Liebe Freund*innen des Demokratischen Salons,
in der Oktoberausgabe 2022 des Demokratischen Salons finden Sie Texte zum Thema Literatur und Kunst in und nach der SED-Diktatur in der DDR, ein Gespräch mit der stellvertretenden Direktorin des Deutschen Polen-Instituts, Agnieszka Ƚada-Konefał, über Polen-Bilder in Deutschland und Deutschland-Bilder in Polen sowie einen Bericht von Beate Blatz über eine Reise ins gar nicht mehr so sehr Vereinigte Königreich. Kunst und Literatur in der DDR ist Thema der Essays von Norbert Reichel über die von Ulrich Mählert und Stefan Wolle kuratierte Ausstellung der Bundesstiftung Aufarbeitung zum Leseland DDR und das von Ines Geipel und Joachim Walther sel.A. geschaffene „Archiv unterdrückter Literatur in der DDR“ sowie des Gesprächs mit dem Zeichner, Grafiker, Schauspieler und Regisseur Thomas Franke.
Wie üblich finden Sie unsere Hinweise auf Veranstaltungen, die nächste mit Beteiligung des Demokratischen Salons am 19. Oktober 2022, 18.30 Uhr, im Gustav-Stresemann-Institut in Bonn mit Ines Geipel. Sie finden ferner Kurznachrichten und weitere Empfehlungen für Lektüren, Podcasts, Ausstellungen. Das Editorial handelt von der Frage, ob es nicht an der Zeit wäre, Wörter wie „Verzicht“ und „Bescheidenheit“ als das zu kommunizieren, was sie eigentlich sind: Tugenden. Letztlich geht es auch um die Frage, welcher Begriff von Liberalismus in Zeiten von Krieg und Klimakrise angemessen wäre und welcher nicht.
Das Editorial:
Das Editorial der Augustausgabe des Demokratischen Salons endete mit einem der berühmten Zitate von John F. Kennedy: „Don’t ask what your country can do to you, ask about what you can do for your country. Leider stellen wir fest, dass die Möglichkeiten nicht allzu groß zu sein scheinen. Aufforderungen und Ideen gibt es ja genug, es ließe sich kürzer duschen, das Licht ausschalten, wenn man einen Raum verlässt, langsamer und vielleicht auch weniger mit dem Auto fahren, und nicht nur das, alles nichts Ungewöhnliches oder Neues, alles Elemente einer sparsamen Erziehung wie sie Eltern in den 1950er und 1960er Jahren noch versuchten, ihren Kindern zukommen zu lassen.
Aber hat diese Erziehung gewirkt? Vier Autor*innen der Süddeutschen Zeitung haben das Ergebnis ihrer Recherchen am 7. Oktober 2022 veröffentlicht, Titel „Wie die Reichen sparen würden“: „Würde kein Haushalt mehr verbrauchen als ein Haushalt mit mittlerem Einkommen, würden dadurch 26 Prozent des Energiebedarfs der deutschen Haushalte eingespart. Würden alle Deutschen ihren Energieverbrauch auf das Niveau der unteren 50 Prozent beschränken, brächte das gar eine Ersparnis von 41 Prozent.“
Während ein Teil der Betriebe um seine Existenz fürchten muss, kassieren andere unvorhergesehene Gewinne. „Übergewinne“ nennt man das heute – gibt es die überhaupt, so der politische Streit um dieses Thema. Man könnte auch sagen: „Kriegsgewinnler“. Traut sich nur niemand. Mich erinnert dies daran, dass fast alle west- und gesamtdeutschen Wahlprogramme der vergangenen 40 bis 50 Jahre immer eine Förderung des Mittelstandes, sprich kleiner und mittlerer Unternehmen, versprachen, die Regierungen nach der Wahl jedoch nichts anderes taten als dies wieder zu vergessen und Großunternehmen zu fördern, nicht nur der Ex-Bundeskanzler, der in der Presse als „Genosse der Bosse“ firmierte und dies auch wohl heute noch als Kompliment versteht.
Wer glaubt, irgendein Kompromiss mit Putin würde die Energie wieder billiger machen, irrt. Energie wäre auch aus anderen Gründen teurer geworden, nur traute sich kaum jemand, dies laut zu sagen. Aber es gäbe durchaus eine Strategie, das Problem zu lösen. Ulrike Hermann hat in ihrem bei Kiepenheuer & Witsch erschienenen Buch „Das Ende des Kapitalismus“ eine solche Strategie vorgestellt. Eine kurze, aber ebenso lesenswerte Zusammenfassung hat sie in der Oktoberausgabe der „Blätter für deutsche und internationale Politik“ vorgelegt, der programmatische Titel lautet: „Raus aus der Wachstumsfalle – wie wir mit der britischen Kriegswirtschaft die Klimakrise bewältigen können“.
Ulrike Hermann spricht von „Krieg“? Den gibt es doch gar nicht, wir sind doch keine „Kriegspartei“! Im engeren Sinne sicher nicht, denn es kämpfen keine deutschen Soldat*innen in der Ukraine, im weiteren Sinne schon, denn es gibt viele Schlachtfelder, gehacktes Internet mit vielen falschen Nachrichten (wer mehr darüber wissen möchte, abonniere die Recherchen von Correctiv‘), Sabotage von Infrastrukturen, Handels- und Wirtschaftskriege mit Zöllen, künstlich erhöhten Preisen sowie der Verknappung von Lebensmitteln und Rohstoffen.
