Liebe Freund*innen des Demokratischen Salons,

in der Juniausgabe 2022 des Demokratischen Salons finden Sie den Bericht der Tagung zu den Chancen des Rechtsanspruchs auf einen Ganztagsplatz für die Kinderrechte vom 31. Mai 2022, Interviews mit der Vorsitzenden des Vereins Kinderfreundliche Kommunen Anne Lütkes über kindgerechte Justiz, Verwaltung und Politik, mit der freien Journalistin Anastasia Tikhomirova, u.a. über ihre Arbeit bei der Novaja Gazeta im Herbst 2021 und die Veränderungen der Welt nach dem 24. Februar 2022 sowie mit der Bundestagsabgeordneten Lamya Kaddor über ihre Aufgaben als innenpolitische Sprecherin ihrer Partei und eine wertegeleitete Außenpolitik, sowie eine Rezension der neu erschienenen Studie zur DİTİB-Jugend von Harry Harun Behr und Meltem Kulaçatan.

Sie finden wie üblich Hinweise auf Veranstaltungen zu unterschiedlichen Themen, Kurznachrichten und weitere Empfehlungen für Lektüren, Podcasts oder Ausstellungen.

Das Editorial:

Die Welt des Wladimir Wladimirowitsch müssten wir inzwischen eigentlich kennen und doch sind wir immer wieder überrascht. In einer Rede vom 9. Juni 2022 zum 350. Geburtstag von Peter dem Großen – Opernfreunde erinnern sich an den lernbegierigen „Zar und Zimmermann“ von Albert Lortzing, vom Westen lernen hieß damals offenbar siegen lernen – verglich er sich mit diesem Zaren so wie er sich auch schon mit anderen Zaren, allen voran Katharina der Großen verglichen hatte. Seine Botschaft: das russische Reich – „Russki Mir“ – ist ein Land, das alle Regionen, Länder und Staaten umfasst, die zu irgendeiner Zeit einmal unter russischer Herrschaft gestanden haben. In diversen Kommentaren wurden die baltischen Staaten, Polen und Finnland genannt, aber der Kreis des Russischen Reichs, das Putin wieder „zurückholen“ möchte, ließe sich auch weiterziehen. In dem Gebiet der ehemaligen DDR waren immerhin einmal 600.000 russische Soldat*innen stationiert. Putin sprach in pathetischen Metaphern, es wäre „unser Los: Zurückzuholen und zu stärken“. Russland – das ist ein Land mythischer Größe Schicksal eben, seine Mission, Vladimir Vladimirowitsch Putin als der Messias des „Russki Mir“.

Arina Nâberezhneva, War Artist

Es gibt eine Menge an Staatspräsident*innen und Regierungschef*innen, die Putin für Wiedergänger Karls XII. halten könnte, dessen Niederlage gegen das russische Zarenreich im Großen Nordischen Krieg den Anfang vom Ende des schwedischen Reichs als europäischer Großmacht einleitete. Die Liste reicht von den Staatschef*innen der baltischen Staaten, Finnlands und Polens über den deutschen Bundeskanzler, den französischen Staatspräsidenten, die Präsidentin der Europäischen Kommission bis zum US-Präsidenten. Zumindest scheint in Putins Weltbild die NATO die Rolle der Schweden vor 300 Jahren zu spielen. Von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer erstreckt sich seine Weltmachtfantasie. Die Annexion der Krim löscht die Schmach der Niederlage Alexander II. aus und nimmt das Geschenk des Nikita Sergejewitsch Chruschtschow zurück. Am Pazifik liegt das neue russische Reich ja schon, Alexander Dugin würde im Westen sicherlich den Atlantik hinzufügen, das wären dann vier Meere, im Westen, im Norden, im Süden und im Osten, auf dem vereinigten eurasischen Kontinent. Ich denke, diese Vision dürfte Putin gefallen, nur hat er das noch nicht gesagt, noch nicht.

Wie wäre, wenn vielleicht Österreich als Rechtsnachfolge Kakaniens, Schweden, Deutschland ebenfalls solche Ansprüche erhöben? Zwei mehr oder weniger europäische Präsidenten deuten solche Ansprüche an, Victor Orbán mit der Hoffnung so etwas wie die Revision des Vertrags von Trianon, Recep Tayyip Erdoğan bezogen auf den Vertrag von Lausanne. Auch diesen beiden Staatschefs ist die nach dem Ersten Weltkrieg entstandene Ordnung der Welt ein Dorn im nationalistischen Auge.

Und was wäre mit den großen Weltreichen der Kolonialmächte? Ergebnis des Zweiten Weltkriegs war nicht nur der Zusammenbruch des Deutschen Reiches, sondern – mit diversen Verzögerungen – auch die Auflösung der Kolonialreiche Großbritanniens und Frankreichs. Die Auflösung der Kolonialreiche Belgiens, der Niederlande, Italiens, Portugals und Spaniens ist eine andere Geschichte, belegt allerdings ebenfalls den Trend. Die heutige Russische Föderation als Rechtsnachfolgerin der Sowjetunion und des Zarenreichs ist im Grunde das einzige verbliebene Kolonialreich und so ließe sich Putins Krieg auch als Kolonialkrieg verstehen, in dem Völker um ihre Unabhängigkeit fürchten und kämpfen müssen. China nenne ich hier nicht, das ist eine andere Geschichte. Putin bewegt sich in europäischen Begriffswelten.

