen oder auch einfach säkular. Hier vereinfacht der Blick der Mehrheitsgesellschaft sehr und schafft damit auch viel Unheil. Darüber hinaus hat sich eine Spielart sogenannter „Islamkritik“ eingebürgert, in der in Talk-Shows entweder besonders konservative Muslim*innen, Männer mit sehr langem Bart oder Frauen mit Kopftuch, eingeladen werden oder eben als Kontrastprogramm diejenigen, die wie beispielsweise Ahmed Mansour oder Seyran Ateş von der anderen Seite her gegen den in der Öffentlichkeit angenommenen Mainstream der Muslim*innen in Deutschland argumentieren. Dazwischen scheint es nichts zu geben.
Manuel Gogos: Dazu gehört das Bild, dass alle jungen Frauen, die ein Kopftuch tragen, von ihrer Familie, vor allem den Vätern, unterdrückt würden. Das ist das Bild, das die deutsche Mehrheitsgesellschaft gerne hören will, weil sie es sich auch gar nicht anders vorstellen kann. Unterschätzt wird oft genug das heimliche Matriarchat in migrantischen Communities, auch hierzu ein exemplarischer Film: „My Fat Greek Wedding“. Dem Patriarchen muss eigentlich nur das Gefühl gegeben werden, dass er die Entscheidungen trifft, doch in Wirklichkeit haben Mutter und Tochter alles ausbaldowert und geben ihm einfach nur ein gutes Gefühl, um ihre Agenda durchzusetzen. Solche Mechanismen gibt es überall, natürlich auch in muslimischen Familien. Wenn Frauen in der Öffentlichkeit nicht in Erscheinung treten, heißt das noch lange nicht, dass sie keinen Einfluss haben.
Hier machen wir aber auch ein neues Fass auf, gerade beim Thema Kopftuch, das manche junge muslimische Frauen als Identitätsmarker setzen. Für den Deutschlandfunk habe ich hierzu ein Feature gemacht (veröffentlicht am 1. Februar 2023). Es handelt sich um Ayla Işik (das ist ein Pseudonym), deren Buch „BeHauptet“ 2022 bei KiWi erschienen ist, Titel meines Features: „Es gibt keinen Zwang im Glauben“. Ayla Işik beschreibt im Detail das Drama, das es für sie bedeutete, das Kopftuch abzulegen. Mit elf Jahren hatte sie sich entschieden, ein Kopftuch zu tragen. Sie kam aus einer Art Funktionärsfamilie, ihr Großvater gehörte zu den Gründern von Millî Görüş, einer Organisation mit großer Nähe zu den Muslimbrüdern. Sie trug das Kopftuch mit großem Eifer, sie reiste nach Mekka, missionierte, übernahm Gruppenleitungen, um junge Frauen auf den „rechten Weg“ zu bringen. Erst im Laufe der Zeit, als sie das dritte Kind bekam, mit einem Ehemann palästinensischer Herkunft, und immer ausschließlicher in die in dieser konservativen Familie einer Frau zugedachten Rolle hineingedrängt wurde, als Erfüllerin, als Ehefrau, als Schwiegertochter, als Mutter, als Frau, die ihrem Mann untertan ist, merkte sie, was mit ihr geschah.
Irgendwie begann sie darunter zu leiden, stellte sich vor, wie es wäre, wenn sie sich ihrer Rollen entzog, stellte kritische Fragen. Dazu gehörte auch die Frage, was geschehe, wenn sie das Kopftuch auszöge. Zuerst jedoch zog ihre Mutter das Kopftuch aus, belegte Tanzkurse, trennte sich von ihrem Mann. Ayla fand dies zunächst falsch, bevor sie ihr auf diesem Wege folgte. Zunächst machte sie ihrer Mutter die Vorwürfe, die sie hörte, als sie begann, kritische Fragen zu stellen. Und als sie dann ihrer Mutter folgte, flog ihr das gesamte Leben um die Ohren. Dieses innere und äußere Drama beschreibt sie in dem Buch, darüber spricht sie in dem genannten Feature. Sie brauchte insgesamt etwa zehn Jahre, um sich zu befreien, das Kopftuch endgültig abzulegen und sich auch von ihrem Ehemann zu trennen. Freiheit – so sagte sie – gebe es nur, wenn es eine Auswahl gebe. Eine solche Freiheit gebe es innerhalb der orthodoxen Gemeinschaft und Familie ihrer Meinung nach jedoch nicht. Dabei will sie niemanden persönlich angreifen. Sie ist auch nicht aus dem Islam „ausgestiegen“, nur aus dieser rigiden Form. Sie versucht ihr Umfeld an den Kern des Islams zu erinnern: Barmherzigkeit.