Ulrike Hermann zitiert in Buch und Essay Anton Hofreiter, der auf die Frage, ob Autofahrten oder Fleischkonsum rationiert werden sollten, antwortete: „Das ist absurd. Wir sind in einer freien Gesellschaft, da gibt es zum Glück keine solchen Instrumente.“ Schöner hätte es Christian Lindner auch nicht formulieren können. Ulrike Hermann: „Viele Menschen glauben wie Hofreiter, ‚freier Markt‘ und staatliche Lenkung seien Gegensätze, die sich absolut ausschließen. Doch das ist ein Irrtum. Auch im Kapitalismus wurde schon immer geplant – von den Unternehmen und von den Regierungen. Die Briten haben im Zweiten Weltkrieg vorgeführt, wie eine Regierung effektiv lenken kann, um die Wirtschaft radikal umzustellen.“ Überzeugte Kapitalist*innen und ebenso überzeugte Anti-Kapitalist*innen sollten sich von der Hoffnung verabschieden, dass es nur ein paar Schalter umzulegen, ein paar Forschungsaufträge oder technologische Lösungen mehr, etwas mehr oder etwas weniger Staat zu organisieren gelte, um Klimakrise und Krieg zu bewältigen. „Wachstum“ ist Geschichte, das ist vorbei – so Ulrike Hermann – auch „grünes Wachstum“ ist nur eine Illusion. Es wird nicht reichen.
Die britische Kriegswirtschaft hat es jedoch geschafft, dass es keinen Mangel gab, dass niemand hungerte, dass das Leben weitergehen konnte: „Die Briten standen 1939 vor einer monströsen Herausforderung: Sie hatten den Zweiten Weltkrieg nicht kommen sehen und mussten nun in kürzester Zeit ihre Wirtschaft auf das Militär ausrichten, ohne dass die Bevölkerung hungerte. Fast über Nacht entstand eine Planwirtschaft, die bemerkenswert gut funktionierte. Die Fabriken blieben in privater Hand, aber der Staat steuerte die Produktion – und organisierte die Verteilung der knappen Güter. Es wurde rationiert, aber es gab keinen Mangel. Die Briten erfanden also eine private und demokratische Planwirtschaft, die mit dem dysfunktionalen Sozialismus in der Sowjetunion nichts zu tun hatte.“
Wer wissen will, wie das funktionierte, lese den Essay oder – besser noch – das Buch.
Letztlich geht es um das böse „V-Wort“: „Verzicht“. Bernd Ulrich bezog dies in seinem Essay „Nicht auf der Höhe der Zeit“ vom 11. Oktober 2022 in ZEIT Online auf die FDP: „Wer weniger Staat will, muss weniger Auto fahren, fliegen, Fleisch essen, weniger Klamotten kaufen und nicht so viel Golf spielen, sonst rationiert der Staat bald in jedem zweiten Sommer das Wasser, jeder Notstand stärkt den Staat, so einfach ist das. Die Botschaft einer erneuerten FDP an ihre Wähler müsste lauten: Nehmt euer Geld und kauft euch eine teure Geige oder einen Gesangslehrer oder ein Gemälde oder einen Plattenspieler von Bang & Olufsen, irgendwo muss die Kohle ja hin. Aber hört auf, Nebenwirkungen zu erzeugen, die immer noch mehr Staat nötig machen, um darüber anschließend wieder rumzujammern. Ihr wohlhabenden FDP-Wähler seid es, die den Staat fett machen, so ist die Lage.“
All dies hat mit einem falschen Verständnis von „Liberalismus“ zu tun. Francis Fukuyama, dem immer unterstellt wird, er habe mit seinem Buch zum „Ende der Geschichte“ den Sieg des Kapitalismus ausgerufen, wurde im Oktober 2022 von Hans Monath für den Berliner Tagesspiegel interviewt. Er antwortete auf die Frage, ob die Ukraine gegen die russische Invasion das verteidige, was er in seinem im Mai 2022 erschienenen Buch „Liberalism and its Discontents“ (die deutsche Übersetzung mit dem an Sir Karl Popper gemahnendem Titel „Der Liberalismus und seine Feinde“ erschien bei Hoffmann und Campe) mit diesem Begriff bezeichnet habe. Seine Antwort: „Unbedingt. In Deutschland versteht man unter Liberalismus eine rechtsbürgerliche, marktwirtschaftliche Position im politischen Spektrum im Sinne der FDP. Mein Begriff von Liberalismus ist viel breiter: In der liberalen Gesellschaft beschützt die politische Ordnung die Individuen vor staatlicher Macht, indem sie ihnen bürgerliche und politische Rechte einräumt.“
Francis Fukuyama stellt die neoliberalen Thesen eines Friedrich August von Hayek, eines Milton Friedman und seiner „Chicago Boys“, eines Ronald Reagan, einer Margaret Thatcher und ihrer konservativen wie sozialdemokratischen Schüler*innen vom Kopf auf die Füße: „Liberalismus ist nicht nachhaltig, solange er nicht mit Demokratie verbunden ist und mit einem Sozialsystem, das für eine bestimmte Umverteilung sorgt und die Ungleichheit verringert. Wenn die Ungleichheit zu groß und offensichtlich wird, verliert das ganze System Legitimität. In gewisser Weise ist die soziale Demokratie entscheidend für den Erfolg der liberalen Demokratie.“
