„Besprechung mit anschließendem Frühstück“
Aya Zarfati über historisch-politische Bildung im Haus der Wannsee-Konferenz
„Antisemitismus gibt es in Europa lange vor 1933. Das NS-Regime macht ihn zur politischen Leitlinie. Es will die jüdische Minderheit aus der Gesellschaft ausgrenzen und vertreiben. (…) Bis Ende 1941 weitet das NS-Regime seine Mordpläne auf alle Jüdinnen und Juden in Europa aus. Die Verfolgung und Ermordung der jüdischen Bevölkerung wird nicht nur von Staat und Partei betrieben. Viele Einzelne unterstützen die antijüdische Politik und gewinnen dadurch Vorteile. Andere sind gleichgültig oder schauen weg. Das Wissen um die Verbrechen verbreitet sich schnell.“ (aus dem Katalog der Dauerausstellung der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz)
„Besprechung mit anschließendem Frühstück“ – recht euphemistisch lautete die Einladung für den 20. Januar 1942 zu der Konferenz in die idyllisch am Wannsee gelegene Villa Marlier, die als „Wannsee-Konferenz“ in die Geschichte einging. Es dauerte 36 Jahre, bis der Ort der „Wannsee-Konferenz“, die Villa Marlier, ein Ort der Erinnerung an die Shoah wurde. Joseph Wulf (*1912, im Jahr 1974 nahm er sich das Leben), jüdischer Widerstandskämpfer und Überlebender des Vernichtungslagers Auschwitz, forderte bereits 1956 die Einrichtung eines „Internationalen Dokumentationszentrums zur Erforschung des Nationalsozialismus und seiner Folgeerscheinungen“. Die Eröffnung der Bildungsstätte „Haus der Wannsee-Konferenz“ dauerte noch bis zum Jahr 1992.
Die 15 teilnehmenden Herren vertraten Staat und Partei. Für sie war die Dimension ihres Auftrags, die Ermordung der europäischen Juden, ein ganz normaler Vorgang im Rahmen ihrer täglichen Arbeit. Wer sich die heute Ausstellung über die Wannseekonferenz in der Villa anschaut, erfährt viel über ministeriale Prozesse, und wer solche Prozesse vielleicht sogar aus der Innensicht kennt, wird viel Vertrautes finden und fragen: Wie kann es sein, dass Menschen, die sich wie völlig „banale“ Beamte verhalten, gleichviel ob in einem Ministerium oder in einer Parteiorganisation, Männer, die ihre Kinder und ihre Hunde lieben, so dienstbeflissen und konsequent einen Massenmord planen?
Hans-Christian Jasch, ehemaliger Direktor des Hauses der Wannsee-Konferenz, hat in seiner Dissertation „Staatssekretär Wilhelm Stuckart und die Judenpolitik – Der Mythos von der sauberen Verwaltung“ (München, Oldenbourg, 2012) plausibel analysiert, wie die deutsche Beamtenschaft die Rechtsgrundlagen für den Massenmord ermöglichte. Seine Nachfolgerin als Direktorin des Hauses der Wannsee-Konferenz ist seit dem 1. Dezember 2020 die österreichisch-israelische Politologin Deborah Hartmann. Maßgeblich an der Entwicklung des pädagogischen Programms beteiligt ist die in Israel geborene Historikerin Aya Zarfati.
Didaktische Unzulänglichkeiten eines Schüleraustauschs

Aya Zarfati während des Gedenkenstättenseminars 2024 der Bundeszentrale für politische Bildung, Berlin/Wannsee © Jan Bechberger.
Norbert Reichel: Wie kamen Sie von Israel nach Deutschland?
Aya Zarfati: Vor 15 Jahren bin ich über die Aktion Sühnezeichen als israelische Freiwillige nach dem Militärdienst und dem Bachelorstudium nach Berlin gekommen. Ich hatte in Israel Geschichte und Jura studiert, anschließend an der Humboldt-Universität zu Berlin ein Masterstudium „Europäische Geschichte“ mit dem Schwerpunkt Nationalsozialismus abgeschlossen. Das war auch schon mein Schwerpunkt im Bachelorstudium in Tel Aviv. Dort konnte man zwischen mehreren Schwerpunkten wählen, zum Beispiel der Geschichte des Volkes Israel und europäische Geschichte. Mich interessierte die deutsche Gesellschaft, die Täterschaft, Themen, die in der Schule nicht vorgekommen waren. Ich konnte in Berlin im Jüdischen Museum, in der Gedenkstätte Sachsenhausen und in anderen Einrichtungen arbeiten. Im Jahr 2015 bekam ich eine feste Anstellung, seit Januar 2025 leite ich die Abteilung Bildung und Forschung zusammen mit Matthias Haß.
Norbert Reichel: Wie kamen Sie auf die Idee, nach Deutschland zu reisen?