Norbert Reichel: Auch ich halte ich es für wichtig, Verallgemeinerungen vorzubeugen. Damit durch die Lebensgeschichte von Ayla Işik nicht antimuslimische Klischees getriggert werden. Vielleicht sollten wir uns ähnliche Erfahrungen in christlichen Familien anschauen. Im Kölner Katholizismus habe ich als Kind in den 1960er Jahren durchaus Ähnliches erlebt. Das war durchaus ein zentraler Grund für manche Verhaltensweisen in der 1968er-Bewegung.
Manuel Gogos: Ich erinnere mich an meine eigene baptistische Herkunft. Das besondere Signum ist die bewusste eigene Entscheidung einer erwachsenen Person, sich taufen zu lassen. Als ich 14 Jahre alt war, habe ich die ganze Bibel in einem Jahr durchgelesen und mich bereit gefühlt, mich auch taufen zu lassen. Das Bild, das gezeichnet wurde, war, dass der alte Adam abgelegt wird und der neue Adam entsteht. Nach diesen geschürten Erwartungen war ich dann bei der Taufe eher enttäuscht: ich bin ins Wasser gestiegen und war danach noch immer noch „der alte“. Was ich sagen will: mit 14 Jahren war ich natürlich nicht in der Lage, eine solche Entscheidung zu treffen, ich war das Produkt der Erwartungen meines Umfelds. Ich habe dann zwar Vergleichende Religionswissenschaften studiert, also alle Weltreligionen, mit Ausnahme des Christentums. Und so auch den Weg da heraus gefunden.
Assimilation als Selbstaufgabe?
Norbert Reichel: Wir sprachen von der erweiterten Familie. Dazu passt vielleicht ein Blick in Stadtteile, in denen bestimmte Gruppen wohnen, mitunter einzelne Mitglieder dieser Gruppen wegziehen, aber letztlich die Bevölkerungsstruktur stabil bleibt. Ich muss jetzt nicht die ewigen Beispiele „Neukölln“ oder „Wedding“ bemühen, mir geht es um die Frage, was geschieht, wenn sich ein solcher Stadtteil verändert. Das eine ist die in solchen Stadtteilen mit der Zeit durchaus feststellbare Gentrifizierung. Da gibt es dann nicht mehr all die Teestuben im Erdgeschoss, sondern Boutiquen und Latte-Macchiato-Cafés. Richard Sennett hat in seinem 1998 erschienenen Buch „Der flexible Mensch“, dessen englischer Titel „The Corrosion of Character“ meines Erachtens viel besser passt, eine italienische Community in New York City beschrieben, die Bäckereien betrieb. Mit der Zeit zogen Großbäckereien ein, die italienischen Familienunternehmen verschwanden, auch die Italiener*innen, in den Großbäckereien gab es dann nur noch zwei Menschen, die tatsächlich backen konnten und nicht nur Maschinen bedienten. Beide waren Vietnamesen. Integrationspolitik, die auf Gentrifizierung setzt und sogenannte „Parallelgesellschaften“ anprangert, macht auch viel kaputt und verhindert geradezu Integration.
Manuel Gogos: Ich würde Ihnen recht geben. Eigentlich müsste man ja auch etwas an Identität anbieten, etwas, in das man hineinwachsen könnte. Es müsste positive Selbstbilder geben. Die Tatsache, dass jemand wie Erdoğan in der türkischen Community in Deutschland nach wie vor einen solch großen Einfluss genießt, hat natürlich auch damit zu tun, dass er immer noch Selbstbewusstsein über einen türkisch-chauvinistischen Nationalismus triggert. Andererseits aber auch, dass das Angebot, sich positiv mit Deutschem zu identifizieren, kaum existiert. Ich spreche nicht von einem falschen Nationalstolz – nach dem Motto „stolz, Deutscher zu sein“ –, sondern von Staatsbürgerschaft oder auch von vielen Dingen auf privater oder kultureller Ebene.
In dem Kontext erinnere ich mich an ein Buch von Alan M. Dershowitz: „The Vanishing American Jew“. Das Buch erschien 1998. Er warnt davor, dass sich Jüdinnen*Juden in den USA zu stark assimilierten und das Judentum mit der Zeit an Bedeutung verliere. Er hat die Sorge, man könne sich komplett in der Anpassung an das Land, in dem man lebt, verlieren. Diejenigen, die in Deutschland einer Assimilation das Wort reden, scheinen ja auch das zu erwarten, dass man das Eigene vollständig aufgibt.