Das ist alles andere als ein Plädoyer für exzessive staatliche Zuschüsse für alles und jedes an alle und jede*n. Denn zum „V-Wort“ gehört auch das B-Wort: Bescheidenheit. Bernd Ulrich: „Im 21. Jahrhundert gilt: Nur ein bescheidener Reicher ist ein guter Liberaler, nur wer wenig verbraucht, darf viel verdienen.“ Wie gesagt: „what you can do“. NR
Die neuen Texte im Demokratischen Salon:
- Rubriken Opfer und Täter*innen und DDR: Die im Herbst 2022 vom Lilienfeld Verlag angekündigte Neuauflage des Buches „Gesperrte Ablage“ von Ines Geipel und Joachim Walther sel.A. bietet Einblicke in das von ihnen aufgebaute „Archiv unterdrückter Literatur in der DDR“. Norbert Reichel stellt das Archiv sowie die begleitenden Bücher der beiden, insbesondere die von ihnen herausgegebene „Verschwiegene Bibliothek“, im Essay „Todeskälte des Blicks“ Auch prominente Autor*innen wie Christa Wolf oder Stefan Heym wurden schikaniert, mussten ihre Texte ändern, Druckgenehmigungen einholen, die oft nichts nützten, weil die Bücher im Handel nicht verfügbar waren. Edeltraud Eckert, Jutta Petzold oder Eveline Kuffel veröffentlichten nie, ihre Texte verblieben in den Gedächtnissen inhaftierter Autor*innen oder ihrer Mithäftlinge, in der Gesperrten Ablage der Stasi, in Tagebüchern wie den Kolberger Hefen von Henryk Bereska. Andere, so Heidemarie Härtl oder Sylvia Kabus, erhielten in „Die Verschwiegene Bibliothek“ die Chance, dass ihre Texte Jahre, Jahrzehnte später veröffentlicht werden konnten. Wer sich auf all diese Texte einlässt, wird Motive, Bilder, Metaphern, literarische Formen entdecken, die zeigen, was das Lebenselixier jeder Literatur ist: Öffentlichkeit. Mehr noch: Erfahrbar wird die Macht einer Diktatur über Geist und Körper. Den vollständigen Essay lesen Sie hier.
- Rubriken DDR und Kultur: Die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur präsentiert in der von Ulrich Mählert mit Stefan Wolle kuratierten Ausstellung „Leseland DDR“ in 20 Tafeln Bilder, Berichte von Zeitzeug*innen, Bewertungen und Kommentare zu Lesegewohnheiten, zu der vom Staat erwünschten und geförderten sowie zu der von ihm behinderten und verhinderten Literatur. In der gerierte sich das Ministerium für Staatssicherheit als höchste Instanz der Literaturkritik und beobachtete alles, was in irgendeiner Weise ihre Ideologie zu kritisieren scheint, voller Argwohn, es trachtete danach, die Autor*innen zu „zersetzen“. Norbert Reichel stellt die Ausstellung in seinem Essay „Literaturland DDR – Lesen, Schreiben und Bewahren in und nach der Diktatur“ Der Essay ergänzt dies durch Hinweise auf Forschungsarbeiten von Siegfried Lokatis und seinen Kolleg*innen („Heimliche Leser“) sowie von Dieter Schiller und Leonore Krenzlin, die lange Jahre im Zentralinstitut für Literaturgeschichte gearbeitet haben. Autor*innen der von Ines Geipel und Joachim Walther herausgegebenen „Verschwiegenen Bibliothek“ vervollständigen das Bild. Die Tafeln der Ausstellung können bei der Stiftung angefordert werden. Den vollständigen Essay lesen Sie hier.
- Rubriken Kultur und DDR: Der Zeichner, Grafiker, Schauspieler und Regisseur Thomas Franke genoss eine bildungsbürgerliche Erziehung in der DDR, studierte dort Kunst, konnte mit westdeutschen Verlagen zusammenarbeiten, absolvierte eine Schauspielausbildung in Moskau und durchlebte den Alltag der DDR mit all seinen Schikanen durch Stasi und Nachbarschaft, bis er aus der DDR „herausgeworfen wurde“. Er arbeitete in München, in Bonn, zeichnete, schuf Grafiken, zuletzt die Illustrationen zu einer Neuausgabe von Arno Schmidts Gelehrtenrepublik. Im Gespräch mit Norbert Reichel, das wir unter dem Titel „Parallele Welten – synergetisch gebrochen“ dokumentieren, präsentiert er fast ein halbes Jahrhundert seiner Kunst zwischen den Welten, über „Kulturassoziativität“, sein „Bedürfnis nach Wahrheit“ und nicht zuletzt über das von ihm konzipierte Stück für einen Zuschauer, „Pickmans Modell“ nach einer Erzählung von Lovecraft. Er erlebte in Moskau mehr Liberalität als in der DDR und im „Westen“ das Diktat des Ökonomischen, das künstlerische Arbeit in anderer Weise verkomplizierte als im „Osten“. Eine besondere Phase seines Lebens war das von ihm betriebene Sowjetlokal Gum in der Bonner Innenstadt. Das vollständige Gespräch finden Sie hier.