Letztlich wird meines Erachtens viel zu wenig betont, dass es ein Völkerrecht gibt, das die Unverletzbarkeit von Grenzen garantiert und damit Rückholkriege kategorisch ausschließt. In der öffentlichen Debatte jedoch erleben wir etwas, das in der Sprache diverser publikumsträchtiger Kampfsportarten Trash Talk genannt werden müsste. Zu diesem Trash Talk gehört, dass sich die kämpfenden Parteien gegenseitig als faschistisch beschimpfen.

Das hat Tradition und Methode: wer seine Gegner*innen ultimativ brandmarken möchte, nennt sie eben Faschisten. Putin behauptet, er müsse die Ukraine von Nazis befreien, im Gegenzug bezeichnen ihn seine Gegner*innen als Faschisten, so der US-amerikanische Historiker Timothy Snyder. In einem Podcast der Serie „Der zweite Gedanke“ des RBB widersprachen im Gespräch mit Natascha Freundel die beiden Osteuropa-Historiker*innen Katja Makhotina und Grzegorz Rossoliński-Liebe. Aus historischer Sicht könne man Putin nicht als Faschisten bezeichnen. Man sollte Timothy Snyder zugutehalten, dass sein Faschismusbegriff sich von dem in Europa verwendeten Begriff unterscheidet, ebenso wie der Begriff, den Madeleine Albright sel.A. in ihrem 2018 erschienenen Buch „Fascism – A Warning“ verwendete. Dieser amerikanische Faschismusbegriff ließe sich aus meiner Sicht eher mit dem Begriff des Totalitarismus fassen und in der Tat gibt es in den von Timothy Snyder und Madeleine Albright analysierten Staaten eine eindeutige Tendenz, autoritäre in totalitäre Machtstrukturen zu überführen.

Faschismus ist die Ideologie von Parteien und Bewegungen einer bestimmten historischen Epoche, insbesondere Italien und Deutschland von den 1920er bis zur ersten Hälfte der 1940er Jahre. Einzelne Merkmale des Faschismus ließen sich sicherlich auch bei Putin feststellen, doch trägt der Begriff nicht zur Problemlösung bei. Aus deutscher Sicht hat der Vorwurf des Faschismus an Putin ohnehin einen reichlich unangenehmen Beigeschmack. Wenn er der Wiedergänger des Faschismus ist, muss man sich möglicherweise mit der eigenen faschistisch-nationalsozialistischen Geschichte nicht mehr näher befassen und auch die 27 Millionen Toten der damaligen Sowjetunion spielen weiterhin keine Rolle in der deutschen Erinnerungskultur.

Ruth Ben-Ghiat schrieb den Beitrag zum Begriff „Faschismus“ in dem von David Ranan herausgegebenen Buch „Sprachgewalt“ (Bonn, Dietz, 2021): „Faschismus – dieses Substantiv, das ein diktatorisches politisches System bezeichnet, trägt das ganze Gewicht dieser furchtbaren Geschichte, und doch fehlte es dem Begriff an Präzision. Historiker und Sozialwissenschaftler konnten sich nicht darauf einigen, wer oder was faschistisch war.“ Politiker*innen ebenso. Ruth Ben-Ghiat, Professorin für Geschichte und italienische Studien an der New York University, analysiert mehrere Anwendungen des Faschismusbegriffs, darunter den von Stalin für die Sozialdemokratie implementierten Begriff des „Sozialfaschismus“, den Trotzki für „kurzsichtig“ erachtete. Es ging um Diffamierung des Gegners, um nicht mehr oder weniger als politischen Trash-Talk. Im „Faschismus“ träfen sich „Nationalismus und Sozialismus“, die zu einer totalitären Ideologie und Praxis würden. Das bekannte Ergebnis: „Massenmord“.

Sandra del Pilar: Cómo mueren las muertas de Ciudad Juárez?

Es macht letztlich keinen Unterschied, aus welchen ideologischen Gründen Putin die Ukraine angriff. Ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg ist ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg, darin ändert der Kampfbegriff „Faschismus“ nichts, er verhindert jedoch eine rationale Auseinandersetzung, wie sie erforderlich wäre, um die anmaßenden schein-historischen Verweise Putins zu widerlegen. Die historische Mission, an die offenbar Putin glaubt und alle Russ*innen – wo auch immer in der Welt sie sich aufhalten – glauben lassen möchte, ist eine imperialistische Mission. Nation und Imperium – so Katja Makhotina in ihrem kurzen Essay „Das ewige Imperium“ vom 1. Juni 2022 – sind zwei Seiten einer Medaille, untrennbar miteinander verbunden. Letztlich tut Putin das, was Carl Schmitt schreibt: er bestimmt über den Ausnahmezustand, er ist Souverän, EU und NATO lassen sich treiben, mit gelegentlichen aktiven Phasen, die aber immer wieder auch relativiert werden, sei es durch einzelne Mitglieder wie Ungarn und der Türkei, sei es durch die Relativierung von Ankündigungen.