Auf der anderen Seite muss man sich natürlich auch fragen, was das Eigene sein soll. Ich vertrete die Ansicht, dass es keine kulturellen Container gibt. Kultur ist ein dynamisches Geschehen, verwandelt sich ständig. Viele Menschen, die in den 1960er Jahren aus Griechenland nach Deutschland kamen, hatten Eltern, die eine Generation zuvor noch in der Türkei als Pontos-Griechen am Schwarzen Meer gelebt haben und nach dem Vertrag von Lausanne im Jahr 1923 von dort gewaltsam nach Griechenland umgesiedelt worden sind. Man diskutiert, ob dies ein Völkermord war. Ich bin der Ansicht, es war ein Völkermord, denn es ging um die Auslöschung der griechischen Bevölkerung am Schwarzen Meer. Auch Türken wurden aus ihrer griechischen Heimat vertrieben. Diese Zwangsmigration wurde dann eine Generation später zu einer freiwilligen Arbeitsmigration aus Griechenland nach Deutschland – was wir heute eine Wirtschaftsflucht nennen. Aber auch das ist eben sehr existenziell. Man muss sich darüber im Klaren sein, was man alles an Kulturellem, an Vergangenheit, im Gepäck trägt. Das kann man nicht einfach kappen.
Heute spricht man ja von Europäischer Ethnologie und Postkolonialismus. Ich frage mich manchmal, was hat man eigentlich aus der Zeit des Kolonialismus gelernt? Früher erforschten deutsche Ethnologen in Papua-Neuguinea die indigenen Kulturen. Man war entsetzt von deren Riten, sprach von Kannibalismus. Christliche Missionare haben versucht, dies den Menschen dort abzugewöhnen, indem sie es moralisch ächteten. Es passierte genau das, was Sie eben beschrieben haben. Zerstört wurde der gesamte kulturelle Kontext. Es gab Tötungen, es gab Einverleibungen, es gab „Liebeskannibalismus“, aber diese alle in einem kulturellen und rituellen Kontext. In dem Augenblick, als man das den Menschen in Papua-Neuguinea nahm, zerfielen die Gesellschaften vollständig. Dieses Thema habe ich in einem Feature über Heike Behrend bearbeitet, die 2021 den Buchpreis der Leipziger Buchmesse bekam, Titel „Die Äffin bin ich“.
Norbert Reichel: Wie gehe ich denn dann mit solchen Kontexten um?
Manuel Gogos: Man darf nicht mit einem falsch verstandenen Toleranzbegriff kapitulieren. Das muss ausgehandelt werden. Natürlich gibt es bestimmte Standards, keine Kinderheirat zum Beispiel. Der Begriff der Toleranz ist hier selbst interessant. Das ist nicht eine bloße Konsensmaschine oder Laisser-fair-Haltung, mit der man alles einfach laufen lässt. Ich denke, Toleranz ist das wichtigste Werkzeug das wir haben, um in der Einwanderungsgesellschaft sehr aktiv mit den vielen verschiedenen Lebensstilen, Erinnerungskulturen und „Gedächtnissen“ umzugehen.
Gegen die Leugnung von Problemlagen – raus aus den Verallgemeinerungen
Norbert Reichel: Problematisch sind die Verallgemeinerungen: die sind alle so. Das triggerte nach der Sylvesternacht 2022/2023 der CDU-Vorsitzende wieder an, musste aber feststellen, dass ihm nicht mehr alle folgten, auch schon zuvor angesichts der Veränderungen in der Einwanderungsgesetzgebung merkte er dies, als ihm eine Gruppe um Armin Laschet und Serap Güler nicht folgte und nicht gegen diese Gesetzgebung stimmten.
Manuel Gogos: Richtig, aber es gibt auch die anderen Stimmen, die aus der Erfahrung der Atmosphäre auf deutschen Schulhöfen sagen, dass wir hier tatsächlich ein Problem haben.
Norbert Reichel: Genau an dieser Leugnung oder sagen wir fehlenden Aufmerksamkeit ist die schwedische Sozialdemokratie bei der letzten Wahl gescheitert, während die Schwedendemokratien mit ihrem harten Kurs gegen alle, die irgendwie ausländisch aussehen und von ihnen als Kriminelle gelesen wurden, profitierten.
Manuel Gogos: Aladin El-Mafaalani sagt, dass all das kein Zeichen von Misslingen von Integration sei, sondern ein Zeichen, dass sie gelinge, weil die Leute anfangen, ihre eigenen Ansprüche auf Teilhabe zu artikulieren. In der Talk-Show, in der Merz von den Paschas sprach, konterte El-Mafaalani, wir haben Probleme an den Schulen, aber es nützt nichts, mit dem Finger auf die Jugendlichen zu zeigen und zu sagen, das wäre eben ihre Kultur und hätten wir sie niemals hergeholt, hätten wir keine Probleme. Er sagte, das sind unsere Kinder, die Probleme machen und wir sollten gucken, was wir besser machen können. Unsere Kinder, wir, nicht die – das ist zentral. Alles andere ist anachronistisch.