Aya Zarfati: Es war kein Zufall, dass ich mich für Deutschland interessierte. Mit 16 nahm ich an einem Schüleraustausch nach Deutschland teil. Das Angebot, nach Deutschland zu fahren, gibt es in sehr vielen Schulen in Israel und es gibt sehr viele Schüler:innen, die es wahrnehmen. Es gehört zum Programm der Schulen. Es ist nichts Ungewöhnliches. Das war der Anfang. Für Österreich gab es das im Übrigen nicht.
Norbert Reichel: Wie haben Sie damals Deutschland wahrgenommen?
Aya Zarfati (zögert ein wenig mit der Antwort): Unfassbar grün – es war im Sommer und in Israel ist im Sommer alles gelb. Das war 1997. Ich war davon fasziniert, dass viele Dinge, die in Israel als Statussymbole galten – zum Beispiel ein eigenes Haus – hier in Deutschland als selbstverständlich gelten. Das ist im Zentrum Israels nicht denkbar, weil dort einfach nicht genug Platz ist. Autos mussten nicht importiert werden. Das waren die ersten Eindrücke. Ich war in Jünkerath in der Nähe von Gerolstein in der Eifel.
Norbert Reichel: Welche Rolle spielte die Shoah bei diesem Schüleraustausch?
Aya Zarfati: Die Shoah war offiziell eher weniger präsent. Wir waren zwar mit der deutschen Schülergruppe zusammen in Weimar und in Buchenwald, aber die Lehrkräfte hatten uns nicht gut vorbereitet. Sie hatten mit uns die israelische Zeremonie des Holocaust-Gedenktags, des Yom HaShoah, eingeübt, auf Hebräisch. Das ist bei einem Austausch mit einem anderen Land schon schräg, denn die deutschen Schüler:innen verstanden gar nichts. Der Besuch war eher performativ. Es hat auch furchtbar geregnet. Ich kann mich nicht erinnern, dass jemand konkret über das Lager gesprochen hätte. Wegen des Regens haben wir die Zeremonie auch nicht auf dem Gelände, sondern in dem Krematorium durchgeführt. Ich hatte in Erinnerung, dass es sechs Öfen gab, weiß aber nicht, ob es wirklich so war oder ob ich mir diese symbolische Zahl eingebildet habe.
Vor einem Jahr war ich wieder in Buchenwald und stellte fest, dass die Zahl stimmte. Dieser zweite Besuch war wichtig, weil ich reflektieren konnte, was es heißt, wenn man über solche Sachen nicht spricht. Was kommt dann heraus? Jünkerath habe ich damals „Judenrath“ genannt. Das war so etwas, das man als Jugendliche unausgesprochen versteht. Solche Erlebnisse haben meine Arbeit mit Jugendlichen sehr beeinflusst, insbesondere die Frage, wie man solche Besuche vor- und nachbereitet.
Norbert Reichel: Jünkerath und Buchenwald liegen ziemlich weit auseinander.
Aya Zarfati: Und auf dem Weg waren wir im Fantasialand! Wir waren etwa zehn Tage in Deutschland. Wir haben in Familien gewohnt, aber haben eben eine Nacht in Weimar verbracht. Das war schon eine längere Busreise.
Norbert Reichel: Sie sind inzwischen israelische und österreichische Staatsbürgerin.
Aya Zarfati: Seit 2021 habe ich neben der israelischen auch die österreichische Staatsbürgerschaft. Das beruht auf einem österreichischen Gesetz, das die FPÖ im Jahr 2019 auf den Weg gebracht hat. Bis dahin konnte man die österreichische Staatsangehörigkeit nur beantragen, wenn der Vater oder der Großvater Österreicher waren. Durch die Gesetzesänderung war es auch möglich, wenn die Mutter oder die Großmutter Österreicherinnen waren. Das war bei mir der Fall, weil meine Oma in der Steiermark geboren war. Österreich hat seit 2019 das Verfahren für diejenigen, die die österreichische Staatsangehörigkeit auf dieser Grundlage beantragten, sehr einfach gestaltet. Es ging extrem schnell.
Didaktische Leitgedanken

Raum 2 Von der Ausgrenzung zum Massenmord © GHWK / Thomas Bruns.
Norbert Reichel: Klassenfahrten und Schüleraustausch leiden oft unter einem Dilemma: Man bekommt etwas mit und bekommt es doch nicht mit. Sie wollen, dass sich dies ändert, und dies ist auch der Auftrag, den sich das Haus der Wannsee-Konferenz gegeben hat. Das Besondere des Hauses der Wannsee-Konferenz als Gedenkstätte und Bildungsstätte liegt meines Erachtens erst einmal darin, dass es ein Täterort ist wie sonst in Deutschland nur die Wewelsburg bei Paderborn und Vogelsang in der Eifel.