Rubriken Osteuropa und Liberale Demokratie: Im Gespräch mit der stellvertretenden Direktorin des Deutschen Polen-Instituts Agnieszka Ƚada-Konefał erfahren wir, was wir in Deutschland über und von Polen lernen könnten und sollten. Das Gespräch haben wir daher unter dem Titel „Von Polen lernen“ dokumentiert. Der Überfall der Truppen Putins auf die Ukraine am 24. Februar 2022 hat in Deutschland Gefühle einer Bedrohung erzeugt, die in Polen schon lange das politische wie das gesellschaftliche Leben prägten. Die Deutschen, die gegenüber Polen viel zu oft als Lehrmeister auftraten, mussten erkennen, dass die Sorgen Polens auch ihre Sorgen sein sollten: Sorgen um die Demokratie, Sorgen um Europa. Nicht zuletzt ist vielen Deutschen immer noch nicht bewusst, wie Deutsche in der Zeit zwischen 1939 und 1945 in Polen wüteten. Das Deutsch-Polnische Barometer, die Jahrbücher und Analysen des Deutschen Polen-Instituts, bieten ein vielfältiges Bild von Polen, sie zeigen, dass und wie Polen als Vermittler zwischen den Welten in Ost und West wirken kann, sie helfen, polnische Innenpolitik besser zu verstehen, zeigen ein sehr europäisch gesinntes Polen. Das Deutsche Polen-Institut bietet Material für Schule, Hochschule und Weiterbildung und wirkt nicht zuletzt als in Politikbegleitung und Politikberatung. Das vollständige Gespräch lesen Sie hier.
Rubriken Treibhäuser und Weltweite Entwicklungen: Lesen Sie hier den dritten Essay von Beate Blatz zur aktuellen rasanten politischen Entwicklung in Großbritannien bzw. dem United Kingdom: „Vorwärts immer, rückwärts nimmer? Das große Nordsee-Archipel im Maelstrom des Post-Brexit“ Die Autorin war gerade in der Woche im Lande des Brexits, als die Labour Party und die Tories ihre jährlichen Konferenzen abhielten und Liz Truss und ihr Schatzkanzler Kwarteng das gesamte politische und ökonomische Gefüge des Inselstaates havarierten. Die Ereignisse überschlagen sich in gleichem Maße wie die Stimmung in der Bevölkerung zum Siedepunkt gelangte. Was wird aus dem Vereinigten Königreich, in dem in Schottland über die Unabhängigkeit und in Nordirland über eine Wiedervereinigung mit der Republik Irland nachgedacht wird? Was helfen die aktuellen hilflosen Selbst-Inszenierungen der Tories und welches Erbe schleppt Labour mit in die nächste Wahl? P.S.: Gerade als wir diesen Text formulierten, kam die Botschaft: Kwasi Kwarteng muss sein Büro räumen, sein Nachfolger ist Jeremy Hunt.
Veranstaltungen mit Beteiligung des Demokratischen Salons:
- Buchvorstellung „Offene Wunden Osteuropas“ in Düsseldorf: Das Buch „Offene Wunden Osteuropas – Reise zu Erinnerungsorten des Zweiten Weltkriegs“ von Franziska Davies und Katja Makhotina erschien am 28. April 2022, dem diesjährigen Yom HaShoah (Holocaust Remembrance Day), bei wbg Theiss in Darmstadt. Die nächste Buchvorstellung mit Moderation durch den Demokratischen Salon findet am 25. Oktober 2022 um 18 Uhr in Düsseldorf in der Stadtbibliothek (direkt hinter dem Hauptbahnhof) statt. Das Buch präsentiert Erinnerungsorte und sich erinnernde Menschen in Polen, in Belarus, in Russland, in der Ukraine und in Litauen, von denen wir in Deutschland viel zu wenig wissen. Letztlich geht es auch um konkurrierende Erinnerung, um Geschichtspolitik(en). Näheres im Essay „Sternenstaub im Wind“.
- Macht über Geist und Körper – Unterdrückte Literatur in und aus der DDR und ihre Geschichte nach 1989: Unter diesem Titel diskutiert Norbert Reichel am 19. Oktober 2022, 18.30 Uhr im Gustav-Stresemann-Institut (GSI) in Bonn mit Ines Geipel, Autorin mehrerer Bücher zur unterdrückten Literaturgeschichte der DDR und Professorin an der Ernst-Busch-Hochschule für Schauspielkunst in Berlin, sowie der Bonner Literaturwissenschaftlerin Kerstin Stüssel. Anlass ist die Neuauflage des Buches „Gesperrte Ablage“ (Lilienfeld-Verlag). Ines Geipel wird Texte von Edeltraud Eckert, Heidemarie Härtl, Thomas Körner, Ralf-Günter Krolkiewicz, Eveline Kuffel, Jutta Petzold, Radjo Monk, Gabriele Stötzer und Günter Ullmann vorstellen, repräsentativ für unterschiedliche Dekaden der DDR-Literaturgeschichte. Petra Kalkutschke und Rolf Mautz, freie Schauspieler*innen, u.a. in Bonn wirkend, werden Texte dieser Autor*innen vortragen. Partner des Demokratischen Salons sind neben dem GSI der Verein Wissenskulturen e.V., die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und die Theatergemeinde Bonn. Zur Sprache kommt auch das in diesem Jahr von Ines Geipel veröffentlichte Buch „Schöner neuer Himmel“. Die Bonner Buchhandlung Bartz sorgt dafür, dass Bücher erworben werden können. Ines Geipel ist bereit zu signieren, es gibt einen kleinen Empfang. Programm und Anmeldeformular finden Sie hier.