Norbert Reichel: Ich sehe da schon eine etwas merkwürdige Debatte. Während die einen mehr Repression und Härte zur Lösung vorschlagen, glauben andere, es reiche, mehr Sozialarbeit zu etablieren. Beide Seiten sprechen von Allheilmitteln, ein Dialog über eine ausgewogene Bearbeitung der Problemlage fehlt. Vergessen wird auch, dass Migration und Migration nicht dasselbe ist. Es ist eben ein Unterschied, ob jemand aus Südeuropa, aus Nordafrika, aus Eritrea oder aus dem Iran kommt oder ob jemand Türke, Iraner oder Kurde ist.
Manuel Gogos: Aber es bleibt dabei, dass Migrationsgeschichten immer mehr zum Normalfall werden. Deswegen meine ich, dass wir in den Migrationsdebatten nicht immer alten Reflexen erliegen dürfen, indem eine weiße Elite meint, allen anderen Vorschriften machen zu können, und die andere Seite ständig denkt, sie würden an den Rand gedrängt. Das ist falsch: wir sind diese Gesellschaft. Es ist aber immer noch ein Bewusstseinswandel nötig, dass das unsere Gesellschaft ist. Dann stellt sich bei all der Verschiedenheit natürlich die Frage, was die Gesellschaft zusammenhält. Da ist man schnell bei Diskussionen wie der Frage nach dem neuen „Wir“. Die Akzeptanz, dass wir ein Einwanderungsland sind, wirklich dieses Selbstverständnis zu entwickeln ist dabei zentral.
Norbert Reichel: John F. Kennedy sprach von einer „Nation of Immigrants“. Das wäre eine solche Erzählung, auch wenn man einräumen muss, dass die Schwarze Community in seinem gleichnamigen Buch, das 1964 von der Anti-Defamation League of B’nai B’rith veröffentlicht wurde, kaum vorkam. Aber auch das gehört zur Dynamik gesellschaftlicher und politischer Entwicklungen.
Manuel Gogos: Wir können nicht leugnen, dass Menschen mit einer türkischen und Menschen mit einer armenischen oder kurdischen Geschichte in Deutschland leben, selbst wenn deren Erinnerungskulturen manchmal wie Feuer und Wasser sein können. Dasselbe gilt für Menschen aus Israel, aus Palästina. Natürlich ist da Druck auf dem Kessel, aber das muss ausgehandelt werden. Als Journalist oder als Storyteller sage ich, da ist auch viel zu erzählen, in Filmen, in Ausstellungen, auch in der Literatur.
Norbert Reichel: Wenn ich mir die Namen von Autor*innen für diverse Buchpreise oder auch einfach nur von Neu-Veröffentlichungen vor allem in der Belletristik anschaue, würde ich sagen, dass gefühlt etwa 70 bis 80 Prozent in einer anderen Muttersprache aufgewachsen sind als sie jetzt schreiben.
Manuel Gogos: Ich glaube, das hat etwas mit dem Erzählstoff zu tun. Da kommt sozusagen die ganze Welt plötzlich hier herein. Es sind die vielen Geschichten, die Autor*innen, die jetzt in Deutschland schreiben und veröffentlichen.
Norbert Reichel: Ein tolles Buch hat Fatma Aydemir mit „Djinns“ geschrieben. Es stand 2022 auf der Short-List für den Deutschen Buchpreis, den ich der Autorin auch gegönnt hätte. Es ist eine Familiengeschichte von Einwanderern der Gastarbeitergeneration. Die Geschichte wird aus den verschiedenen Perspektiven der Familienmitglieder erzählt. Dazu gehört, dass die kurdische Herkunft durchweg versteckt wurde, auch in Deutschland. Das passt meines Erachtens zum Thema Ihrer Doktorarbeit.
Manuel Gogos: Das Familienepos ist die literarische Form, weil man gesellschaftliche Verhältnisse mit allen Umbrüchen über die Generationen hinweg erzählen kann. Das beginnt im Stetl und man ist auf einmal bei Henry Kissinger, auch wenn der nicht aus einem Stetl kommt, sondern aus Fürth. Es ist diese „Immigrant Fiction“, die es in den USA schon lange gab und dies es jetzt auch in Deutschland gibt. Eine Autorin, die endlich durchweg viel Anerkennung erfährt, ist Emine Sevgi Özdamar. Sie erhielt zwar schon vor fast 30 Jahren den Ingeborg-Bachmann-Preis, veröffentlichte damals „Mutterzunge“ (Berlin, Rotbuchverlag, 1990), wurde aber dann mit dem Georg-Büchner-Preis 2022 geadelt. Der Roman „Ein von Schatten begrenzter Raum“ erschien 2020 bei Suhrkamp. Sie steht für viele solcher Autor*innen mit ihrer Geschichte. Das galt früher als Gastarbeiterliteratur. Inzwischen hat man begriffen: das ist eine Neue deutsche Literatur, eine Weltliteratur in deutscher Sprache.