Ich habe zur Vorbereitung unseres Gesprächs Ihren neuen Katalog angeschaut, der mich sehr beeindruckt. Man findet Originaldokumente im Faksimilie, Biografien von Opfern und Tätern, eine Übersicht über Anklagen und Nicht-Anklagen, Fotografien von Tatorten und vieles mehr. Sehr ansprechend ist auch der Einstieg mit kurzen Erklärungen, was aus Dokumenten ersichtlich ist, was wir über Verfasser und Empfänger erfahren, worum es inhaltlich geht, was Stempel bedeuten, was Fotos verraten, was wir dort sehen, was wir dort nicht sehen und wie die Perspektiven von Betroffenen, Tätern und Umstehenden erschlossen werden können. Was war der Leitgedanke?
Aya Zarfati: Die Bezeichnung „Täterort“ mag ich zunächst nicht so gern. Natürlich beschäftigen wir uns dort stärker mit den Täter:innen als an anderen Orten, wie zum Beispiel einer KZ-Gedenkstätte. Aber es gab und gibt keine Täter:innen ohne Opfer und keine Opfer ohne Täter:innen – deshalb müssen wir immer über beide Gruppen sprechen. Zu Ihrer Frage: Es gab ein Projektteam unter Leitung des damaligen Direktors Hans-Christian Jasch und von Elke Gryglewski, die damals die Bildungsabteilung leitete. Beide sind nicht mehr im Haus, Herr Jasch kehrte ins Bundesinnenministerium zurück, Elke Gryglewski leitet jetzt die Gedenkstätte Bergen-Belsen und ist Geschäftsführerin der Stiftung Niedersächsische Gedenkstätten. Aus dem Team ist nur noch eine Person im Haus. Wir haben die Ausstellung im Grunde übernommen. Ich finde sie und den Katalog sehr gelungen.
Am Prozess war die Bildungsabteilung damals nicht so sehr beteiligt, aber das ursprüngliche Konzept wurde aufgrund ihrer Intervention verändert. Es gab im Grunde zwei Konfliktpunkte. Im Vordergrund stand unserer Meinung nach zunächst viel mehr die Nachkriegszeit als die Ereignisse selbst. Die jetzige Ausstellung beschäftigt sich ausdrücklich mit der sogenannten Wannsee-Konferenz und zeigt die Verstrickung der deutschen Behörden in diesen Prozess. Daher fallen einige Zeiträume raus, beispielsweise die Weimarer Republik. In der Konzeptionsphase gab es viele, die meinten, man könne den Nationalsozialismus und die Shoah nicht erklären, wenn man nicht die Vorgeschichte erkläre. Raum 2 spannt einen weiten historischen Bogen – von Ausgrenzung über Verfolgung bis zum Massenmord an den Jüdinnen und Juden. Das ist nicht so einfach, denn die Gruppen, die zu uns kommen, beschäftigen sich nicht unbedingt mit anderen Abschnitten an anderen Orten. Es gibt bei uns viele Referent:innen und Mitarbeiter:innen, die die Vorgeschichte integrieren. Ich selbst mag diesen Raum 2 nicht so sehr, weil er zu voll mit Informationen ist. Ich habe daher einen Weg gefunden, mich von hinten an die Wannsee-Konferenz anzunähern. Viele loben, dass die Ausstellungen niemanden zwingt chronologisch vorzugehen. Man kann an vielen unterschiedlichen Punkten beginnen.
Norbert Reichel: Anders kann man es eigentlich auch gar nicht machen. Ich halte das für didaktisch besser als wenn man sich entlang der Chronologie vorwärtsbewegt. In Katalogen blättere ich gerne herum, finde eine besonders spannende Stelle und erschließe mir von dort aus dann alles andere. Ebenso in Ausstellungen.

Raum 6 Arbeitsteilige Täterschaft © GHWK / Thomas Bruns.
Aya Zarfati: Im Raum 6 gibt es zum Beispiel die Zeit nach der Wannsee-Konferenz. Anhand verschiedener Tafeln kann man aber zurückgehen. Wir denken nicht linear, auch die Geschichte lässt sich nicht linear erzählen.
Norbert Reichel: Das entspricht auch den unterschiedlichen Vorerfahrungen von Besucher:innen. An manchen Stellen werden sie sich fragen, warum sie sich etwas anschauen sollen, das sie schon längst kennen, an anderen Stellen haben sie ein Aha-Erlebnis und werden hellwach, weil sie etwas völlig Neues entdecken.
Aya Zarfati: Früher war es oft so, dass die Besucher:innen sich den Raum, in dem die Konferenz stattgefunden hatte, anschauten und wenige Minuten später im Garten mit Blick auf den See standen. Das ist nicht mehr so. Jetzt verbringen sie viel mehr Zeit in der Ausstellung, können Vieles selbst erschließen und werden nicht von Textmassen abgeschreckt.