Eine wertegeleitete Außenpolitik wie sie Annalena Baerbock und andere Außenminister*innen und Staatschef*innen in der Europäischen Union und in der NATO für sich in Anspruch nehmen ist auch eine anti-imperialistische Außenpolitik. Sie respektiert das Völkerrecht und damit staatliche Grenzen unabhängig von den persönlichen Geschichten und Nationalitäten der Menschen, die in diesen Grenzen leben. Das Gift unserer Zeit heißt Nationalismus, es ist im Fall Putin ein aus nationalistischen Motiven gespeister Imperialismus. Deshalb lässt sich Putins Krieg mit Recht als imperialistischer Kolonialkrieg bezeichnen. Die Art und Weise, wie Putin aus der Ukraine Menschen verschleppen, Weizen und Kunstschätze nach Russland transportieren lässt, belegt neben den großen Tönen seiner Reden diese These. Nach seiner Rede vom 9. Mai beruhigten sich die westlichen Gemüter und es gab wieder die bekannten ewig langen Telefonate von Olaf Scholz und Emmanuel Macron mit Putin, die ebenso wie Joe Biden von Gesichtswahrung des russischen Präsidenten, wahlweise des russischen Volkes schwadronierten, zu Lasten der Ukraine. Putins Rede vom 9. Juni jedoch konnte klarer nicht sein und sollte eigentlich auch Gegenstand politischer Reaktionen sein. Eigentlich. Putin als Faschisten zu bezeichnen, ist wohlfeil. Es ist auch völlig irrelevant, ob er nun Faschist oder Kommunist ist – selbst das scheinen manche Altlinke noch zu glauben und verteidigen ihn deshalb. Er ist und bleibt Nationalist und Imperialist und vor allem ist er davon überzeugt, dass er so etwas ist wie ein russischer Messias. Den Segen des Patriarchen Kyrill hat er ja. Wie christlich Putin in seiner Zeit beim KGB in Dresden war, ahnen wir nur.

Putins Rhetorik ist höchstgefährlich, weil sie Russ*innen ein Gefühl geben könnte, Teil von etwas Großem zu sein, das größer ist als ihr eigenes Schicksal. Putin hat es in der Hand, ein nach Analyse vieler Expert*innen weitgehend apolitisches Volk zu politisieren. Hier erlaube ich mir einen Vergleich, der – das muss ich sagen – keine Gleichsetzung ist, aber doch verdächtig nahe an einer möglichen späteren historischen Analyse liegen könnte. Ich zitiere ein Buch, das viele zitieren, aber nur wenige tatsächlich von Anfang bis Ende gelesen haben dürften, Hannah Arendts Buch „Eichmann in Jerusalem – A Report on the Banality of Evil“: „It is noteworthy however, that Himmler hardly ever attempted to justifiy in ideological terms, and if he did, it was apparently quickly forgotten. What stuck in the minds of these men who had become murderers was simply the notion of being involved in something historic, grandiose, unique (‘a great task that occurs once in two thousand years’), which must therefore be difficult to bear. This was important, because the murderers were not sadists or killers by nature; on the contrary, a systematic effort was made to weed out all those who derived physical pleasure from what they did.”

Die Konsequenz formulierte Malte Lehming am 11. Juni 2022 in der Süddeutschen Zeitung: „Das Ziel des Westens muss es bleiben, die Ukraine nach allen Kräften zu unterstützen, Russland zu schwächen und andere Länder, wie China, von aggressiven Akten abzuschrecken. Weder darf die Angst vor einer Eskalation des Krieges ausgeblendet werden noch die Angst vor russischer Hegemonie. Wer das nicht in der Balance hält, handelt fahrlässig.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.

Die neuen Texte im Demokratischen Salon:

  • Rubrik Kinderrechte und Liberale Demokratie: Am 31. Mai 2022, 19 – 21 Uhr, haben das Netzwerk Kinderrechte, UNICEF, Education Y und der Demokratische Salon: die digitale Informationsveranstaltung „Kinderrechte in der Ganztagsbildung – Wie Kinder ihre OGS gestalten – neue Chancen mit dem Rechtsanspruch?“ angeboten. Thema war die Beteiligung der Kinder an Konzeption und Umsetzung im Sinne der Forderung des 15. Kinder- und Jugendberichts nach einer kinder- und jugendorientierten Ganztagsbildung. Lisa Stroetmann, Koordinatorin des Netzwerks der Kinderrechteschulen in Nordrhein-Westfalen, hat die Geschichte des Netzwerks in den Zusammenhängen der UN-Kinderrechtskonvention vorgestellt, Ulrich Deinet, Hochschule Düsseldorf, die Ergebnisse einer Studie zur Beteiligung der Kinder, die er im Auftrag der Stadt Düsseldorf durchgeführt hatte. Zwei gute Beispiele folgten: das Beispiel der Stadt Dormagen, vorgestellt von Bürgermeister Erik Lierenfeld, und das Beispiel der Köllerholzgrundschule in Bochum, das der Schulleiter, Stephan Vielhaber, gemeinsam mit den Schülerinnen Stella und Rena vorstellte. Anne Lütkes sprach über die Arbeit des Vereins Kinderfreundliche Kommune, Boris Preuß formulierte die Unterstützung durch die Schulaufsicht, die immer im Sinne einer nachhaltigen Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Schule eine gemeinsame Unterstützung mit den Jugendämtern sei. Gerd Landsberg, geschäftsführendes Präsidiumsmitglied des Deutschen Städte- und Gemeindebundes benannte die anspruchsvolle Aufgabe der Umsetzung des Rechtsanspruchs, der die Kommunen außergewöhnlich belaste. Die vollständige Dokumentation finden Sie hier.
  • Rubriken Kinderrechte und Liberale Demokratie: Die Vorsitzende des Vereins Kinderfreundliche Kommunen e.V., Anne Lütkes, hat in unserem Gespräch über den Weg zu einer kinderfreundlichen Politik berichtet, den bereits 44 Kommunen beispielhaft gehen. Ich habe unser Gespräch unter dem Titel „Paradigmenwechsel – Kinderrechte in Kommunen“ Grundlage ist der in Artikel 3 der UN-Kinderrechtskonvention von 1989 verankerte Vorrang des Kindeswohls, der bis heute nicht ins Grundgesetz übernommen werden konnte. Die Kinderfreundlichen Kommunen knüpfen an die UNICEF-Initiative der „Childfriendly Cities“ an, es gibt die Leitlinien des Europarats für kindgerechte Justiz, die jüngste deutsche Reform des SGB VIII gibt Kindern das Recht auf anlasslose Beratung durch das Jugendamt. Kinder sind Subjekt, nicht Objekt von Politik und Verwaltung, Eltern haben eine dienende Rolle, Eltern- und Kinderrechte dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Anne Lütkes berichtet von guten Erfahrungen der Beteiligung von Kindern, beispielsweise im Projekt „Kinderstube der Demokratie“ und fordert, die Umsetzung der Kinderrechte zur kommunalen Pflichtaufgabe zu machen, die selbstverständlich von Ländern und Bund nachhaltig unterstützt werden muss. Die Einführung einer Kindergrundsicherung gehört dazu. Das vollständige Gespräch finden Sie hier.
  • Rubrik Weltweite Entwicklungen: Mit der Journalistin Anastasia Tikhomirova habe ich über ihre Erfahrungen als Praktikantin bei der Novaja Gazeta im Herbst 2021 sowie ihre Motivation gesprochen, als Journalistin, Feministin, als Linke, als Zionistin mit ihrer Arbeit nach der „Wahrheit“ zu suchen. Ich habe unser Gespräch unter dem Titel „Journalismus für die Wahrheit“ Der Beruf einer Journalistin ist ein politischer Beruf, der Satz von Hanns-Joachim Friedrichs, dass sich ein Journalist auch nicht mit einer guten Sache gemein machen dürfe, gehört der Vergangenheit an. Journalismus ist eine politische Lebensaufgabe, rund um die Uhr. Anastasia Tikhomirova reiste in der Zeit ihres Praktikums bei der Novaja Gazeta nach Tatarstan und Burjatien und traf dort auf ein anderes, hier im Westen unbekanntes Russland. Sie berichtet von ihren Gesprächen mit Feministinnen und anderen Oppositionellen in Russland, die in Lebens- und Freiheitsgefahr arbeiten. Sie nennt Adressen, über die wir authentische Berichte über die Situation in Russland erhalten können. Linke Politik ist „fluide“, sie bezeichnet ihren Pazifismus als „militanten Pazifismus“ und hat daher den von Ralf Fücks initiierten Brief an den Bundeskanzler unterschrieben. Der Pazifismus des von Alice Schwarzer initiierten Briefes ignoriert die Brutalität des Putin’schen Vorgehens, das ohne wirksame Waffenlieferungen nicht gestoppt werden könne. Das vollständige Gespräch finden Sie hier.
  • Rubrik Weltweite Entwicklungen und Migration: Mein erstes Gespräch mit Lamya Kaddor fand vor ihrer Wahl zur Abgeordneten im Deutschen Bundestag statt. Ich habe es unter dem Titel „Der Weg zur Vielfalt“ Nach der Wahl wurde Lamya Kaddor innen- und religionspolitische Sprecherin ihrer Bundestagsfraktion. Sie hat einen stellvertretenden Sitz im Auswärtigen Ausschuss. Wir sprachen kurz vor ihrer Nahostreise Anfang Juni 2022. Dieses Gespräch habe ich unter dem Titel „Dialogpolitik – eine konkrete Utopie“ dokumentiert. Innen- und Außenpolitik sind eng miteinander verbunden. Dies zeigt sich nicht nur in Debatten über den Zivilschutz und die Funktionalität von Bunkern und Warnsystemen sowie des THW, sondern auch in der Migrationspolitik. Die Aufnahme ukrainischer Geflüchteter zeigt, dass manche Migrant*innen gleicher sind als andere Migrant*innen. Dies hängt u.a. damit zusammen, dass die EU-Massenzustromrichtlinie bei der Ukraine in Kraft gesetzt wurde, jedoch nicht bei Syrien und nicht in den 1990er Jahren bei Bosnien-Herzogowina und dem Kosovo. Lamya Kaddor verfolgt eine „Dialogpolitik“. Dies bedeutet für sie im sogenannten Nah-Ost-Konflikt, dass sie pro-israelisch und pro-palästinensisch zugleich argumentiert. Es gibt kein Entweder-Oder. Grundlage einer feministischen Außenpolitik sind die Rechte der Frauen als Maßstab der Menschenrechte. Das vollständige Gespräch finden Sie hier.
  • Rubriken Islam und Migration: Harry Harun Behr und Meltem Kulaçatan haben bei Beltz Juventa die „DİTİB-Jugendstudie 2021“ veröffentlicht. Ich habe sie unter dem Titel „Jung, muslimisch, demokratisch“ rezensiert. Auftraggeber war der Jugendverband der DİTİB, der Bund der muslimischen Jugend (BDMJ). Die jungen Muslim*innen, die sich in diesem Verband engagieren, haben ein eher höheres Bildungsniveau. Sie pflegen einen realistischen und differenzierten Blick auf den Verband der DİTİB sowie auf die deutsche liberale Demokratie. Sie fühlen sich in Deutschland heimisch, viele möchten sich aber in der Türkei beerdigen lassen. Harry Harun Behr und Meltem Kulaçatan sprechen von „Beheimatungen“. Diskriminierungserfahrungen aufgrund der Haut- oder Haarfarbe oder religiös konnotierter Kleidung gehören zum Alltag. Die jungen Menschen im BDMJ leben jedoch eine „bürgerliche Normalität“, Religion ist für sie soziales Kapital, Islamischer Religionsunterricht eine Hilfe bei der Bildung der eigenen Identität sowie wirksam gegen Radikalisierung. Sie wünschen sich mehrheitlich eine modernere Praxis in den Moscheen sowie deutschsprachige und jüngere Imam*innen. Die Studie ist ein Appell für die Anerkennung der Leistungen und Potenziale der DİTİB und des BMDJ und ein engagiertes Plädoyer gegen Ausgrenzung. Sie ist gleichzeitig ein Appell an die DİTİB, Vielfalt in der muslimischen Community anzuerkennen und zuzulassen. Die vollständige Rezension finden Sie hier.