- Immer nur der „Westen“ – Was wir über und vom „Osten“ lernen sollten: So der Titel einer Veranstaltung am 7. November 2022 der Landeszentrale für politische Bildung NRW in Zusammenarbeit mit der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und dem Demokratischen Salon. Viel zu oft fehlt im „Westen“ der Wille, sich intensiv und fachkundig mit Positionen, Perspektiven, Entwicklungen der östlich der Oder liegenden Länder zu beschäftigen. In Deutschland gibt es noch immer kein kohärentes gesamtdeutsches Geschichtsbewusstsein, 40 Jahre DDR sind im Westen weitgehend in Vergessenheit geraten. Wie soll es da eine kohärente europäische Geschichtsschreibung geben? Norbert Reichel wird mit Markus Meckel, ehemaliger Außenminister der DDR und langjähriger Bundestagsabgeordneter, Agnieszka Ƚada-Konefał, Deutsches Polen-Institut, sowie der Journalistin Anastasia Tikhomirova über die Bilder vom „Osten“ im „Westen“ und umgekehrt diskutieren. Die grundlegende Frage: Wie könnte eine gesamteuropäische Sicht auf Gemeinsames und Trennendes in der Geschichte der europäischen Länder entstehen? Das Programm finden Sie hier, den Livestream verfolgen Sie hier.
Weitere Veranstaltungen, Ausstellungen und Wettbewerbe:
- Indigene Völker in Kolumbien: In Kolumbien leben 115 indigene Völker, die um die Anerkennung ihrer Lebensweisen sowie oft auch um ihr Überleben kämpfen. Am 21. und 29. Oktober finden online beziehungsweise live im Internationalen Frauenzentrum Bonn zwei aufeinander aufbauende Veranstaltungen zum Thema von Bildungskonzepten aus der Sicht indigener Gemeinschaften in Kolumbien statt. Die erste Veranstaltung stellt das Grundkonzept vor, die zweite vertieft in Form eines Workshops. Veranstalter sind der Verein Wissenskulturen und COLPAZ – Frieden für Kolumbien. Die Veranstaltung wird finanziell von der Stadt Bonn unterstützt. Das vorzustellende Bildungskonzept wurde von der Embera Chamí, Gemeinde Dachijoma in Anserma (Departament Caldas, Kolumbien) entwickelt. Weitere Informationen und Anmeldelink finden Sie hier.
- FILMFAIR 2022: Vom 27. Oktober bis zum 2. November 2022 findet im WOKI, einem Bonner Kino am Bertha-von-Suttner-Platz die 9. Bonner Filmfair statt. Gezeigt werden sieben Dokumentar- und Spielfilme, die sich mit demokratischen Rechten und sozialer Absicherung befassen. Es geht um internationale Perspektiven und Verflechtungen, dies anhand konkreter Portraits von Menschen, die sich gegen Unrecht wehren und für Würde und Hoffnung kämpfen. Weitere Informationen, auch zum Programm, finden Sie hier.
Bonner Buchmesse Migration: Vom 4. bis 6. November 2022 findet im Haus der Geschichte in Bonn die 13. Bonner Buchmesse Migration, diesmal mit dem Thema „Was ist Heimat“ statt. Die feierliche Eröffnung findet um 18 Uhr statt. Angeboten werden zahlreiche Lesungen von verschiedenen Autor*innen, darüber hinaus kann man sich an den Ständen der sich beteiligenden Verlage über deren Programme informieren. Weitere Informationen finden Sie hier.
- Demokratiebildung und Sozialpädagogik: Am November 2022, 18 Uhr, findet in Osnabrück der erste Zekos-Themenabend statt. Die zu diskutierende Frage lautet: „Wie gelingt Demokratiebildung junger Menschen in (sozial)pädagogischen Arbeitsfeldern?“ Der Verein wurde 2021 gegründet. Formlose Anmeldung wird bis spätestens zum 31.10.2022 per Mail erbeten. Weitere Informationen über den Verein finden Sie hier.
- Multiperspektivität in der Zeitenwende: So der Titel der Jahrestagung der Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche + Rechtsextremismus (BAG K+R), die vom 11. bis 12. November 2022 in Frankfurt am Main stattfindet. Diskutiert wird unter anderem über folgende Fragen: „Wie kann die Kritik des Rassismus zusammengedacht werden mit der Kritik des Antisemitismus, ohne diese beiden Felder gegeneinander auszuspielen? Wie verhalten sich in diesem Kontext die Aufarbeitung des Kolonialismus und die Erinnerung an den Nationalsozialismus zueinander?“ Das Programm finden Sie hier.