Norbert Reichel: Historische Fakten lassen sich meines Erachtens am besten mit Fotos und Dokumenten vermitteln. Im Katalog wird man an verschiedenen Stellen immer wieder auf dieselbe Sache gestoßen. Zum Beispiel das Protokoll: Es ist nicht einfach über endlose Seiten abgedruckt, sondern es gibt dazwischen Kommentare, Bilder, kurze Texte in verschiedenen Schrifttypen.
Aya Zarfati: In der Ausstellung gibt es daher auch immer wieder Gelegenheiten, etwas zu vertiefen. Man kann, aber man muss nicht alles nutzen. Die 15 Teilnehmer sind beispielsweise in drei unterschiedlichen Kategorien abgebildet, SS und Polizei, Regierung, Administration in den besetzten Gebieten. Danach kommt man in Raum 6 und erfährt, wer vor Gericht kam, wer sich selbst tötete und so weiter. Ich muss nicht erst einmal die Biographien lesen, sondern kann über Flex-Tafeln bestimmte Quellen nach Berufsgruppen durchsuchen. Zum Beispiel auch die Wirtschaft, was hatte die deutsche Wirtschaft mit dem Holocaust zu tun? Oder die Wehrmacht? Diese war an der Wannsee-Konferenz nicht beteiligt, aber das heißt nicht, dass sie nicht in den Holocaust involviert war.
Bei Führungen erleben wir, dass es für Schüler:innen, auch für erwachsene Besucher:innen sehr schwierig ist, dies zu verstehen. Eine Führung dauert bei uns etwa 90 Minuten. Wir bemühen uns, von den 15 Männern wegzukommen. Das ist eine Tätergruppe, aber es gibt auch andere Tätergruppen, und wie verhalten sich verschiedene Berufsgruppen, Privatleute? Neben der Frage, wer beteiligt war, steht die Frage im Vordergrund, was man in der deutschen Gesellschaft wissen konnte. Das finden wir vor allem im Raum 7.
Eine Ressortbesprechung zum Massenmord
Norbert Reichel: Ein Kernpunkt in Diktaturen und erst recht im Nationalsozialismus ist die Verschränkung von Staat und Partei. Es gibt inzwischen drei Filme über die Konferenz. Als ich den ersten Film sah, hatte ich als Beamter eines Ministeriums ein merkwürdiges Erlebnis. Es wird ja immer gesagt, auf der Wannsee-Konferenz wurde die Ermordung der europäischen Juden beschlossen. So einfach war es nun doch nicht. In der Wannseekonferenz trafen sich nicht die Top-Leute des NS-Regimes, sondern die zweite oder zum Teil auch dritte Reihe. Ich sah 15 Männer, die sich in ihren jeweiligen Zuständigkeiten völlig zivilisiert über das weitere Vorgehen beim Mord an den europäischen Juden verständigten. Der eigentliche Streitpunkt war neben der Frage, wer als Jude gelten sollte und wer nicht, und der Frage nach den Rechtsgrundlagen, auf denen vor allem Wilhelm Stuckart bestand, der als „Gesetzesonkel“ bezeichnet wurde, die Frage der Federführung, die Reinhard Heydrich für sich beanspruchte und durchsetzte. Ist dies vermittelbar?
Aya Zarfati: Das ist eine wichtige Frage. Ich sagte schon, dass ich die Ausstellung von hinten durchgehe. Ich fange mit den Filmen an. Warum braucht man drei Filme? Warum ging diese Besprechung als Wannsee-Konferenz in die Geschichte ein und nimmt (bis heute) eine so große Bedeutung ein? Die Bedeutung der Konferenz entstand im Nachhinein, manchmal mit falschen Vorstellungen. Wir enttäuschen unsere Besucher:innen immer wieder, wenn sie sehen, der Hitler war gar nicht da und das ganze dauerte etwa 90 Minuten. Ich sage immer, es geht nicht darum, dass ihr falsch liegt und ich als tolle Historikerin das besser weiß. Das Bedürfnis, den Holocaust zu verstehen, ist das eine, aber wir können ihn nicht verstehen, wenn wir nicht die Komplexität zeigen. Das war eben nicht eine einmalige und einfache und klare Entscheidung. Für unsere Besucher:innen ist es viel nachvollziehbarer, wenn es ein Datum gibt, einen Heydrich, ein Protokoll. Die meistgestellte Frage bei Führungen ist die nach dem Tisch? Warum ist der weg? Wir hatten den echten Tisch in der Ausstellung nie gehabt und wissen auch nicht, ob alle rund um einen Tisch saßen. Im dritten Film hat Peter Klein das geändert. Es gibt nicht mehr einen Tisch, sondern in T-Form zusammengestellt drei Tische. In Yad Vashem werden die Teilnehmer nicht an einem Organogramm gezeigt, sondern an einem Tisch mit Heydrich an der Spitze, Eichmann daneben gleichrangig.