Die Erzählung von Großen Austausch
Norbert Reichel: Chimamanda Ngozi Adichie sprach von der Gefahr einer einzigen Geschichte. Es gibt eben viele Geschichten. Sie nannten eben einmal den Begriff der „Identifikationsangebote“. „Identität“ ist zurzeit ohnehin einer der wesentlichen Kampfbegriffe. Sie haben einen Film über das Identifikationsangebot der Neuen Rechten in Deutschland, Frankreich und Österreich gedreht: „Eine Reise zu der Neuen Rechten“. Was ist das für ein Gefühl, mit diesen Leuten zu sprechen? Ich denke an eine Szene in dem Film, in der Götz Kubitschek davon spricht, dass er bei dem Wort „Deutschland“ einen „Zauber“ spüre. Da wird er ja richtig romantisch.
Manuel Gogos: Sie werden lachen, ich kann das sogar verstehen. Ich bin ja auch ein Deutscher, der literarische Romantik gelesen hat und dafür ins Schwärmen geraten kann. Ich bin auch ein Schwärmer, ich bin auch ein Romantiker, warum denn auch nicht?! Ähnlich wie bei Navid Kermani. Wir sind ja so deutsch, dass wir da mit hineingewachsen sind, uns hineingelesen und hineingeschrieben haben. Ich kann bei Kubitschek auch noch andocken, wenn er von der orthodoxen Spielart des Christentums schwärmt – schließlich bin ich das Kind eines Griechen. Solche Geschichten verlaufen eben immer ziemlich unorthodox. In seinem Buch „Bewältigung“ hat sich Feridun Zaimoglou mit Hitler auseinandergesetzt. Im Romanverlauf wird der Erzähler regelrecht von Hitler „besessen“ – wie von einem Dibbuk, könnte man sagen. Wer will jetzt behaupten, dass das nicht unsere Geschichte ist, dass das nicht unsere Dämonen sind, die wir da beschwören?
Wo bei Kubitschek die rote Linie dessen erreicht wird, was nicht mehr tolerierbar ist (frei nach Karl Poppers „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“): wenn wir vor seinem Gehöft, diesem Rittergut in Schnellroda, stehen, und er dann im Feldherrengestus davon fabuliert, dass diese Migranten, die – wie in Giorgio Agambens Buch Homo Sacer beschrieben – weitgehend nackt, mit fast nichts am Leib, im Schlauchboot über das Mittelmeer gekommen sind, eine feindliche Invasionsarmee wären, der es sich zu erwehren gelte – da sieht man, wie abgrundtief menschenverachtend dieser böse Blick der Neuen Rechten eigentlich ist. Kubitschek liest sicher auch interessante Bücher. Man kann sich sicherlich lange mit ihm über Ernst Jünger und Martin Heidegger unterhalten. Übrigens war das auch Feridun Zaimoğlus Jugendlektüre, und meine. Aber wie es bei Willim Blake heißt: „Both read the Bible day and night, but thou read black where I read white.“
Norbert Reichel: Die erste Beschreibung eines Konzentrationslagers in der deutschen Literaturgeschichte finden wir bei Ernst Jünger in „Auf den Marmorklippen“. Ganz einfach zu entschlüsseln. Das Buch erschien 1939! Das nur am Rande, aber er schrieb natürlich auch „Unter Stahlgewittern“ und „Der Arbeiter“. Aber was macht der Schwabe Kubitschek – man hört es sehr deutlich – in Schnellroda?
Manuel Gogos: Kubitschek hat mir gesagt, dass er in den Osten übergesiedelt ist, weil man auf den Straßen im Westen eigentlich kein deutsches Gesicht mehr sehe. In unserem Film haben wir dann eine Großaufnahme von mir gezeigt, damit sich der Zuschauer vielleicht selbst einmal fragt, wie sieht denn noch mal gleich ein deutsches Gesicht aus? An der Stelle schließt sich jemand selbst ins Aus.
Andererseits muss man ihn ernst nehmen: er ist ein sehr erfolgreicher Netzwerker, in der Identitären Bewegung, der neurechten Bewegung von PEGIDA, wo er des Öfteren als Redner aufgetreten ist, bis zu den Querdenkern. Der Mann ist ein Strippenzieher, er arbeitet kontinuierlich, sieht sich als Revolutionär. Als Leute in den Bundestag eindringen wollten, da habe ich auch an ihn denken müssen: Er rüstet diese Leute mit der dazugehörigen geistigen Munition aus.
Norbert Reichel: Die Leute, die er anspricht, sind meines Erachtens aber auch noch einmal andere als die, die ein Martin Sellner anspricht. Die Identitäre Bewegung ist im Grunde eine Jugendbewegung, auch eigentlich nichts Neues. Ich erinnere mich an eine Demonstration in Beuel, dem Bonner Stadtteil, in dem ich lebe, in dem einmal an einem 1. Mai vor einigen Jahren die Autonomen Nationalisten demonstrierten. Diese Gruppierung unterschied sich im Aussehen in so gut wie nichts von linksextremistischen Autonomen, verhielten sich auch nicht anders, traten als eine Art Schwarzer Block auf.