- Konferenz „Demokratische Lernkultur in Zeiten der Digitalisierung“: Diese Veranstaltung findet am 14. November 2022 in Berlin statt. Veranstalterin ist die Deutsche Gesellschaft für Demokratiebildung (DeGeDe) in Kooperation mit der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin. Die Konferenz findet in Partnerschaft mit dem Kompetenznetzwerk „Demokratiebildung im Jugendalter“ (dessen Internetseite dringend aktualisiert werden sollte!) und wird aus dem Bundesprogramm „Demokratie leben!“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert. Weitere Informationen finden Sie hier.
- Stipendienprogramm „Memory Work“: Die Beauftragte für Kultur und Medien hat für das bei der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur angesiedelte Internationale Stipendienprogramm „Memory Work“ Sondermittel in Höhe von 750.000 € für das Jahr 2022 zur Verfügung gestellt. Dank dieser Mittel kann die Stiftung Stipendien für geflüchtete Akteur*innen der Zivilgesellschaft aus Russland, der Ukraine und Belarus zur Verfügung zu stellen. Die Stipendien können ab sofort mit einer Laufzeit längstens bis 31. Dezember 2022 beantragt werden. Hier der Ausschreibungstext, hier das Antragsformular. Weitere Informationen über diese Adresse, ebenso über diese.
- Kriegslandschaften: Die Fotokünstlerin Mila Teshaieva präsentiert im Museum Europäischer Kulturen Berlin ihre Fotoausstellung „Splitter des Lebens“. Die Ausstellung ist bis zum 15. Januar 2023 geöffnet. Die Künstlerin versteht sich nicht als Kriegsfotografin, sondern will zeigen, wie Menschen im Krieg leben. Ihr Kriegstagebuch ist auf der Plattform decoder.org erschienen. Der Berliner Tagesspiegel berichtete. Weitere Hinweise zur Ausstellung finden Sie hier.
Kurznachrichten und weitere Empfehlungen:
- Antisemitismus in der Justiz: Das Kompetenznetzwerk Antisemitismus führte am 21. September 2022 in der nordrhein-westfälischen Landesvertretung eine Veranstaltung zum Umgang mit Antisemitismus in Polizei, Justiz und Strafvollzug durch. Beachtenswert die Vorstellung des Projekts „Struggling for Justice – Antisemitismus als justizielle Herausforderung“ der Universität Gießen, das unter anderem auch die Wirkung des berüchtigten Wuppertaler Urteils von 2014 nachzeichnete. Hörenswert ferner die Beiträge von Samuel Salzborn, Friederike Lorenz-Sinai, Marina Chernivsky und das Grußwort der nordrhein-westfälischen Antisemitismusbeauftragten Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Die vollständige Aufzeichnung finden Sie hier.
Literaturnobelpreis und Antisemitismus: Den Literaturnobelpreis 2022 erhält Annie Ernaux. Die Süddeutsche Zeitung veröffentlichte am 8. Oktober 2022, einen Beitrag von Nils Minkmar mit der Überschrift „Annie Ernaux, Israel und der Antisemitismus“, der sich an einem vorangegangenen Beitrag der Jerusalem Post Annie Ernaux – so in beiden Texten nachlesbar – gehört zu denjenigen, die ihre Unterschrift gerne unter jede Eingabe setzen, in der Israel beschuldigt wird. Sie hat auch mehrfach BDS unterstützt. Nils Minkmar beschreibt an ihrem Beispiel ein klassisches Dilemma linker Politik (siehe auch Günter Grass oder Roger Waters): „In diesem Kontext ist die Unterstützung von Boykottaufrufen der Diffamierungsorganisation BDS durch Annie Ernaux zu verorten: In dieser Unterstützung Ernaux‘ drückt sich noch kein Antisemitismus und keine Gegnerschaft zum Existenzrecht Israels aus, sondern eine altertümliche und in diesem Fall bedauerliche Treue zu einer Ideologie, in der Israel nun mal als Feind der deklassierten und unterdrückten Palästinenser erscheint, als örtlicher Verbündeter der US-Republikaner und eben nicht als Heimat der vom weltweiten Antisemitismus bedrohten Juden.“ Anders gesagt: die Frage ist nicht nur, ob die genannten Äußerungen von Annie Ernaux antisemitisch sind, sondern auch, ob sie antisemitischen Einstellungen und Äußerungen Vorschub leisten. Dies ist mit Sicherheit der Fall, solange sie ihre Äußerungen nicht differenziert.
- Armenien: Am 19. Juli 2022 veröffentlichten Wissenschaftler*innen, Kulturschaffende und viele weitere Personen des öffentlichen Lebens einen Aufruf gegen die drohende Vernichtung des armenischen Kulturerbes in Bergkarabach. Hintergrund war eine Konferenz zum Thema „Das kulturelle Erbe von Arzach“ an der Staatlichen Universität von Jerewan und in der Diözese der Armenisch-Apostolischen Kirche von Vayots Dzor (Armenien). Den Hinweis verdanke ich Markus Meckel, der zu den Unterzeichnern gehört. Der Aufruf schließt unter anderem an einen Beschluss des Europäischen Parlaments vom 10. März 2022 an, der die Politik Aserbaidschans verurteilte, das armenische Kulturerbe in und um Bergkarabach herum auszulöschen oder gar seine Existenz zu leugnen. Den Aufruf und weitere Hintergrundinformationen finden Sie hier.