Norbert Reichel: Obwohl Eichmann in der Beamtenhierarchie zwei Stufen unter Heydrich stand, ein einfacher Referatsleiter, mit einem jedoch ausgesprochen großen Referat. Und auch Heydrich hatte einen Vorgesetzten.
Aya Zarfati: Bei uns sieht man sehr schnell, dass Eichmann zwar der bekannteste, aber nicht der hochrangigste war. Alle anderen hatten einen höheren Rang.
Norbert Reichel: Es war im Grunde eine – man traut sich bei der Ungeheuerlichkeit des Gegenstands kaum es zu sagen – einfache Ressortbesprechung. Und das Referat von Eichmann, das Referat IV B 4, hatte die Aufgabe, sie vorzubereiten und zu protokollieren.
Aya Zarfati: Als Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei uns war, sagte er, dass ihm die Abläufe sehr bekannt vorkämen, auch wenn man manche Begriffe selbstverständlich nicht mehr verwendet. Ich erinnere mich, als ich im Journalismus gearbeitet und Texte redigiert habe, konnte man sofort erkennen, welche Reporter einfach eine Pressemitteilung eines bestimmten Ministeriums kopiert hatten und welche sich die Mühe gemacht hatten, sie in eine einfache Sprache zu übersetzen, damit die Leser verstehen, welche Auswirkungen das für sie hat. Im Protokoll ist die Rede von einer „Besprechung“ und nicht von einer Konferenz. Die jetztige Ausstellung benutzt die Formulierung „die Besprechung am 20. Januar 1942”. Ich habe das Endlektorat für die hebräische Übersetzung des Katalogs gemacht und dabei gemerkt, dass das auf Hebräisch gar nicht funktioniert. Wenn ich „Wannsee-Konferenz“ in Anführungszeichen schreibe, ist das fast schon Geschichtsleugnung. Wir haben daher an manchen Stellen doch wieder „Wannsee-Konferenz“ geschrieben.
Norbert Reichel: Der Begriff „Wannsee-Konferenz“ hat natürlich auch Symbolcharakter. Ich kann mir gut vorstellen, dass dann eine „Besprechung“ zum Euphemismus wird und den Eindruck erweckt, als wolle man gezielt die Konferenz und damit die Shoah, den Holocaust, verharmlosen.
Aya Zarfati: Dabei spielt auch die jeweilige Perspektive eine Rolle, aus der man auf die Wannsee-Konferenz blickt. Es ist schon ein Unterschied, ob ich aus jüdischer oder aus nicht-jüdischer Perspektive auf die Wannsee-Konferenz schaue. Aus der nicht jüdischen Perspektive ist es – ich sage es auf englisch – „state sponsored mass murder“. Unter der Schirmherrschaft des Staates, mit Beamten, mit Gesetzen, mit allem, was ein Staat so macht. Aus der jüdischen Perspektive geht es um die Totalität, bis zum letzten Juden, auch die 200 aus Albanien.
Norbert Reichel: Sie haben im Katalog auch die Liste mit den Zahlen der elf Millionen Juden in den verschiedenen europäischen Ländern abgedruckt. Eine ungeheuerliche Zahl, die wir heute auch im Hinblick auf die Zahl der von den Nazis und ihren Helfershelfern ermordeten sechs Millionen Jüdinnen und Juden.
Aya Zarfati: Maxim Biller hat bei seinem Besuch zur Eröffnung der neuen Dauerausstellung sinngemäß geschrieben: „Ich war mit Rosa an dem Ort, an dem, wenn wir in den 1940er Jahren gelebt hätten, über unser Schicksal entschieden worden wäre.“ Diese Liste hat einen ganz persönlichen Bezug für Jüdinnen und Juden. Diese Ebene versuchen wir in unseren Führungen immer deutlich zu machen.

Tafel mit Leni Riefenstahl als Augenzeugin einer Massenerschießung, Tafel aus einer früheren Version der Ausstellung © Steven Sieberth.
Norbert Reichel: In der früheren Ausstellung war ein Bild zu sehen, das Leni Riefenstahl zeigte, wie sie kurz nach dem Überfall auf Polen, schon am 12. September 1939, an einer Erschießung teilnahm. Ihr Gesichtsausdruck spricht Bände und zeigte auch, dass sie log, wenn sie behauptete, sie hätte nichts von den Verbrechen der Nazis gewusst. Die drei Soldaten auf dem Bild schauen mehr oder weniger teilnahmslos, emotionslos, Blicke fast ohne jedes Gefühl, einer wirkt vielleicht skeptisch, aber nicht unbedingt erschreckt. Leni Riefenstahl hingegen schaut geradezu entsetzt. Ist das Bild noch in der Ausstellung zu sehen?