Manuel Gogos: Die Identitären sind in der Tat kaum von Hipstern und anderen Jugendkulturen zu unterscheiden. Deshalb nennen wir sie ja auch ganz zu recht Nipster – Nazi-Hipster. Sie agieren auch oft über Anklänge an die Pop-Kultur. Wenn es um einen Film wie „Avatar“ geht, identifizieren sie sich mit diesen blauen Katzenmenschen, den indigenen Völkern, die von den Europäern und den Amerikanern überrollt werden. Darüber habe ich mal in „Jungle World“ unter dem Titel „Rechtsextremismus der Zukunft“ geschrieben.
Identitäre sind sogar so frech, eine Täter- Opfer Umkehr zu versuchen und sich einen antiimperialistischen Anstrich zu geben. Sie identifizieren sich auch mit Indigenen aus den USA, die die feindlichen Invasoren an Land gelassen hätten und in ihrem eigenen Land an die Wand gedrängt worden wären. Genau das drohe in Europa den Weißen, die von den Menschen aus Afrika oder Asien überschwemmt würden. Das ist die große Verschwörungstheorie des „großen Bevölkerungsaustauschs“. Vollständig absurd wird die, wenn behauptet wird, dass Leute im Hintergrund, wie George Soros und andere, diesen Austausch organisieren. Das Geld, das in Flüchtlingsorganisationen gesteckt werde, belege dies: Soros finanziere einen professionellen Schlepperdienst.
Norbert Reichel: Sie haben mit Renaud Camus gesprochen, der den Begriff des „Großen Austauschs“, des „grand remplacement“ geprägt hat. Sie haben mit Jacques Labruyère gesprochen, der seine Mädchen-Band „Les Brigandes“ im Grunde wie eine Sekte organisiert. Was sind das für Leute?
Manuel Gogos: Eigentlich sind Reaktionäre interessante Typen. Renaud Camus wohnt in einem Schlösschen, hat eine illustre Geschichte, war mit Andy Warhol befreundet, ist so eine Art französischer Dandy. Irgendwann hätten ihn einmal arabische Jugendliche vom Bürgersteig heruntergeschubst, so zumindest erzählt er seine Story, da habe er angefangen nachzudenken, ob er jetzt nicht das Opfer wäre. Das war so eine Art Erweckungserlebnis, das ihn angeblich motiviert habe, sich zu wehren. Und dann erfand er den theoretischen Überbau dazu, man müsse sich wehren, weil einem das Existenzrecht abgesprochen würde. Die französischen Kolonisatoren in Nordafrika seien eigentlich harmlos gewesen im Vergleich zu den arabischstämmigen Kolonisatoren, die jetzt in den französischen Städten ihr Unwesen trieben. (Ein ähnliches Narrativ bedient der Identitäre Martin Lichtmesz übrigens auch zu den Türken, die einstmals vor Wien zurückgeschlagen worden seien, sich aber heute per feindlicher Übernahme Berlin angeeignet hätten)
Renaud Camus behauptet, dass diejenigen, die aus dem Süden jetzt nach Europa kommen, kulturlose, marodierende, räuberische Banden wären, die einem Mann von Kultur – der er auch tatsächlich ist – das Existenzrecht absprechen. Damit stellt er natürlich die Geschichte des Kolonialismus vollständig auf den Kopf.
Gefährliche Aussichten
Norbert Reichel: In Frankreich ist Renaud Camus mit einer solchen Auffassung ja auch nicht allein. Nicolas Sarkozy hat als Präsident dafür gesorgt, dass in den Schulbüchern die zivilisatorische Leistung des Kolonialismus hervorgehoben wird. Sie verwenden in Ihrem Film den Begriff „mainstreamkompatibel“.
Manuel Gogos: Dazu kommen Sarkozys Äußerungen über bestimmte Stadtteile, die er mit dem Hochdruckreiniger – le kärcher – säubern wollte. Mit Marine Le Pen gibt es eine sehr ernst zu nehmende rechtsextreme Kraft, die schon fast mehrheitsfähig ist. Die Identitäre Bewegung ist in Frankreich schon seit 20 Jahren unterwegs. Einige haben inzwischen den Marsch durch die Institutionen geschafft, sind zu Redeschreiber*innen, Politikberater*innen im Umfeld des Rassemblement National geworden. Im Grunde haben sie sich, könnte man sagen, „zu Tode gesiegt“.
Etwas Ähnliches ist in Deutschland passiert. Zwar ist die AfD nicht so stark ist wie der Rassemblement National, aber in einigen Regionen droht die Partei durchaus die 30-Prozent-Hürde zu schaffen. Hier geht die Saat auf, die Kubitschek, Sellner und andere Aktivist*innen der Neuen Rechten gesät haben.