- Russische Opposition: Am 4. Oktober um 18 Uhr sprach David Schraven für das Redaktionsnetzwerk Correctiv mit Sergey Lukashevskiy, dem Direktor des Sakharov-Zentrums in Moskau, der aus seiner Heimat fliehen musste und sich im Exil gegen die Propaganda Putins engagiert. Den Live-Stream können Sie hier nachverfolgen.
- Gaslobby: Wer alles aus welchen Gründen die Firma Gazprom und anderswo wie unterstützt hat, dokumentiert das Redaktionsnetzwerk Correctiv. Sichtbar werden Personen und Netzwerke, Chronologie und Strukturen. Die Dokumentation finden Sie hier.
- Rechte Netzwerke, rechter Terror: Beachtenswert der CeMAS Report „Militanter Akzelerationismus – Ursprung und Aktivität in Deutschland“ (Center für Monitoring, Analyse und Strategie), ein Nachschlagewerk für die Offline- und Online-Aktivitäten militanter rechtsextremer Akzelerationist*innen in Deutschland. Deren Ziel ist der Zusammenbruch demokratischer und liberaler Gesellschaften. Der Bericht erschien am 15. September 2022 (Quelle: Correctiv). Am 21. September 2022 veröffentlichte Correctiv eine Recherche von Alice Echtermann über die Webseite „Unser Mitteleuropa“, die falsche Informationen verbreitet und gegen Migration hetzt. Die Seite ist in elf europäischen Ländern präsent und eng mit rechtspopulistischen und rechtsextremen Parteien vernetzt.
- Zusammenarbeit in Europa: Die 299. Ausgabe der vom Deutschen Polen-Institut herausgegebenen Polen-Analysen dokumentiert einen am 18. August 2022 in der Gazeta Wyborcza veröffentlichten Brief von Eugeniusz Smolar an Annalena Baerbock sowie die Rede der deutschen Außenministerin vom 2. August 2022 an der New School, New York City. Der Brief war eine Antwort auf diese Rede. Eugeniusz Smolar (*1945) ist Mitglied des Stiftungsrates des für internationale Angelegenheiten Warschau und ehemaliger Direktor der Polnischen Sektion des BBC World Services in London. Er wehrt sich gegen eine Identifikation der aktuellen polnischen Regierung mit der polnischen Bevölkerung und betont, dass 80 Prozent der Pol*innen pro-europäisch sind, Zusammenarbeit aber des Konsenses bedarf: „Unter den aktuellen Bedingungen auf Mehrheitsentscheidungen und die Schaffung eines föderalen Europa zu beharren, ist Ausdruck einer spezifischen politischen Farbenblindheit, denn es ist nicht nur unrealistisch, sondern schlicht schädlich für das sensible Gleichgewicht zwischen den Mitgliedsstaaten. Darüber hinaus wird das von den Souveränisten in Frankreich, Italien, Spanien oder Polen ausgenutzt. Sich gegen die Gefahren der aggressiven Nationalismen zu stellen, sogar wenn sie Ängsten entspringen und auf Verteidigung ausgerichtet sind, kann aus unserer Perspektive nicht die Notwendigkeit aufheben, das funktionale Modell der vertieften Integration in Vielfalt zu stärken.“ Die vollständige Dokumentation beider Texte finden Sie hier.
- Rollenvorbild Löwenmutter: Am 28. September 2022 veröffentlichte Thea Dorn in der ZEIT einen Essay zur Frage der Attraktivität rechter Parteien für Frauen sowie zur Frage, warum Frauen in rechten Parteien, allen voran Marine Le Pen und Giorgia Meloni, führende Positionen übernehmen bis hin zur Parteichefin. Thea Dorn schreibt, „dass weder Le Pen noch Meloni versuchen, sich als Helikoptermutter zu verkaufen. Ihr Ideal scheint vielmehr die Löwenmutter zu sein. Paradoxerweise dürfte bei dieser Stilisierung just ein biografisches Detail helfen, das bei Rechtswählern traditionell keinerlei Begeisterung hervorruft: Le Pen ist doppelt geschieden, Meloni unverheiratet. Offenbar lässt sich mit der unterschwelligen Botschaft, dass auf die Kerle kein Verlass ist, während die Mutter immer die Mutter bleibt (‚La mamma è sempre la mamma‘), selbst in dem Milieu punkten, das behauptet, nach wie vor an die ‚heilige Familie‘ zu glauben.“ Der „nanny state“ wird zum „mommy state“. Im Folgenden denkt Thea Dorn darüber nach, ob dieses Modell auch jenseits rechter Parteien funktionieren könnte. Namentlich erwähnt sie Angela Merkel („Mutti“) und Annalena Baerbock, die auf Bildern mit flüchtenden ukrainischen Kindern zu sehen ist. Den vollständigen Essay lesen Sie hier.