Aya Zarfati: Nein, es ist nicht mehr zu sehen. Das Bild erinnert mich an den Film „Zone of Interest“. Wenn man den Kontext kennt, stellt man sich sehr genau vor, was sie sieht, obwohl man es auf dem Bild nicht sieht. Es ist da, man weiß es.
Wer lernt was aus der Geschichte?
Norbert Reichel: Die Teilnehmer der Wannsee-Konferenz hatten alle einen biederen, bürgerlichen Habitus. Wie wohl auch viele Soldaten, deren Habitus Christopher Browning oder Michael Welzer analysierten und wie wir sie auf dem Bild sehen. Ich denke dabei immer an Hannah Arendts Begriff der „Banalität des Bösen“, auch wenn ich wohl nie damit fertig werde, diesen Begriff zu verstehen, geschweige denn glaube, ihn jemals adäquat kommentieren zu können. Aber vielleicht passt der Begriff genau auf das, was geschehen ist. Wie reagieren die Schülerinnen und Schüler darauf, die sich die Ausstellung anschauen? Viele haben möglicherweise Großeltern oder Urgroßeltern, die in der NS-Zeit zumindest als Bystander agierten, manche dieser Groß- und Urgroßeltern waren selbst Täter. Gleichzeitig haben wir die Ergebnisse der MEMO-Studien, die besagen, dass die Zahl derjenigen immer größer wird, die glauben, dass ihre Eltern, Großeltern, Urgroßeltern im Widerstand gewesen wären, Juden gerettet oder sonst wie aktiv gegen die Nazis aufbegehrt hätten. Hier wird nicht der Holocaust geleugnet, wohl aber die individuelle Beteiligung daran. Völlig an der Realität vorbei.
Aya Zarfati: Ich denke, man muss von den 15 Männern der Wannsee-Konferenz wegkommen und über die deutsche Gesellschaft sprechen. Was konnte man wissen, was kann man nicht wissen, wenn man es nicht wissen möchte? Wie blende ich was aus? Im Katalog ist auch ein Foto von einer Versteigerung in Lörrach. Versteigert wurden verschiedene Gegenstände von deportierten Jüdinnen und Juden aus der Stadt. Auf dem Foto sieht man viele Menschen und ich stelle immer die Frage, ob diese wissen, dass sie aufgenommen wurden? Was heißt das, wenn ich in die Kamera hineinschaue? Dann kann ich nicht sagen, dass ich nicht einverstanden bin mit dem, was da geschieht. Wie entsteht diese Empathielosigkeit? Ich habe immer das Gefühl, dass viele Jugendliche überrascht sind, wenn sie sehen, dass die Deportationen in aller Öffentlichkeit stattfanden.
Wir arbeiten zurzeit an dem Projekt #Last Seen. Es geht um die Sammlung und Erschließung einer Datenbank von Bildern aus dem Deutschen Reich. Die Bilder zeigen, dass die Deportationen mit wenigen Ausnahmen am helllichten Tag stattfanden.
Die Schülerinnen und Schüler sind heutzutage zu jung um die Frage zu stellen, wie es in der jeweiligen Familie war. Wer soll auch die Frage beantworten? In den Bildungsangeboten kommt das in der Regel nicht vor.
Als wir im Projekt #LastSeen diskutiert haben, wo man im Spiel Deportationsfotos finden soll, haben wir die Rolle eines Bloggers ausgewählt. Es war klar, dass in unserer diversen und post-migrantischen Gesellschaft die Erzählung nicht über Großeltern oder Urgroßeltern in der NS-Zeit die in Deutschland lebten laufen kann.
Norbert Reichel: Damit sprechen Sie auch die jungen Menschen an, deren Eltern oder Großeltern nicht in Deutschland geboren sind. Elke Gryglewski hat sich intensiv um diese Gruppe gekümmert. Was bedeutet die Shoah für sie? In der Schule denken manche Lehrkräfte, dass diese Schülerinnen und Schüler sich gar nicht dafür interessierten. Elke Gryglewski karikierte das einmal mit der Bemerkung, dass eine Lehrerin die Schülerinnen und Schüler beauftragt hätte, mal bei den Eltern oder Großeltern nachzufragen, was sie im Krieg erlebt hätten, aber dann dem türkischen Schüler gesagt habe, er müsse diese Aufgabe natürlich nicht erledigen.