Norbert Reichel: Und sind offenbar anschlussfähig für bürgerliche Milieus. Die Bielefelder Mitte-Studie und die Leipziger Autoritarismus-Studie belegen seit mehreren Jahren kontinuierlich, dass es zwar einen nur sehr kleinen Anteil von Menschen mit geschlossenem rechtsextremem Weltbild gibt, andererseits aber einige rechtsextrem belegte Ansichten, gerade gegenüber Sinti und Roma, gegenüber Muslim*innen, aber auch gegenüber Jüdinnen*Juden Zustimmungswerte zwischen 40 und 60 Prozent bekommen. Ein besonders kritisches Beispiel ist die dänische Sozialdemokratie, die es geschafft hat, die Rechte zu marginalisieren, weil sie deren fremdenfeindliche Agenda übernommen hat, Familien von Zu- und Eingewanderten auseinanderreißen, die Menschen auf Inseln unterbringen, rigoros abschieben. Aber der Teufel kommt nie zwei Mal durch dieselbe Tür. Durch welche Tür kommt er denn jetzt?
Manuel Gogos: Wir leben natürlich in einer Welt, die immer unübersichtlicher wird. Es gibt bei vielen Menschen Ängste, Abstiegssorgen usw., jede*r kämpft um seine Pfründe, fühlt sich bedroht. Da bietet es sich natürlich wieder an, nach Verantwortlichen zu suchen. Die Sündenbock-Suche ist dann attraktiv, gegen Fremde, Migrant*innen, gegen Juden*Jüdinnen und Muslim*innen.
Norbert Reichel: Auf der anderen Seite haben wir diesen großen Mangel an Fachkräften. Ganze Wirtschaftszweige werden inzwischen fast ausschließlich von ausländischen Fachkräften am Leben gehalten, in der Landwirtschaft, in der Bauindustrie, im Pflegesektor. Andererseits verharren viel zu viele Menschen im Zwischenreich der Duldungen, viele von ihnen bestens ausgebildet und bereit, hier in Deutschland zu leben und zu arbeiten.
Manuel Gogos: Das war in der Zeit der Anwerbeabkommen für die erste Gastarbeiter-Generation aber nicht anders, Wirtschafts- und Arbeitsministerium waren dafür, das Innenministerium jedoch befürchtete, dass da fremde Elemente kommen, kommunistische Elemente ins Land kommen könnten. In Italien und Griechenland gab es starke linke Traditionen. Jemand wie Helmut Schmidt hat sich in den letzten Jahren noch dazu verstiegen, es als einen Fehler zu bezeichnen, all diese Menschen ins Land zu holen. Das sagte ein Mann, der als das moralische Gewissen Deutschlands angesehen wurde. Da sagte er nichts anderes als die Identitären, die gerne hätten, dass man die Geschichte der letzten 50 Jahre einfach zurückdrehte.
Identitäre haben einmal eine Aktion an der türkischen Botschaft in Wien gemacht und dort ein Transparent hingehängt: „Erdogan hol deine Türken hoa“. Das heißt eigentlich: mach die Geschichte der Einwanderung, der Niederlassung rückgängig. Ich habe die Leute dann vor der Kamera gefragt, wie sie sich das konkret vorstellen. Werden dann Züge vorgefahren, werden die Leute dann da eingeladen, denn die werden ja nicht freiwillig gehen. Führt das also nicht zwangsläufig zu Deportationen?
Norbert Reichel: Höcke sprach auch davon, dass es „unschöne Szenen“ geben werde.
Manuel Gogos: Darauf läuft es hinaus. Dann wissen die Brüder auch nicht mehr was sie sagen sollen. Sie sind in der Öffentlichkeitsarbeit bewandert, sie wissen, dass es nicht opportun ist, so etwas dann auch zu sagen.
Norbert Reichel: Außer Menschen wie uns fragt die das aber niemand, sodass die Umsetzung der Forderungen im Nebel bleiben kann. Vielleicht ist die Umsetzung ebenso wie die Verkündung der Umsetzung nur eine Frage des Zeitpunkts.
In den USA gibt es die Threepercenters, in Deutschland die Ein-Prozent-Bewegung, hinter der auch Kubitschek und Sellner stecken. Vielleicht noch ein Wort zu Frankreich. Ich denke an die großen Demonstrationen gegen die Ehe für alle. So etwas würde es in diesem Ausmaß in Deutschland nicht geben. Ist Frankreich gefährdeter als Deutschland?
Manuel Gogos: Didier Eribon hat in seiner „Rückkehr nach Reims“ beschrieben, dass diejenigen, die vorher kommunistisch gewählt haben, jetzt in der Rechten eine neue Heimat finden. Die Rechte ist zum neuen Hoffnungsträger der Deklassierten geworden. Darum ist es durchaus denkbar, dass sich in Frankreich die Dinge wie in Italien entwickeln.