Veranstaltungen mit Beteiligung des Demokratischen Salons:

  • Buchvorstellung „Offene Wunden Osteuropas: Das Buch „Offene Wunden Osteuropas – Reise zu Erinnerungsorten des Zweiten Weltkriegs“ von Franziska Davies und Katja Makhotina erschien am 28. April 2022, dem diesjährigen Yom HaShoah (Holocaust Remembrance Day), bei wbg Theiss in Darmstadt. Eine Buchvorstellung mit Katja Makhotina findet am 4. Juli 2022 um 18 Uhr im Gustav-Stresemann-Institut Bonn (GSI) statt, die ich moderieren werde. Martin Aust, Universität Bonn, wird Berichte und Thesen des Buches aus der Perspektive der Forschungen zur osteuropäischen Geschichte ergänzen und kommentieren. Das Buch präsentiert in neun Kapiteln Erinnerungsorte und sich erinnernde Menschen, von denen wir in Deutschland viel zu wenig wissen. Näheres zum Buch in meinem Essay „Sternenstaub im Wind“. Die Veranstaltung ist eine gemeinsame Veranstaltung von GSI, Verein Wissenskulturen, Theatergemeinde Bonn, Verein Für Demokratie – Gegen Vergessen und Demokratischem Salon, sie wird von der Bundeszentrale für politische Bildung gefördert, Bücher Bartz aus Bonn-Beuel organisiert einen Büchertisch, an dem Interessierte sich das Buch signieren lassen können. Weitere Informationen und Anmeldeformular finden Sie hier. Eine weitere Veranstaltung findet – mit Düsseldorfer Partnern – am 25. Oktober 2022 in Düsseldorf in der Stadtbibliothek (direkt hinter dem Bahnhof) statt (genaue Hinweise folgen demnächst). Lesenswert auch ein Text von Franziska Davies im Merkur-Blog mit dem Titel „Deutschland, die Ukraine, Russland und das Erbe des Deutschen Kolonialismus in Osteuropa“.
  • Bonner Forum für Demokratie: Die für den 13. Juni 2022 angekündigte Veranstaltung „Zeitenwende – Der Ukrainekrieg, die Demokratie, der Wohlstand und die Kommunen“ musste leider verschoben werden. Sie findet – dann möglicherweise unter veränderten weltpolitischen Bedingungen – jetzt am Abend des 6. Oktober 2022 (save the date) statt. Ich werde informieren. Diskutiert werden sollten drei Perspektiven: Wohlstand und Kommunen in Zeiten von Klimakrise und Krieg, Demokratie und weltweite Verpflichtungen, Zukunftsfragen, nicht nur im Hinblick auf Waffenlieferungen, Friedensperspektiven, Klima- und Artenschutz, sondern auch im Hinblick auf die historisch-politische Bildung.

Weitere Veranstaltungen, Ausstellungen und Wettbewerbe:

  • Lord Dahrendorf Lecture: Die Friedrich Naumann Stiftung für die Freiheit lädt am 17. Juni 2022, 11.00 – 12.50 Uhr ins Konzerthaus Freiburg im Breisgau zur auch online verfolgbaren sechsten Ralf Dahrendorf Lecture zum Thema „Freiheit und Solidarität – Ein Konflikt in einer disruptiven Gesellschaft?“ Anknüpfungspunkte sind das 1972 erschienene Buch des Lords „Konflikt und Freiheit“ sowie das 1992 folgende „Der moderne soziale Konflikt“. Nicht zuletzt geht es in diesen Büchern – so die Stiftung – um „die freiheitliche und gerechte Bewältigung des sozialen Wandels“. Vortragende ist Sabine Döring, Universität Tübingen. Sie diskutiert anschließend mit Ulrike Ackermann vom John Stuart Mill Institut für Freiheitsforschung, Bad Homburg, und Karl-Heinz Paqué. Die Moderation übernimmt der Chefredakteur der Badischen Zeitung, Thomas Fricker. Zu Programm sowie zur Anmeldung zur Live-Übertragung geht es hier.
  • Antisemitismus: Der Zentralrat der Juden, die KMK und die Bund-Länder-Kommission der Antisemitismusbeauftragten bieten am 22. Juni 2022, 9.30 Uhr bis 16.00 Uhr eine Fachtagung zur gemeinsamen Empfehlung zum Umgang mit Antisemitismus in der Schule. Die Tagung wird von Shelly Kupferberg moderiert, zur Einführung sprechen Josef Schuster, Karin Prien, Felix Klein und Ludwig Spaenle, den Einführungsvortrag hält Julia Bernstein, deren Bücher ich im Demokratischen Salon vorgestellt habe. Besprochen werden in mehreren Arbeitsgruppen möglichst verbindliche Vorgaben für Lehrpläne, Unterrichtspraxis und Lehrer*innenbildung. Das Programm finden Sie hier. Die Tagung kann nur von geladenen Gästen besucht werden, ist aber im Livestream und zu jedem späteren Zeitpunkt auf youtube verfolgbar.
  • Fachgespräch Christlicher und islamisierter Antisemitismus: Die Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus (BAG K + R) und die Bundesarbeitsgemeinschaft religiös begründeter Extremismus (BAG RelEx) führen am 23. Juni 2022 von 14 – 18.30 Uhr in Berlin ein Fachgespräch durch. Akteur*innen sind Klaus Holz, Generalsekretär der Ev. Akademien in Deutschland, Christian Staffa, Antisemitismusbeauftragter der EKD und Désirée Galert, Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus. Thema sind Gemeinsamkeiten und Unterschiede verschiedener Formen des religiös begründeten Antisemitismus und die Frage des Einflusses des christlichen Antijudaismus auf islamisierte Formen des Antisemitismus. Anmeldung ist erbeten.
  • © Mats Levin Museum Zentrum für verfolgte Künste