Aya Zarfati: Ich hatte ein Projekt mit Tanja Lenuweit von MINOR mit einer kleinen Gruppe vor allem Personen mit Fluchterfahrung. Die meisten kamen aus Syrien. Wir waren im Haus der Wannsee-Konferenz. Sie hatten großes Interesse am Thema, brauchten aber viele Grundkenntnisse. Wir haben mit einer Zeitleiste gearbeitet. Ihre erste Reaktion war, wie schnell es alles ging. Daraus dann die Frage, was heißt es, wenn die AfD Wahlen gewinnt? Sie wussten von Nazis, aber es war ihnen nicht präsent, dass es so schnell gehen konnte.
Norbert Reichel: Wie ist es bei internationalen Gruppen?
Aya Zarfati: Sehr unterschiedlich. Früher habe ich mehr auf Englisch und auf Hebräisch gearbeitet. Bei britischen Gruppen gab es ein großes Interesse für Täterbiographien. Das interessiert mich nicht so sehr, ich interessiere mich mehr für die Strukturen und Kontexte. Manchmal kommen da Fragen, der Arzt von Hitlers Mutter wäre doch Jude gewesen. Ich frage zurück, warum brauchen wir eine solche Geschichte, was steckt dahinter? Bei manchen Gruppen habe ich das Gefühl, dass ich erklären muss, warum wir uns mit Täterschaft überhaupt beschäftigen: Deutsche haben das nicht getan, weil sie Deutsche sind, sondern weil sie Menschen sind und Menschen sind dazu fähig.
Ich glaube, deutschen Gruppen, mit denen ich arbeite, ist nicht klar, dass das mein Ansatz ist. Die Geschichte ist unangenehm, und dass eine Ausländerin ihnen davon erzählt, ist noch einmal unangenehmer. Ich hatte einmal eine Führung im Jüdischen Museum und auf die Frage, was man von einem Jüdischen Museum erwarte, sagte jemand: „Schuldgefühle“. Ich fand es gut, dass jemand das so transparent sagte. Das ist nicht der Ansatz vom jüdischen Museum oder vom Haus der Wannsee-Konferenz – warum kommt es bei Jugendlichen so an?
Vor dem 7. Oktober hatte ich eine israelische Gruppe, in der ich einen Denunziationsbrief vorgelesen hatte. Aus der Gruppe kam dann die Frage, was ich wohl 1943, in einer Diktatur, von Menschen erwarte? Daraus hat sich eine spannende Diskussion entwickelt, nämlich, auf welchen Zeitraum wir den Fokus legen sollten um aus der Geschichte etwas zu lernen. Als Antwort kam von jemanden, dass wir jeden Samstag gegen den juristischen Coup der israelischen Regierung demonstrieren müssten. Dazu hatte ich nichts gesagt, aber der Transfer zu heute war da. Es waren in der Gruppe nicht alle einverstanden. Das können wir in einer solchen Führung an diesem Ort auch nicht ausdiskutieren.
Wir haben die Forderung „Nie wieder“. Aber was heißt das, nie wieder was? Ich lasse Gruppen den Satz manchmal vervollständigen. Dann sieht man natürlich, dass es mehr als eine Antwort darauf gibt. Wenn ich nicht weiß, was jemand darunter versteht, ist es eine leere Floskel, die eigentlich gar nichts aussagt.
Norbert Reichel: Man könnte ergänzen: Nie wieder wehrlos!
Aya Zarfati: Nie wieder schwach! Ist eine Option, ja. Ich habe das Gefühl, dass Teilnehmerinnen und Teilnehmer sich untereinander nach einem solchen Austausch besser verstehen.
Der Gegenwartsbezug ist in Gedenkstätten ein heikles Thema. Man will etwas „aus der Geschichte für die Gegenwart lernen”, aber man muss genau hinschauen: mit welcher Motivation spricht man über die Gegenwart? Wird der Holocaust dabei relativiert oder werden problematische Vergleiche ohne Kontext herangezogen. Wenn genau in dem Augenblick, in dem ich über die sogenannte „Endlösung“ in der Ausstellung spreche, ein Hinweis auf Israel und Gaza kommt, ist es eine Abwehrreaktion, die fehl am Platz ist und die wir oft als sekundärer Antisemitismus betrachten.
Im besten Fall wird die Person schon von der Gruppe korrigiert. Aber solche Bemerkungen kommen vor allem von Erwachsenen, nicht von Jugendlichen. Es ist aber auch ein Phänomen, dass Jugendliche gar nicht so offen sagen, was sie denken. Viele denken, wenn sie kommen, dass von ihnen eine bestimmte Meinung oder eine bestimmte Haltung erwartet wird.
Norbert Reichel: Die Frage stellt sich auch in der Debatte, ob Gedenkstättenbesuche in der Schule zur Pflicht werden sollen.