Wir haben vor einigen Jahren im Auftrag von Arte einen Film gemacht, wie die Demokratien heute durch Rechtspopulist*innen unter Druck geraten, wie zerbrechlich sie sich heute erweisen und dass sie durch einen Mangel an Vertrauen auch „sterben“ können. Es gibt natürlich auch starke Erzählungen der Demokratie, von Menschen, die buchstäblich alles riskieren, um für mehr Partizipation zu sorgen.
Und die politische Landschaft ist natürlich auch komplexer geworden. Im Film hatten wir einen Strang zu den „Gelbwesten“. Bei denen ist ja eigentlich gar nicht so klar, gegen wen die eigentlich aufstehen. Sicherlich gegen bestimmte Eliten, sicherlich gegen Zentralismus, gegen Paris, ähnlich wie das manchmal aus einer eher ostdeutschen Peripherie gegenüber einer angeblich abgehobenen Machtzentrale Berlin behauptet wird.
So mischt sich etwas Urdemokratisches, Basisdemokratisches, etwas „Linkes“ – wie wir es vor etwa zehn Jahren bei „Occupy“ gesehen haben – heute mit etwas Rechtem. Etwas Ähnliches in Deutschland war die Querdenkerbewegung. Über die „komplizierte Freundschaft zwischen einer Linksdenkerin und einer Querdenkerin“, Stichworte: „Zwiespalt und Zwiesprache“, habe ich im September 2022 ein Feature im Südwestdeutschen Rundfunk veröffentlicht.
Und ähnliche Debatten erleben wir zurzeit wieder rund um den Ukraine-Krieg. Der nächste Zankapfel wird die Klimakrise, die einen mit einem apokalyptischen Unterton, andere reden von Hysterie. Da stellt sich dann auch die Frage, woher eigentlich dieses Ressentiment kommt, dass den Aktivist*innen der Letzten Generation entgegengebracht wird. Dieser Schaum vor dem Mund. Das können die ja selbst gar nicht verursacht haben.
Norbert Reichel: Thea Dorn hat in der ZEIT eine ganz interessante Analyse über Marine Le Pen und Giorgia Meloni veröffentlicht. Beide seien für viele Wähler*innen attraktiv, weil sie das Bild der Löwenmutter erfüllten. Die Mutter, die alles tut, um ihre Jungen zu schützen, zu verteidigen, wäre ein Gegenbild zu den chauvinistisch und maskulinistisch auftretenden Führern, die wir sonst von rechten Parteien kennen. Da sind wir wieder bei der Familienaufstellung.
Manuel Gogos: Vielleicht noch diese Ergänzung zu der Familiengeschichte. Mein Beitrag ist eben die Geschichte, dass mein deutscher Großvater, der Vater meiner Mutter, Wehrmachtssoldat gewesen ist, an der Ostfront, bis 1949 in russischer Kriegsgefangenschaft. Mein Vater kam 1960 nach Deutschland als Gastarbeiter, arbeitete kurze Zeit in der Automobil-Zulieferindustrie, einem Färberbetrieb, in beiden mit sehr schlechter Ausrüstung, die ihn auch gesundheitlich belastete. Dann arbeitete er in einem Reprografie-Betrieb, in dem. er meine Mutter kennenlernte.
In unserem Familienalbum gibt es ein Foto, da liegen zwei ältere Herren, meine beiden Großväter Erich und Jorgos in ihren altmodischen Anzügen im Schatten eines Olivenhains in Griechenland. Beide schlafen. Die Geschichte der deutschen Wehrmachtssoldaten ist uns in Griechenland sehr präsent. Die Geschichte der Griechen, Italiener, Spanier, Türken, die in den 1960er Jahren und danach ins Land kamen, die sind uns noch nicht gegenwärtig genug. Mein griechischer Großvater hatte bei Nacht Getreide geschmuggelt, wurde von der deutschen Besatzung erwischt, fast zu Tode geschlagen. Jetzt könnte man denken, man ist Täter oder man ist Opfer der Geschichte. Meine Theorie ist, dass das längst nicht mehr stimmt, weil sich zum Beispiel. in meiner Familiengeschichte diese Erzählfäden längst miteinander verschränken. Und das ist keine Ausnahmeerscheinung mehr, diese Familiengeschichte, dieser „Familienroman“. Das ist für unsere Gesamtgesellschaft eigentlich die neue Realität. Alle Diskussionen um Wir und die Anderen, von den Paschas und was auch immer, die sind eigentlich obsolet.
(Anmerkungen: Erstveröffentlichung im Februar 2023, Internetzugriffe zuletzt am 6. Februar 2023, Titelbild aus der Ausstellung „Die Griechen von Kettwig“ © Agentur für geistige Gastarbeit.)