- Guter Flüchtling, schlechter Flüchtling: Im Bielefelder transcript-Verlag erschien 2022 das Buch „Deutschland und seine Flüchtlinge – Das Wechselbad der Diskurse im langen Sommer der Flucht 2015“ von Uwe Becker. Der Autor analysiert mit Methoden der Diskursforschung die verschiedenen Phasen, Bilder und Metaphern der Berichterstattung über Flüchtende, von den Bildern des ertrunkenen Alan Kurdi über die Kölner Sylvesternacht bis hin zur Ankunft ukrainischer Flüchtender nach dem 24. Februar 2022 und der „Zeitenwende“-Rede des Bundeskanzlers am 27. Februar 2022. „Es zählt, was erzählt wird.“ Und natürlich auch wann, wie und von welchen „Erzählinstanzen“ mit welchen Figuren (z.B. der „Schlepper“ und „Schleuser“ oder die Frage, ob da Fachkräfte oder zukünftige Sozialhilfeempfänger*innen kommen). Die Komplexität des Themas wird reduziert. Das Buch ist dank der Förderung des Bundesbildungsministeriums im open access verfügbar.
- Geschlechtsgerechte Sprache (Gendern): Mitunter könnte mensch den Eindruck haben, es gäbe kein wichtigeres Thema. Bei einer der letzten Wahlen nannte der von der Bundeszentrale für politische Bildung herausgebene wahl-o-mat als einziges Thema zur Geschlechtergerechtigkeit das Gendersternchen. Equal Pay, #youtoo, Quoten und andere Themen kamen nicht zu ihrem Recht. Lara Schwenner hat für Quarks untersucht, ob das „Gendern“ tatsächlich etwas für mehr Gleichstellung von Frauen und Männern sowie sich unter der Rubrik divers verortenden Menschen bewirkt. Die Antwort ist ja. Die Redaktion stellt „deutliche Effekte“ Wenn nur die männliche Form verwendet wird, stellen sich die meisten Menschen auch nur Männer vor. Wird gegendert, werden Frauen „sichtbarer“, bei Berufsbezeichnungen trauen sich Mädchen Berufe zu, die sie sich bei der rein männlichen Bezeichnung nicht zutrauten. Die Autorin notiert, dass schon 1748 Johann Christoph Gottsched für das Gendern plädierte und es auch im Mittelalter entsprechende Initiativen gab. Aber der Weg ist lang. Den vollständigen Bericht finden Sie hier
- Deutscher Kulturpolitikpreis: Dieser Preis wurde am 21. September 2022 Bénédicte Savoy Gewürdigt wurde – so der Deutsche Kulturrat, der diesen Preis verleiht – „das außerordentliche wissenschaftliche wie kulturpolitische Engagement mit Blick auf den Kunstraub und die Restitution von Kulturgut, das die Arbeit von Prof. Dr. Bénédicte Savoy auszeichnet. Kunstraub und der Umgang mit geraubter Kunst (…). Besondere Verdienste hat sie sich mit ihrem nachdrücklichen Einsatz für die Rückgabe von Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten im In- und Ausland erworben.“ Eine Aufzeichnung der Verleihung finden Sie hier.
- Bibliographie Ganztagsschule: Inzwischen ist die Zahl der wissenschaftlichen Arbeiten zu Ganztagsschulen recht unübersichtlich geworden. Herwig Schulz-Gade und Hannes Großhauser haben im Wochenschau-Verlag eine Bibliographie Ganztagsschule veröffentlicht, die Forschungsarbeiten von 2010 bis 2021 dokumentiert. Diese Bibliographie gehört in die Hände aller für die Umsetzung des Rechtsanspruchs verantwortlichen Akteur*innen in Schul- und Jugendministerien, Kommunen und Zivilgesellschaft, damit der Rechtsanspruch auch zu einer besseren Qualität des Ganztags führt und nicht nur zu einer Ausweitung von Quantitäten.
- Dihydrogenmonoxid: In verschiedenen Verschwörungserzählungen ist davon die Rede, dass die von Flugzeugen verursachten Kondensstreifen Dihydrogenmonoxid enthalten, das Krankheiten verursache und sich schon zu 70 Prozent im menschlichen Körper abgelagert habe. Wer im Chemieunterricht aufgepasst hat, könnte erschließen, um was es sich handelt: Wasser, bestehend aus zwei Wasserstoff- und einem Sauerstoffatom, das in der Tat der Hauptbestandteil im menschlichen Körper ist. (Quelle: Faktencheck von Correctiv vom 23. September 2022).
Wir wünschen allen unseren Leser*innen viel Gewinn beim Lesen und Nachdenken! Unser herzlicher Dank gilt all denen, die den Demokratischen Salon: durch Anregungen, Gespräche, Korrekturen so diskussionsfreudig unterstützen. Wir würden uns freuen, wenn diejenigen, die in den sozialen Netzwerken unterwegs sind, dort auf den Demokratischen Salon: hinweisen.
In etwa vier Wochen melden wir uns wieder.
Wir grüßen Sie alle herzlich.
Ihre Beate Blatz und Ihr Norbert Reichel
(Alle Internetzugriffe erfolgten zwischen dem 6. und 13. Oktober 2022.)
P.S.: Sollte jemand an weiteren Sendungen meines Newsletters nicht interessiert sein, bitten wir um Nachricht an info@demokratischer-salon.de. Willkommen sind unter dieser Adresse natürlich auch wertschätzende und / oder kritische Kommentare und / oder sonstige Anregungen.