    Kriegsbilder: Das Museum Zentrum für verfolgte Künste in Solingen zeigt bis zum 26. Juni 2022 die Ausstellung „Deadlines – Kriegsbilder des ukrainischen Fotojournalisten Maks Levin (1981-2022)“. Zur Finissage am 26. Juni 2022, 11 Uhr, ist eine Anmeldung erforderlich. Die Ausstellung wurde von Nataliia Volianikuk, Journalistin, Direktorin der Regionalen Berichterstattung PBC, Kiew, mit Unterstützung von Olena Tanchynets, Direktorin des Kultur- und Bildungszentrums „TepLytsia“ in Brovary bei Kiew und des Teams des Zentrums für verfolgte Künste kuratiert. Der Fotojournalist Maks Levin hat den Krieg in der Ukraine seit acht Jahren dokumentiert. Er wurde am 1. April 2022 in der Nähe des Dorfes Guta Mezhyhirska nördlich von Kiew erschossen aufgefunden.

  • Kindgerechte Justiz: Das Deutsche Kinderhilfswerk lädt am 29. Juni 2022 von 9:30 bis 16:00 Uhr ein zu einem digitalen Fachtag der Koordinierungsstelle Kinderrechte des Deutschen Kinderhilfswerkes und der Monitoring-Stelle UN-Kinderrechtskonvention des Deutschen Instituts für Menschenrechte Dabei sollen u.a. die Ergebnisse des gemeinsamen Pilotprojektes „Kinderrechtsbasierte Kriterien im familiengerichtlichen Verfahren“ vorgestellt werden, die auch in den Praxisleitfaden zur Anwendung kindgerechter Kriterien für das familiengerichtliche Verfahren des Nationalen Rates gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen einfließen. Es geht um Handlungsstrategien für einen verbesserten Zugang von Kindern zum Recht. Weitere Informationen können Sie per Mail anfordern.
  • African Book Festival: Vom bis zum 28. August bietet das Festival zahlreiche Debatten und Einblicke in die zeitgenössische Literatur des afrikanischen Kontinents. In Berlin treffen sich afrikanische und afroeuropäische Autor*innen. Kurator ist der südafrikanische Autor Lidudumalingani, dessen Ideen, Visionen und Arbeiten Sie in einem Gespräch mit Alexandra Antwi-Boasiako erleben können. Das diesjährige Thema „Yesterday. Today. Tomorrow“. Informationen über die Teilnehmer*innen finden Sie hier, darunter ist auch Margaret Busby, Herausgeberin der Anthologien „Daughters of Africa“ (1992) und „New Daughters of Africa“ (2019). Weitere Informationen und Anmeldung finden Sie hier.

Kurznachrichten und weitere Empfehlungen:

  • Katja Petrowskaja „Das Foto schaute mich an“: In einer Veranstaltung der „Freunde der ZEIT“ sprach Volker Weidermann mit Katja Petrowskaja. Anlass war ihr neues Buch „Das Foto schaute mich an“ (erschienen in der Bibliothek Suhrkamp). Zeigen Bilder wirklich das, was sie zu zeigen scheinen, was lösen Bilder in eine*r Betrachter*in aus? Wie kann die Wirklichkeit eines Bildes schreibend oder lesend erschlossen werden. Das vollständige Video der Veranstaltung (90 Minuten) sehen Sie hier, etwas weiter unten finden Sie auf derselben Seite dann auch eine Leseprobe. Jede Minute lohnt sich!
  • Ein Brief von Hannah Arendt: Die Frage, ob es nicht endlich genug wäre, ständig an die Verbrechen der Nazis zu erinnern, durchzieht die deutsche Nachkriegsgeschichte. Die Süddeutsche Zeitung publizierte am 30. Mai 2022 einen bisher unveröffentlichten Brief von Hannah Arendt vom 12. Februar 1965 an den Spiegel-Redakteur Rolf Becker. Anlass war unter anderem die Debatte um die Verjährungsfristen bei Mord. Willi Winkler benennt Hintergründe und Vorgeschichte des Briefes. Er verweist auf ihre Briefwechsel mit Benno von Wiese und Karl Jaspers und die Folgen der Kontroverse um ihr Buch „Eichmann in Jerusalem“. Es war eine Zeit, in der u.a. Konrad Adenauer darüber nachdachte, die Todesstrafe für Taximörder wieder einzuführen. Hannah Arendt schrieb: „Mir scheint, des Pudels Kern ist in der Tat der ‚dicke Schlusstrich‘. So wird die an sich begrenzte Frage der Verjährung von Mordtaten in Deutschland zu Recht aufgefasst, und an ihr sind daher keineswegs nur die Mörder interessiert, sondern alle, die eine Rolle im Dritten Reich gespielt haben, also nahezu die gesamte ältere Generation. Die empfindet es natürlich als ‚Schnüffeln‘, wenn ihrer Vergangenheit nachgegangen wird. Im Gegensatz zu dem Herrn Justizminister bin ich der Meinung, dass es Aufgabe einer ‚normalen Staatsanwaltschaft‘ und der Polizei ist, Mördern nachzu‚schnüffeln‘.“ Den vollständigen Brief und die Einführung von Willi Winkler lesen Sie hier.
  • Das Titelbild zeigt ein Detail von Sandra del Pilar, Toys are us