Aya Zarfati: Ich bin dagegen. Man könnte es anders aufziehen. Man könnte sagen, wir beschäftigen uns mit dem Thema Nationalsozialismus, wir sind in Berlin und es gibt mehr als zehn Orte, die wir besuchen könnten. Wir entscheiden gemeinsam, welche wir besuchen. Man könnte auch sagen, wir sind vier Lehrkräfte, zwei fahren mit der einen Hälfte an einen Ort, andere an einen anderen Ort. So haben Schülerinnen und Schüler das Gefühl, dass sie gehört werden, dass sie entscheiden können, und dann tauschen sie sich darüber aus, was sie gesehen haben. Manchmal sagen Lehrkräfte auch: „Morgen haben wir ein sehr emotionales, bedeutsames Erlebnis.“ Aber sie wissen doch noch gar nicht, ob es das sein wird. Das wird im Vorhinein viel zu aufgeladen.
Ich hatte einmal im Jüdischen Museum eine Gruppe aus Bayern, die keine Führung zum Nationalsozialismus wollten. Diese hatte der Lehrer gebucht. Sie wollten es einfach nicht. Sie hatten das Gefühl der Übersättigung. Ich habe dann gefragt, ob sie vielleicht Interesse an einem anderen Thema hätten, zum Beispiel zum jüdischen Leben, zur jüdischen Religion. Genau das! Das wollten sie machen, das interessierte sie. Ich habe den Wunsch des Lehrers ignoriert und mit ihnen eine tolle Führung zu einem Thema gemacht, das sie selbst ausgewählt hatten.
Norbert Reichel: Und sie erfuhren etwas, wovon sie noch nie etwas gehört hatten.

Raum 7 Beteiligung der Gesellschaft © GHWK / Thomas Bruns.
Aya Zarfati: Schule ist kein demokratischer Ort, aber wenn sie zu uns kommen, sollen sie Demokratie erleben. Wir müssen die Jugendlichen ernstnehmen, wir müssen sie beteiligen, denn dieses Wissen bedeutet Teilhabe. Ich kann manche der problematischen Diskussionen der heutigen Zeit, zum Beispiel „Remigration“ nicht verstehen, wenn ich die Geschichte nicht kenne.
Norbert Reichel: Zum Beispiel die Aberkennung der Staatsbürgerschaft, die die Nazis für Jüdinnen und Juden sehr schnell durchsetzten.
Aya Zarfati: Zum Beispiel. Irgendwann sind wir nicht mehr dabei und die jungen Leute, die heute zu uns kommen, müssen die Erinnerungskultur selbst gestalten. Aber ich habe den Eindruck, dass viele sich noch nicht so recht trauen. Man muss schon länger mit ihnen arbeiten.
Nach dem 7. Oktober
Norbert Reichel: Hat sich nach dem 7. Oktober in den Führungen etwas verändert?
Aya Zarfati: Vor allem haben wir in unseren Gästebüchern Kommentare dazu. Im Gegensatz zu anderen Gedenkstätten, wie zum Beispiel Sachsenhausen, mussten wir diese nicht auslegen.
Wir diskutieren intern anders, man bereitet sich anders auf Veranstaltungen vor.
Wir hatten im letzten Jahr bei uns das bundesweite Gedenkstättentreffen und haben darüber diskutiert, was wir tun, wenn jetzt eine Pro-Palästina-Kampagne die Veranstaltung für ihre Proteste nutzt. Es kam aber nicht vor.
Es gibt Besucher:innen, die versuchen über dieses Thema mit den Kolleg:innen an der Rezeption oder der Bibliothek zu sprechen, aber das meiste läuft eigentlich anonym über die Gästebücher.
Norbert Reichel: Wie geht es nach Ihrem Eindruck weiter?
Aya Zarfati: Ich glaube, dass wir – zumindest in Berlin, aber wahrscheinlich auch bundesweit – zurzeit ein strukturelles Problem haben. Wir haben nicht den Raum gefunden, in dem wir über den 7. Oktober und den Krieg in Gaza sprechen können. Dann landet das bei uns. Bei den kurzen Formaten in Gedenkstätten passt dieses Thema nicht rein. Das können wir nicht alleine leisten. Das ist auch nicht der Auftrag von Gedenkstätten. Das Ergebnis sind stellvertretende Debatten. Es gibt Themen, die Lehrkräfte in der Ausbildung nicht zwingend behandeln, wie Ambiguitätstoleranz oder wie geht man mit Antisemitismus. Man muss keine Expertise im Nahostkonflikt haben, sondern Jugendlichen einen Raum geben, gehört zu werden.
Norbert Reichel: Eine Gedenkstätte ist nicht der Ort, an dem man über all das sprechen und diskutieren kann, das anderswo nicht gemacht wird.
Aya Zarfati: Genau das ist mein Punkt.
(Anmerkungen: Erstveröffentlichung im Oktober 2025, Internetzugriffe zuletzt am 30. September 2025, Titelbild: Zufahrt zur Villa Marlier, Berlin-Wannsee, Foto: Palickap, Wikimedia Commons, Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International license.)