    Feindbilder: Am 3. Oktober 2020 hielt ich in einer Tagung des Kreises der Freunde des Instituts für Kunstgeschichte der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf den Vortrag „Realitätsgewinn – Über Wahrnehmung und Wahrnehmbarkeit unserer Feind-Bilder“. Jetzt ist im Münchner morisel Verlag der von Sandra Abend und Hans Körner herausgegebene Tagungsband erschienen. Der Band überzeugt mit den Essays, der hohen Qualität der diese illustrierenden Bilder, er ist im besten Sinne inter- und transdisziplinär, jenseits der Grenzen von Kunstgeschichte, Geschichts- und Politikwissenschaften. Er enthält Texte über Feindbilder im Krieg (Gallischer Krieg, Erster Weltkrieg, Vietnamkrieg), in ikonographischer Geschichtsschreibung (Judith und Holofernes, Dragon Lady, Muammer al-Gaddafi), in und ästhetischen Debatten, die auch politische Debatten sind (Klassiker und Romantiker, Neo Rauchs „Der Anbräuner“), sowie über die Art und Weise, wie Bilder und Menschen zu Feindbildern werden (insbesondere die Texte von Sandra del Pilar, Wolfgang Ullrich und mir). Autor*innen sind in der Reihenfolge der Texte Hans-Ulrich Cain, Hans Körner, Sandra del Pilar, Norbert Reichel, Klaus Honnef, Gian Marco Hölk, Wolfgang Ullrich, Manja Wilkens, Michael Ebert, Sandra Abend, Reinhold Mißelbeck.

  • Antisemitismus: Die Juni-Ausgabe der Zeitung „Politik und Kultur“ hatte den Schwerpunkt Antisemitismus. Auf der Titelseite sehen wir einen Polizisten, der auf dem Gehweg vor der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße in Berlin patrouilliert. Wir sehen einen Teil der Gedenktafel mit der Aufschrift „Vergesst es nie“. Ähnliche Bilder illustrieren auch die anderen Seiten, Sicherheitsschleusen und Schutzgitter. Das ist Realität jüdischen Lebens in Deutschland. Die Ausgabe enthält u.a. Gespräche, Statements und Essays zu den diversen Erscheinungsformen von Antisemitismus und mehr oder weniger geeigneten Gegenmaßnahmen in den öffentlich-rechtlichen Sendern, in Museen, in der Literatur, auch im Hinblick auf den aktuellen Streit um die documenta fifteen. Gideon Botsch bezeichnet Antisemitismus als „Querschnittsproblem“, Dervis Hısarcı spricht vom „Alltag in Deutschland“, Tahera Ameer vom „Betriebssystem, auf dem viele Verschwörungserzählungen laufen“. Es geht um Sprache, es geht um Bilder, es geht um Sehgewohnheiten, die immer wieder tradiert werden, die aber dekonstruiert werden müssten. Die vollständige Ausgabe finden Sie hier.
  • Regina Jonas, die erste Rabbinerin der Welt: Regina Jonas wirkte in den 1930er und 1940er Jahren in Berliner Synagogen – gegen den Widerstand vieler männlicher Kollegen. 1944 wurde sie im KZ Auschwitz-Birkenau ermordet. In Friedrichshain-Kreuzberg soll nun eine Straße nach Jonas benannt werden. Das Bezirksamt befragt die Öffentlichkeit. Der Tagesspiegel bittet um Vorschläge. Eine Biographie hat der Verlag Hentrich & Hentrich in seiner Reihe „Jüdische Miniaturen“ veröffentlicht. Autorin ist Rabbinerin Elisa Klapheck.
  • Weibliche Stimmen in Afghanistan: Der Radiosender FM Begum bietet Sprachunterricht und psychologische Fürsorge für afghanische Frauen. Noch darf er senden, als einziger von Frauen betriebener Sender, zumindest war dies am 31. Mai 2022 noch der Fall, als Merlin Gröber auf der Internetseite von fluter, einem Magazin der Bundeszentrale für politische Bildung unter dem Titel „Die letzte Frauenstimme Kabuls“ berichtete. Bereits Ende November 2021 hatten etwa 60 Prozent der afghanischen Journalistinnen ihren Arbeitsplatz verloren. Den vollständigen Bericht finden Sie hier.
  • CIVIS-Preis für „Schwarze Adler“: Torsten Körners Dokumentation über afrikanische und afro-deutsche Fußballer*innen in Deutschland erhielt nach dem Grimme-Preis jetzt auch den CIVS-Medienpreis. Über den Film habe ich in meinem Essay „Der weiße Blick“ Den in der Süddeutschen Zeitung veröffentlichten Bericht von Harald Hordich mit dem Titel „Die andere Fußball-Story“ lesen Sie hier.
  • Sawsan Chebli über die Existenzberechtigung der G 7: Die ehemalige Berliner Staatssekretärin und von ihrer Partei, der SPD, (aus meiner Sicht leider) verhinderte Bundestagesabgeordnete Sawsan Chebli kritisiert in ihrem Gastbeitrag für den Berliner Tagesspiegel das übliche Agieren der sogenannten G 7. Sie stellt Fragen, die in der Politik sowie in der Medienberichterstattung zurzeit keine Rolle zu spielen scheinen: „Die Ukraine liegt und geht uns nahe. Doch wie fern dürfen uns die Menschen in Syrien sein? Die verhungernden Kinder im Kriegsland Jemen? Die Toten und Vertriebenen in Äthiopien? Die Unterdrückten und Entrechteten in Ägypten? Die Uiguren in China?“ Sie stellt fest: Wir können nicht alles Leid überall sofort beenden. Aber geografische Nähe allein darf nicht das Maß unserer Hilfe bestimmen. Wie der Krieg in Europa fällt auch jeder scheinbar ferne Krieg und jedes andere tödliche Unrechtsgeschehen auf die Industrienationen zurück. Moralisch, sicherheitspolitisch, wirtschaftlich.“ Ihr vollständiges Plädoyer lesen Sie hier. Der Tagesspiegel veröffentlichte diesen Text als ersten Beitrag in der neuen Reihe „Lautsein“. Ein Portrait der Politikerin hat Mariam Lau am 26. Januar 2017 in der ZEIT veröffentlicht.
  • Politische Bildung: In meinem Vortrag „Bildungsziel Demokratie“ habe ich zehn Thesen zur Zukunft der politischen Bildung formuliert. Dazu passt meines Erachtens hervorragend der Vortrag von Helle Becker vor der KMK vom 7. Oktober 2021. Helle Becker thematisiert auch eine gewisse Voreingenommenheit der etablierten Organisationen der politischen Bildung, die vorgeben schon zu wissen, was die Menschen auf der Straße so brauchen. Es geht letztlich auch um die Frage, welche Rolle informelle Bildungsprozesse in formalen und non-formalen Institutionen nicht nur der politischen Bildung spielen (sollten und könnten), es geht um „Definitionsmacht“: „Solche Empowerment-Organisationen (Neue Deutsche Organisationen) oder Bewegungen (Fridays for Future), in denen sich Communities eigene Bildungsgelegenheiten organisieren, sehen sich aber mit Diskussion darüber konfrontiert, ob dies als politische Bildungsarbeit im eigentlichen Sinn zu verstehen ist. Solche Diskurse um Definitionsmacht sind nicht marginal, denn sie bedeuten in der Regel auch einen Ausschluss aus Förderprogrammen, was die Segregation vom hegemonialen Fachdiskurs noch einmal verstärkt.“
  • Fake News: Manche erinnern sich sicherlich noch an Lisa, ein 13jähriges russlanddeutsches Mädchen, das bei seinem Freund übernachtete, aber angab, es wäre von mehreren migrantischen Männern vergewaltigt worden. Die Geschichte ging über sämtliche Netze und sogar der russische Außenminister mischte sich ein. Die Wahrheit: sie hatte gelogen. Falsch war auch die Nachricht, die eine andere etwas ältere, aber gleichwohl noch junge Frau über Tiktok verbreitete. Ukrainische Geflüchtete sollten einen 16jährigen Russen ins Koma geprügelt haben, der kurze Zeit später im Krankenhaus gestorben wäre. Die junge Frau war – wie sie jetzt sagt – auf Nachrichten von Dritten hereingefallen. War alles falsch, aber was nützen Dementis, die niemand hören will, weil manche ein Interesse daran haben, dass das Falsche für wahr befunden wird? Die komplette Geschichte lesen Sie hier. Berit Kruse, Antonie Rietzschel und Ronen Steinke haben sie für die Süddeutsche Zeitung recherchiert.

(Alle Zugriffe im Internet erfolgten zuletzt zwischen dem 8. und 15. Juni 2022).

Ich wünsche allen meinen Leser*innen viel Gewinn beim Lesen und Nachdenken! Mein herzlicher Dank gilt all denen, die mich auf die ein oder andere der oben genannten Empfehlungen hingewiesen haben oder mich durch Anregungen, Gespräche, Korrekturen so diskussionsfreudig unterstützen. Ich würde mich freuen, wenn diejenigen, die in den sozialen Netzwerken unterwegs sind, dort auf den Demokratischen Salon: hinweisen.

In etwa vier Wochen melde ich mich wieder.

Ich grüße Sie / euch alle herzlich.

Ihr / Euer Norbert Reichel

P.S.: Sollte jemand an weiteren Sendungen meines Newsletters nicht interessiert sein, bitte ich um Nachricht an info@demokratischer-salon.de. Willkommen sind unter dieser Adresse natürlich auch wertschätzende und / oder kritische Kommentare und / oder sonstige Anregungen.